Etwa ein Drittel der Frauen im gebährfähigen Alter leidet unter dem Prämenstruellen Syndrom. Die Symptome sind zahlreich und vielfältig. Wie können Frauen erkennen, ob sie betroffen sind? Und vor allem: Was hilft dagegen?
Viele Frauen haben Schmerzen während ihrer Regel, bei manchen allerdings beginnen die Symptome schon davor. Diese Schmerzen werden als sogenanntes Prämenstruelles Syndrom (PMS) bezeichnet. Bei betroffenen Frauen beginnen die Beschwerden in der zweiten Zyklushälfte – also zwischen Eisprung und Regelblutung. An PMS leidende Frauen spüren die Beschwerden also oft schon ungefähr zwei Wochen vor ihren Tagen oder sie beginnen einige Tage vor der Regel. Mit dem Einsetzen der Menstruation hören die Beschwerden auf. Eine offizielle Diagnose ist PMS nicht. Die sogenannte prämenstruelle dysphorische Störung (PMDS), eine ausgeprägtere Form des Syndroms, hingegen schon.
PMDS ist durch die depressive Stimmungslage beziehungsweise Dysphorie gekennzeichnet. Auch ungewohnt aggressives oder impulsives Handeln kann auftreten, das zu Streitigkeiten bis hin zu Gesetzesverletzungen führen kann. Häufig auftretende Konzentrationsstörungen und ein vermindertes Interesse an üblichen Aktivitäten erschweren zudem den Alltag, sodass Betroffene häufig zum sozialen Rückzug neigen. PMDS ist in den USA offiziell als depressive Störung anerkannt und muss in aller Regel therapiert werden.
Bei PMS hingegen ist die Situation eine andere. Etwa jede dritte Frau im gebärfähigen Alter beschreibt, dass sie sich einige Tage vor der Monatsblutung nicht so leistungsfähig fühlt und klagt über körperliche Beschwerden wie beispielsweise Kopfschmerzen, Blähbauch oder spannende Brüste. Dabei können die Symptome sehr vielfältig sein und müssen auf den ersten Blick nicht miteinander zusammenhängen. Dazu zählen etwa Kopf-, Bauch- oder Rückenschmerzen, Spannungsgefühle in den Brüsten oder im Unterleib. Häufig schmerzen die Muskeln oder die Gelenke. Oft lagert sich in dieser Zeit Wasser ein, zum Beispiel in den Beinen. Viele Frauen schlafen schlecht, klagen über Heißhungerattacken oder sind besonders gereizt, wütend, ängstlich, übellaunig oder traurig. Die neuseeländische Psychiaterin Sarah Romans hat gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen untersucht, wie sich der Zyklus auf die Stimmung auswirkt. Dazu haben sie Daten aus 47 Studien mit über 4.000 Probandinnen zusammengetragen. Tatsächlich traten nur in sieben Untersuchungen nachgewiesene Zusammenhänge zwischen Niedergeschlagenheit und Zyklus auf.
Wie viele Frauen insgesamt von PMS betroffen sind, lässt sich nicht ganz genau sagen. Je nach Studie sind es zwischen 20 bis 40 Prozent der Mädchen und Frauen im gebärfähigen Alter. In einigen Untersuchungen ist sogar von 90 Prozent die Rede, die mindestens unter einem der zahlreichen PMS-Symptome leiden. Bei drei bis acht Prozent sind vor allem die psychischen Probleme so heftig, dass man bei ihnen von PMDS spricht. Bei den meisten Frauen treten die Beschwerden das erste Mal auf, wenn sie zwischen 20 und 30 Jahre alt sind.
Die Ursachen des PMS sind bis heute nicht eindeutig geklärt. Mediziner vermuten, dass mehrere Faktoren die Beschwerden auslösen. Hauptverantwortlich für PMS scheinen Hormone zu sein. Für die Regelblutung sind vor allem die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron relevant. Zusammen mit anderen weiblichen Hormonen sorgen sie in jedem Zyklus dafür, dass eine Eizelle heranreift, der Eisprung (Freisetzung der Eizelle aus dem Eierstock) stattfindet und die Gebärmutterschleimhaut für die Einnistung einer befruchteten Eizelle vorbereitet wird. Kommt es nicht zur Befruchtung, wird die Eizelle inklusive der vorbereiteten Gebärmutterschleimhaut mit der Regelblutung abgestoßen. Während des Eisprungs ist die Östrogen-Konzentration im Blut am höchsten. Viele Frauen spüren den Eisprung durch ein schmerzhaftes Ziehen im Unterbauch. Zudem wird in dieser Zeit vermehrt Prolaktin gebildet. Dieses Hormon lässt die Brustdrüsen anschwellen, was manchmal zu Spannungsschmerzen in den Brüsten führt.
