Pius Krätschmer ist der vorerst letzte Neuzugang des 1. FC Saarbrücken. Als Notnagel sehen weder er noch sein Trainer Uwe Koschinat den Verteidiger. Schon jetzt mischt er im Kampf um einen Stammplatz kräftig mit.
Wenn man Pius Krätschmer auf seinen durchaus ungewöhnlichen Vornamen anspricht, dann muss er selbst lachen. Pius bedeutet „der Gottesfürchtige“ und ist in christlichen Orden ein populärer Name für Priester und Brüder. „Ich glaube, meinen Eltern hat der Name einfach ziemlich gut gefallen. Zur Kirche haben sie keinen besonderen Bezug. Ich übrigens auch nicht“, sagt der 24-jährige Neuzugang des 1. FC Saarbrücken.
Krätschmer stammt aus Ulm, spielte bis zur U15 beim ortsansässigen Traditionsverein und spielte sich dabei in die Notizblöcke der Bundesliga-Scouts. Er landete beim SC Freiburg, wo es am Ende nicht mehr passte und wechselte dann zum Karlsruher SC. „Ich bin nicht immer ein ganz einfacher Typ. Ich habe mit Sicherheit nicht alles richtig gemacht. Aber wer macht das schon in einem solchen Alter?“, fragt der Innenverteidiger, für den der Fußball vor einigen Jahren an die zweite Stelle rutschte. „Mein Vater war damals beruflich in München tätig, und ich hatte das Glück, dass ich in seiner Firma eine Ausbildung im Bereich Marketingkommunikation machen konnte. Ich habe mir dann noch einen Verein in der Nähe gesucht, bei dem ich Spielpraxis bekomme“, erklärt er.
Wohnungssuche schnell abgeschlossen
Den Zuschlag erhielt der TSV Rosenheim, wo heute der frühere FCS-Angreifer Christoph Fenninger spielt. „Das war eine echte Wohlfühloase, ein echter Glücksfall für mich. Es ist zwar kein Verein, der extrem professionelle Strukturen hat, daher sehr familiär und gut geführt ist. Für einen jungen Spieler optimal“, sagt der Innenverteidiger, der dort auf seinen großen Förderer traf.
Trainer Tobias Strobl formte aus dem offensiven Mittelfeldspieler einen modernen Innenverteidiger. Das Experiment schlug dermaßen ein, dass der FC Schweinfurt mit dem heutigen Homburger Trainer Timo Wenzel auf den Blondschopf aufmerksam wurde. „Wir wollten aufsteigen, leider hat uns Türkgücü München damals die Butter vom Brot genommen. Aber für mich ist es ziemlich gut gelaufen. Wenzel, der mich verpflichtet und im zentralen Mittelfeld eingesetzt hatte, wurde entlassen, sein Nachfolger wurde mein Ex-Trainer Tobias Strobl, der mich wieder nach hinten geschoben hat“, sagt der 24-Jährige, der bei seinen ehemaligen Vereinen immer auch einer der Standard-Schützen war.
Krätschmer spielte derart stark, dass der 1. FC Nürnberg den Linksfuß verpflichtete. Dort stand er in der vergangenen Saison fast immer im Kader und kam sogar auf drei Kurzeinsätze in der Zweiten Liga. „Es war eine sehr spannende und lehrreiche Zeit für mich. Aber die Mannschaft hatte insgesamt eine problematische Saison. Da ist es für einen jungen Spieler nicht einfach, reinzukommen. Daher war für mich schon nach dem Jahr klar, dass ich etwas anderes machen will.“ Die Kontakte zum 1. FC Saarbrücken kamen recht früh zustande, nach der Verletzung von Boné Uaferro wurde die Angelegenheit konkret. „Wir hatten vorher eher nach einem rustikalen Verteidiger Ausschau gehalten. Aber Boné war eben auch aufgrund seiner überragenden Spieleröffnung gesetzt und daher wollte ich eine zusätzliche Alternative in diesem Bereich“, erklärt FCS-Trainer Uwe Koschinat, der große Stücke auf den Neuzugang hält. „Er hat einen ganz starken linken Fuß, das ist für einen Verteidiger schon einmal ein Riesenvorteil. Zudem hat er eine sehr gute fußballerische Veranlagung. Wir werden noch ein wenig an seiner Zweikampfhärte arbeiten, aber das bekommen wir hin“, sagt Koschinat, der klipp und klar hinzufügt: „Es ist nicht sein Anspruch, dass er sich hier wochenlang auf die Bank setzt.“
Eine Parallele, die auch Koschinat zieht, drängt sich regelrecht auf. Wie der derzeit verletzte Abwehrchef Steven Zellner wurde Krätschmer auf offensiveren Positionen ausgebildet, spielte teilweise sogar im Angriff. „Diese Spieler haben den Vorteil, dass sie in aller Regel fußballerisch sehr viel mitbringen und über ein gutes Spielverständnis verfügen. Zelle wird uns ja noch ein paar Monate fehlen, aber langfristig konnte ich mir vorstellen, dass beide ein Duo bilden, wie es Zelle und Marin Sverko in der Vorsaison getan haben“, sagt Koschinat. Doch das ist Zukunftsmusik. Auch für den Neuzugang. Für den stand erst einmal ein Umzug auf der Tagesordnung. Gemeinsam mit seiner Freundin Rebekka, die er schon aus Freiburger Zeiten kennt, hat er bereits eine Wohnung in Dudweiler gefunden. „Man kann es schon als Jugendliebe bezeichnen. Sie hat ja gewusst, worauf sie sich einlässt. Als Fußballer kannst du nie mehrere Jahre im Voraus planen. Aber sie hat Glück, dass sie ihren Arbeitsplatz behalten und im Homeoffice von Saarbrücken aus weiter arbeiten kann“, sagt Krätschmer.
Krätschmer kam übrigens gut informiert ins Saarland. In Schweinfurt spielte er mit den früheren FCS-Jugendspieler Gianluca lo Scrudato und Aaron Manu zusammen. Mit Minos Gouras war er gemeinsam im Jugendinternat des SC Freiburg. „Es ist ein Traditionsverein, der nach der vergangenen Saison sicherlich große Ziele hat. Ich will mithelfen, dass wir diese erreichen. Aber es ist eine ausgeglichene Liga“, sagt der Verteidiger, der die 3. Liga in der vergangenen Saison sehr aufmerksam verfolgt hatte, weil sein bester Freund Felix Schröter für die Spielvereinigung Unterhaching spielte. Den zog es nach dem Abstieg der Münchner Vorstädter nach Norwegen, Krätschmer ins Saarland. „So ist das im Fußball“, sagt der 24-Jährige achselzuckend. „Am Ende hast du viele lose Kontakte, aber aus jedem Team bleiben dir zwei oder drei, mit denen man noch oft telefoniert.“
Zu denen wird wohl auch Robin Hack gehören. Eine Foto-Agentur bot kürzlich Bilder aus dem Training des 1. FC Nürnberg an, die den 22-Jährigen gemeinsam mit Krätschmer zeigen. Der Offensiv-Akteur wechselte kurz vor Rundenbeginn zu Arminia Bielefeld in die Bundesliga. „Er hatte schon im Vorjahr Angebote, und es war klar, dass er diesen Schritt gehen wird und muss. Wir haben noch seinen letzten Abend in Nürnberg gemeinsam verbracht, auch weil unsere Freundinnen sich sehr gut verstehen. Als Profi musst Du den Anspruch haben, so hoch wie möglich zu spielen. Da gehören Abschiede eben dazu.“