„Hawaii des Nordens" klingt vielleicht trotz der sensationellen 2.200 Sonnenstunden pro Jahr etwas übertrieben. Aber was kann Deutschlands drittgrößte Insel Fehmarn dafür, dass sie mit allem gesegnet ist, was Urlauber lieben, insbesondere wenn sie surfen wollen?
Die Gastgeber Fehmarns atmen erleichtert auf und die Urlauber aufs Neue tief durch. Der touristische Normalzustand ist so gut wie wieder hergestellt, außer, dass beim Einchecken ins Quartier oder im Restaurant Impfausweis oder aktuelle Corona-Testergebnisse vorgelegt werden müssen, überall streng auf Hygiene geachtet wird und Desinfektionsspender nahezu jede Tür flankieren. Und natürlich ist beim Betreten geschlossener Räume auf die Maske als allgegenwärtiges Accessoire unserer Zeit zurückzugreifen. Aber ansonsten: Die Zimmer und Ferienwohnungen sind so gut wie ausgebucht, die Jachthäfen und Surf-Kurse nicht minder, und das gastronomische Personal hat endlich wieder alle Hände voll zu tun. Auch wenn Tische, Stühle und Gäste mehr Distanz wahren müssen als je zuvor. Darum lautet der aktuelle Slogan: Mit Abstand ist Fehmarn am schönsten!
Dabei war es auf Fehmarn noch niemals eng. Weder am Strand noch im oder auf dem Wasser, weder zwischen den weiten Feldern noch auf den Dünenradwegen. Die 350.000 Feriengäste, die alljährlich über die knapp 1.000 Meter der berühmten denkmalgeschützten Fehmarnsundbrücke oder auf dem Seeweg anreisen, verteilen sich schön gleichmäßig auf 185 Quadratkilometer Fläche sowie an 78 Kilometer Küsten und Stränden.
Auch Urlaub auf dem Bauernhof möglich
Seit August 2015 leitet und dirigiert Oliver Behncke als Tourismusdirektor die Geschicke der einzigen Ostseeinsel Schleswig-Holsteins: „Alles, was wir planen und umsetzen, muss zum einzigartigen Charakter Fehmarns passen, darf ihn allerdings durchaus betonen und weiterentwickeln", umschreibt er seine Arbeit. „Aber niemals darf das angestammte Flair verloren gehen. Darum werden wir auch künftig kein Hochglanz-Urlaubsort sein, sondern bleiben offen für alle. Jeder findet, entsprechend seinen Wünschen und seinen Finanzen, bei uns sein erholsames Plätzchen. Ob dank der 1.400 Übernachtungsplätze in Ferienwohnungen und Hotels oder auf unseren 17 Campingplätzen mit ihren 6.000 Stellmöglichkeiten. Die sich übrigens alle in Küstennähe befinden."
Selbst Urlaub auf dem Bauernhof ist möglich. Die Landwirtschaft auf der Insel floriert dank des milden Klimas und der optimalen Bodenwerte, doch daneben haben die etwa 150 Höfe auf ihren Anwesen kleine Urlaubs-Resorts mit Spielscheune, Streichelzoo, Grill- und Backstationen und vielem mehr geschaffen.
Oliver Behnckes neuster Stolz ist die 1,4 Kilometer lange, einladende Jachthafenpromenade mit originellen Spiel- und Grillplätzen, Bänken, Relaxliegen, Schutzhütten und gastronomischen Angeboten. Die Flaniermeile führt bis zum äußersten Zipfel von Burgtiefe, dem touristischen Zentrum der Insel, an dem ein barrierefreier Aussichtsturm mit kostenlosem Zugang thront, bei im Juli Richtfest gefeiert wurde.
Zu Fuß über Treppen oder hurtig vom Fahrstuhl in luftige 16,5 Meter Höhe befördert, eröffnet das neue Highlight einen großartigen Rundum-Blick über Burgtiefe, den Sund, den Binnensee und die Ostsee bis zur denkmalgeschützten Brücke mit ihrer unverwechselbaren Architektur. Den Besuchern zu Füßen wiegen sich Miet-Hausboote und Hunderte Schiffe anmutig im sanften Wind, der über den Binnensee streicht. Die Leinen und Masten singen dazu harfengleich ihr melodisches Lied. Einen schöneren und stimmungsvolleren Arbeitsplatz als den von Jan Ufer-Tondera kann man sich also kaum wünschen.
Der stellvertretende Hafenmeister des in den vergangenen Jahren modernisierten und erweiterten Jachthafens Burgtiefe freut sich über die hundertprozentige Auslastung der Stege, an denen immerhin 580 Boote anlegen können. „Die Liegeplätze unserer Marina, übrigens die größte auf Fehmarn, sind schon sehr besonders. Sie lassen viel Platz für notwendige Manöver und auch unsere Infrastruktur einschließlich der dreimal täglich gereinigten Sanitärhäuser wird immer wieder mit Komplimenten überhäuft. Unsere vier öffentlichen Grillplätze mit jeweils zwölf Grillstellen haben sich zu einem schönen Treffpunkt von Skippern, ihren Mitreisenden und Landurlaubern entwickelt und werden natürlich auch von uns sauber gehalten", erzählt der gebürtige Fehmarner.
Er und die anderen aus der Hafenmeisterei haben auch ansonsten viel zu tun. Sie helfen beim An- und Ablegen, schleppen festgefahrene Schiffe los, retten Tiere, nehmen Pakete an, geben Routen-Tipps oder kesseln ausgelaufenen Diesel ein, bis die Feuerwehr alles abgepumpt hat. Wenn spätestens im November sämtliche Schiffe auf dem Trockenen sind, wird die komplette Infrastruktur inklusive Fahrwassertonnen auf Vordermann gebracht; und wenn ab 15. März die ersten Boote die neue Saison eröffnen, sind auch alle Stege wieder gereinigt, die inzwischen von den Möwen flächendeckend okkupiert wurden.
Auch abseits der Küste viel Abwechslung
Der Tourismus-Service der Insel mit Oliver Behncke an der Spitze hat natürlich auch ein großes Herz für Radfahrer und hat ihnen über 300 Kilometer umweltgerechte Radwege ausgebaut, die an bienenfreundlichen Grünstreifen, Stromtankstellen für E-Bikes und 35 bewirtschafteten WCs vorbeiführen. Wer sich fragt, womit die beispielhafte touristische Infrastruktur einschließlich des kostenlosen W-Lan an den Hotspots Fehmarns finanziert wird: durch die Kurabgabe jedes Einzelnen.
Alle, die des Strandlebens müde sind oder ihrer sonnenverwöhnten Haut eine Pause gönnen möchten, finden natürlich auch abseits der Küste reichlich Abwechslung. Ganz oben auf der Ausflugsliste steht die quirlige Inselhauptstadt Burg, in der rund um die stattliche Kirche St. Nikolai in der malerischen Altstadt jede Menge Straßencafés, Restaurants und viele hübsche Geschäfte ihre Gäste empfangen. 18 wetterfeste Freizeitattraktionen, zum Beispiel der „Schmetterlingspark" mit Freiflughalle, die „Galileo Wissenswelt" als „Museum zum Anfassen", das Meereszentrum mit den Haiwelten, die „Farmworld Fehmarn" mit Landwirtschaft im Miniaturformat und schließlich die „Badewelt FehMare" machen jeden einzelnen Ferientag zum Erlebnis.
Wenn der Wind nicht gerade Pause macht, was auf Fehmarn selten vorkommt, strebt alles, was ein wassertaugliches Brett hat, zum Strand. Surfer, Stand-up-Paddler und Kiter versehen das blaue Meer mit bunten Tupfen, zeigen ihre Kunststücke oder mühen sich mit ersten Startversuchen ab. Tausende Wassersportbegeisterte lernen jedes Jahr in den zahlreichen Kursen der 16 Kite- und Surfschulen die wichtigsten Grundlagen und rüsten sich mit Profi-Tipps. Das sieht der Tourismusdirektor sowohl nüchtern als auch selbstbewusst: „Uns mit Hawaii zu vergleichen ist ja ganz schmeichelhaft, aber wir haben auf Fehmarn ein ganz eigenes Feeling von Freiheit und Abenteuer."
Das findet auch Bastian Wiepcke, der Mitinhaber des Surfshops in Landkirchen, nicht weit von der Inselhauptstadt Burg gelegen, in dem er schon seit seinem elften Lebensjahr Kunde war. Seit 2005 verkauft er selbst alles, was man zum Wind- und Kitesurfen sowie zum Stand-up-Paddling braucht. Auf Mode oder Schnickschnack verzichtet er konsequent. „Am wichtigsten ist mir, dass die Leute Spaß haben, das Wasser und die Natur besser kennen und schätzen lernen, während sie diese wunderbaren Sportarten ausüben", fasst der leidenschaftliche Windsurfer seinen Anspruch zusammen. Für ihn ist Windsurfen die Mutter aller Fun-Sportarten und mit Abstand die faszinierendste Art, sich auf dem Wasser fortzubewegen und mit den Naturgewalten zu spielen.
Fehmarn gehört zu den beliebtesten Kite-Revieren der Welt, das ausgedehnte Stehrevier in der Orther Reede mit Wind aus drei verschiedenen Richtungen wird sogar mit dem von Mauritius verglichen. Wegen einer geringen Wassertiefe kommen dort vor allem die Anfänger mitsamt ihrem Lenkdrachen schnell wieder aufs Brett. Wenn es nicht gleich klappt, empfiehlt Bastian Wiepcke: „Entspannt bleiben! Wassersport kann man lernen, muss ihn aber auch intensiv im wahrsten Sinne des Wortes ‚erfahren‘."
Beliebt bei Kite- und Windsurfern
Fehmarn ist ebenso berühmt für seine im Mai weithin leuchtend gelb blühenden Rapsfelder, dem daraus entstehenden einzigartigen schneeweißen Honig, das dreitägige Rapsblütenfest mit Krönung der Königin und neben vielen anderen Rapsprodukten seit fast 20 Jahren auch für die Original Fehmarn Rapskissen. Ursprünglich waren sie eine Erfindung der Landfrauen, die zu bestimmten Anlässen die Baumwollbeutel mit dem Aufdruck des Tourismus-Service von den Henkeln befreiten, mit Rapssamen füllten, zunähten und für einen guten Zweck verkauften. Astrid Lange-Hallmann, die sich selbst als Frostbeule bezeichnet, nutzte den so entstandenen Naturschatz mit zunehmender Wonne als Wärmekissen und war nicht nur von der lang anhaltenden konstanten Temperatur begeistert, sondern auch von der entspannenden Wirkung.
Egal, wo sie das angenehm anschmiegsame Kissen auflegte, sei es auf schmerzenden Gelenken, dem Bauch, im Nacken oder im Rücken, es linderte Schmerzen. So rannten die Landfrauen geradezu offene Türen ein, als sie der gelernten und immer noch praktizierenden Krankenschwester anboten, die Rapskissen-Produktion professioneller aufzuziehen.
Mittlerweile arbeiten vier Mitarbeiterinnen in der kleinen Manufaktur von Astrid Lange-Hallmann. Erhältlich sind die Rapskissen, die inzwischen als Medizinprodukt zertifiziert wurden, in sieben Größen und 180 Designs, nicht nur vor Ort, sondern auch in einigen ausgewählten Verkaufsstellen auf der Insel, denn sie gehören zu den Klassikern der unverwechselbaren Fehmarn-Souvenirs.
Jedes eingefüllte Rapskorn besteht zu 40 Prozent aus Öl, weshalb es die nach einigen Minuten in der Mikrowelle oder im Backofen angenommene Wärme länger speichern kann als andere Körnerkissen. Frisch aus dem Eisfach aufgelegt wirkt das Kissen ideal bei Migräne, Verstauchungen, geschwollenen Beinen, Sonnenbrand, Zahnschmerzen oder als Wadenwickel bei Fieber.
So können die liebevoll gefertigten Kissen die ohnehin schon schönen Erinnerungen an einen Fehmarn-Urlaub über Jahre jederzeit im wahrsten Sinne des Wortes wieder aufwärmen.