Die hormonellen Veränderungen im Laufe des Zyklus können zudem Elektrolyt- und Flüssigkeitsverschiebungen im Körper verursachen. Dies könnte zumindest für einige PMS-Beschwerden verantwortlich sein. Auch die Stoffe, die beim Abbau des Hormons Progesteron entstehen, stehen im Verdacht, PMS-Beschwerden auszulösen. Zudem reagieren PMS-Betroffene eventuell sensibler auf die Wechselwirkungen zwischen Progesteron und bestimmten Botenstoffen des Gehirns wie Serotonin. Serotonin wiederum soll sich positiv auf die Stimmung auswirken. Als sogenanntes Glückshormon fördert es das Wohlbefinden und wirkt beruhigend. Serotonin soll auch die Gedächtnisleistung stimulieren und den Schlaf fördern. Symptome für einen Serotoninmangel könnten schlechte Laune, Angstzustände und Aggressivität sein. Neben den genannten Einflüssen auf das PMS werden auch ein verminderter Melatonin-Spiegel (Schlafhormon) sowie eine Schilddrüsenunterfunktion als Ursachen diskutiert. Auch die Lebensgewohnheiten, besonders Ernährung und Bewegung, spielen beim PMS eine große Rolle: Als gesichert gilt heute, dass zu viel Zucker, Koffein, Alkohol sowie Nikotin und zu wenig Bewegung das prämenstruelle Syndrom begünstigen. Frauen, die ausreichend Mineralstoffe und Vitamine wie Calcium, Vitamin C und B zu sich nehmen, haben seltener PMS als andere. Außerdem wird zumindest vermutet, dass sich zu viel Salz negativ auswirkt. Auch Stress, Störungen des vegetativen Nervensystems und einige hormonelle Verhütungsmittel können die Entstehung von PMS begünstigen. Zudem gilt eine familiäre Vorbelastung mit psychischen Erkrankungen, wie etwa Depressionen, als Risikofaktor für PMDS.
Wer vermutet, unter PMS zu leiden, sollte dies ärztlich abklären lassen, denn durch die Vielzahl der möglichen Symptome wird PMS häufig recht spät diagnostiziert. Ähnliche Beschwerden wie beim PMS können auch bei Depressionen, mit Beginn der Wechseljahre oder bei Erkrankungen der Schilddrüse auftreten. Die Abgrenzung gelingt entsprechend nur durch eine ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung. Zur Vorbereitung kann ein PMS-Tagebuch helfen, in dem Frauen über mehrere Zyklen hinweg notieren, wann welche Symptome auftreten. So können Sie ihrem Arzt oder ihrer Ärztin genaue Informationen geben. Hilfreiche Fragen hierfür sind etwa: Wie lange vor der Regelblutung treten die Beschwerden erstmals auf? Haben Sie Schmerzen und wenn ja, wo genau? Treten die Beschwerden immer vor Beginn Ihrer Periode auf? Haben Sie nur körperliche Beschwerden, oder fühlen Sie sich auch psychisch beeinträchtigt?
Nach der Anamnese folgt eine körperliche Untersuchung. Mit einer gynäkologischen Tastuntersuchung sowie einer Ultraschalluntersuchung der Gebärmutter und benachbarter Organe können organische Erkrankungen wie eine Geschwulst als Ursache der Beschwerden ausgeschlossen werden. Außerdem kann untersucht werden, ob die Symptome möglicherweise durch eine Schilddrüsenunterfunktion, eine Endometriose oder eine Depression verursacht werden. Auch der Beginn der Wechseljahre muss ausgeschlossen werden, da in dieser Zeit ebenfalls PMS-ähnliche Symptome auftreten können. Daneben sind meist Laboruntersuchungen erforderlich. So zeigen sich während der Beschwerden erhöhte Entzündungswerte im Blut. Auch eine Hormonanalyse kann hilfreich sein.
Ist die Diagnose gesichert, geht es darum, die passende Behandlungsstrategie zu wählen. Bei leichteren Beschwerden können schmerzlindernde Medikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen eingenommen werden. Bei der Einnahme von Schmerzmitteln sollten Frauen, die unter starken Blutungen leiden, keine Medikamente mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen – auch nicht im Vorfeld der Periodenblutung. Die blutverdünnende Eigenschaft von ASS kann zu einer übermäßigen Regelblutung führen. Alternativ kann beispielsweise der Wirkstoff Ibuprofen eingenommen werden. Wenn Frauen während der zweiten Zyklushälfte mit Wassereinlagerungen zu kämpfen haben, können sogenannte Diuretika helfen. Diuretika sind harntreibende Medikamente. Dazu zählen etwa Calcium, Vitamin E oder Spironlakton. Grundsätzlich sollten alle Medikamente natürlich nur in Rücksprache mit der Frauenärztin ausprobiert werden. Viele Frauenärztinnen verschreiben bei PMS die Anti-Baby-Pille. Es gibt zumindest schwache Hinweise darauf, dass eine Hormonkombination aus Gestagen und Östrogen helfen kann. Die alleinige Einnahme von Gelbkörperhormon (Progesteron) hingegen zeigte keinen nachweisbaren Effekt. Bezüglich der lokalen Applikation einer progesteronhaltigen Creme im sogenannten „off-Label use“ existieren keine aussagekräftigen Studien zu Nutzen oder Schaden.
In schlimmeren Fällen gibt es auch gute Ergebnisse bei der Behandlung mit Antidepressiva. Am erfolgversprechendsten sind sogenannte Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) wie zum Beispiel Citalopram, Paroxetin und Sertralin. Besonders gut hat in Studien der Wirkstoff Fluoxetin funktioniert. Interessant ist, dass es wahrscheinlich reicht, wenn Frauen das Medikament nur in den beiden Wochen vor der Periode einnehmen und nicht den kompletten Zyklus lang. Wegen möglicher Nebenwirkungen werden selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer meist erst dann eingesetzt, wenn andere Therapien wirkungslos bleiben.
Sowohl die Ovulationshemmer, als auch die Antidepressiva besitzen Nebenwirkungen und Risiken, sodass viele Frauen diesen Therapieformen eher zurückhaltend gegenüberstehen. Deshalb versuchen viele Patientinnen zunächst ihre Beschwerden mit pflanzlichen Medikamenten in den Griff zu bekommen. Häufig zum Einsatz kommen Extrakte aus Mönchspfeffer (Agnus castus), die eine nebenwirkungsarme Möglichkeit darstellen, um die Beschwerden – insbesondere das Brustspannen – zu therapieren. Zur Behandlung der psychischen Beschwerden wird häufig Johanniskraut (Hypericum) eingesetzt. Es lindert depressive Verstimmungen, Ängste und nervöse Unruhe, hat aber auch Nebenwirkungen. Generell ist die Wirkung von pflanzlichen Präparaten wissenschaftlich nicht belegt. Aber es gibt zumindest schwache Hinweise darauf, dass Mönchspfeffer helfen kann. Einige Frauen bekommen ihre Beschwerden auch mit Gingko oder Safran in den Griff. Auch die Wirkung von Magnesium und Nachtkerzenöl ist nicht nachgewiesen.
Neben der medikamentösen Behandlung kann eine gezielte Umstellung der Ernährung positive Auswirkungen haben. Konkret bedeutet das: weniger Salz, Schokolade, Koffein und Alkohol, dafür mehr Vitamine (B6, D und E) und Mineralien wie Calcium und Magnesium. Auch Sport kann das prämenstruelle Syndrom günstig beeinflussen. Durch Bewegung wird das im Körper vermehrt eingelagerte Wasser schneller abtransportiert. Die gleichzeitig erhöhte Durchblutung löst Krämpfe in der Gebärmutter und kann dadurch Schmerzen im Unterbauch und Rücken abbauen. Dabei empfiehlt sich vor allem Ausdauertraining wie Walken, Radfahren, Joggen oder Schwimmen. Dadurch werden auch vermehrt Endorphine ausgeschüttet, wodurch Stimmungsschwankungen entgegengewirkt werden kann. Einige Frauen sprechen auch gut auf Entspannungsverfahren wie Yoga oder autogenes Training an. Auch eine kognitive Verhaltenstherapie kann je nach Stärke der Beschwerden hilfreich sein. Dadurch können Betroffene lernen, mit den Belastungen besser umzugehen. Die Studienlage dazu ist allerdings schwach. Auch für die Akupunktur stehen wissenschaftliche Nachweise noch aus, ebenso wie für einige Präparate aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM).