Die EEG-Umlage oder teure Netzentgelte sorgten seit Jahren für steigende Strompreise. Jetzt, in Zeiten des politischen Konsenses über die Abschaffung jener Umlage, steigen die Preise wegen der CO2-Steuer – vermutlich auch für Ökostrom.
Darüber, dass die EEG-Umlage mittlerweile als überholt gilt, herrscht weitgehend Konsens in der Berliner Politik. CDU, SPD, FDP und Grüne wollen die Umlage abschaffen, nur über das Wie und Wann herrscht noch Uneinigkeit. Kurzfristig also erst einmal keine deutliche Entlastung für den Verbraucher – im Gegenteil. Es könnte in diesem Jahr sogar deutlich teurer werden, jedoch nicht wegen der EEG-Umlage.
Das bestätigt auch das Vergleichsportal Verivox. Im Gegenteil. „Verbraucher müssen sich in den kommenden Monaten auf Strompreiserhöhungen einstellen", bestätigt Lundquist Neubauer, Pressesprecher von Verivox. „Das liegt vor allem an dem noch immer hohen Staatsanteil am Strompreis und den im Jahresverlauf deutlich gestiegenen Beschaffungskosten der Versorger. Eine Abschaffung der EEG-Umlage, die rund ein Fünftel des Strompreises ausmacht, wird zwar im Bundestagswahlkampf versprochen. Aber kurzfristige konkrete Entlastungen der Haushalte bei den Stromkosten sind bisher nicht in Sicht."
Derweil steigen die Preise. Laut Verivox kostet eine Kilowattstunde Strom für Privathaushalte derzeit durchschnittlich 30,4 Cent. Vor einem Jahr lagen die Kosten noch bei 28,75 Cent. Auf Jahressicht bedeutet das einen Anstieg von 5,7 Prozent. Im Vergleich zum Jahr 2000 zahlen damit die deutschen Haushalte heute doppelt so viel.
Der Anteil des Staates am Strompreis ist in Deutschland besonders hoch. Von einem Euro Stromkosten gehen 51 Cent an den Staat. Nur in Dänemark ist die Steuerlast mit 66 Prozent des Strompreises im europäischen Vergleich noch höher. Wer nicht zahlt, dem droht die Stromsperre. Laut dem Monitoringbericht der Bundesnetzagentur 2020 wurde im vorangegangenen Jahr 2019 mehr als 289.000 Kunden von Stromversorgern der Saft abgedreht, viel mehr jedoch, 4,8 Millionen, wurde mit einer Sperre gedroht.
Seit Jahren steigen in Deutschland die Preise für Strom, auch in diesem Jahr – unter anderem durch die EEG-Umlage oder teurere Netzentgelte. Die Umlage allerdings ist nun gedeckelt, 2021 auf 6,5 und 2022 auf sechs Cent. Auch die Netzentgelte entpuppen sich in diesem Jahr nicht als primäre Preistreiber. Diesmal sind es vor allem die Großhandelspreise an der Strombörse in Leipzig, die die Kosten für die Verbraucher in die Höhe treiben. Mengengewichtet lag der Durchschnittspreis laut Verivox bei 45,29 Euro pro Megawattstunde, im Juli bereits bei 50,81, Tendenz im August weiter steigend.
Treiber dieser Situation sind einerseits die Brennstoffpreise, denn vor allem fossile Brennstoffe wie Kohle und Erdgas verteuern sich durch den wiedererwachenden Energiehunger der Weltwirtschaft. In Deutschland sind es aber auch die CO2-Preise, die die Bundesregierung auf derzeit 25 Euro pro Tonne festgelegt hat – direkt feststellen konnte dies der deutsche Verbraucher schon seit Beginn des Jahres an den Tankstellen. Und auch Kohle- und Braunkohlekraftwerke müssen mit Emissionszertifikaten handeln, um weiter am Netz bleiben zu können. Diese Zertifikate werden durch die gestiegenen CO2-Preise teurer, also steigt der Preis für die fossile Stromerzeugung insgesamt.
EEG-Umlage wird zu einem Auslaufmodell
Auf den ersten Blick erstaunlich: Wahrscheinlich wird auch Ökostrom durch diesen Effekt teurer. Denn der Markt für Ökostrom ist nicht von jenem für fossilen Strom abgekoppelt, Ökostromerzeuger wollen schließlich nicht weniger verdienen als der Betreiber eines Braunkohlekraftwerks. Steigt der Großhandelspreis für die Kilowattstunde an der Leipziger Börse, könnte er somit für alle Abnehmer steigen. Allerdings: Einen direkten Zusammenhang erkennen die Experten von Verivox nach Aussage von Lundquist Neubauer derzeit nicht. Jedoch sei Ökostrom seit Jahresbeginn um zwei Prozent teurer geworden.
Da der CO2-Preis in den kommenden Jahren per Gesetz weiter teurer wird, verteuern fossile Kraftwerke also automatisch den Strompreis – wenn diese weiter am Netz bleiben würden, was jedoch nach dem Kohleausstiegsgesetz nicht der Fall sein wird. Immer teurere Emissionszertifikate sorgen also dafür, dass Kohlekraftwerke für Betreiber unrentabler und Ökostrom für Verbraucher attraktiver werden soll. Gleichzeitig sorgt die Deckelung der EEG-Umlage dafür, dass dem Verbraucher zumindest aus dieser Richtung keine Verteuerung mehr droht. Dafür wendet der Bund bis Ende 2022 knapp elf Milliarden Euro auf.
Bis dahin aber, so haben es unter anderem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) versprochen, soll die EEG-Umlage weiter als Druckventil für den hohen Verbraucherpreis herhalten: die CDU möchte laut Wahlprogramm die Umlage abschaffen und den „Aufwuchspfad des CO2-Preises straffen", also die Preissprünge verringern. Derzeit wächst der Preis pro Tonne um fünf bis zehn Euro pro Jahr bis 2025. Zwar wollen die Sozialdemokraten die EEG-Umlage ebenfalls abschaffen, und zwar bis 2025, aber die so fehlenden Gelder über den CO2-Preis gegenfinanzieren. Scholz rechnet dadurch mit Einsparungen für Familien bis zu 300 Euro. Die Grünen plädieren dafür, die Umlage zu senken und das Geld aus der CO2-Bepreisung, die 2023 auf 60 Euro pro Tonne steigen soll, vollständig als Energiegeld an den Bürger zurückzuzahlen. Gleichzeitig will die Partei schneller als bisher aus der Kohleverstromung aussteigen. Die Liberalen dagegen setzen auf eine schrittweise Reduzierung der EEG-Umlage, eine Reform aller Steuern auf Strom sowie ein Herunterfahren der Stromsteuer auf EU-Mindestmaß – dies wären ein Cent pro Kilowattstunde für private und 0,5 Cent für gewerbliche Verbraucher. Für eine radikale Reduzierung der Stromsteuer, eine Energieaufsichtsbehörde für Verbraucher, kostenlose Grundkontingente für Haushalte und das Streichen der Privilegien der Industrie bei der EEG-Umlage will sich die Linkspartei einsetzen. Ganz abschaffen, dafür spricht sich auch die AfD aus – mehr zu diesem Thema findet sich in ihrem Wahlprogramm jedoch nicht.
Laut dem gemeinnützigen Thinktank Agora Energiewende könnte jedoch der Strompreis schon heute drastisch sinken – wenn die Einnahmen aus der CO2-Steuer für die Bürger auf die EEG-Umlage angerechnet würden. Nach ihren Berechnungen würde eine CO2-Bepreisung von 45 Euro pro Tonne, die laut Gesetz 2024 anvisiert werden, bei einer Anrechnung auf die EEG-Umlage diese mehr als halbieren. Ein Vier-Personen-Haushalt würde so etwa 80 Euro im Jahr sparen, ein Lichtblick auch für Geringverdiener, deren Geldbeutel durch den Strompreis ohnehin arg strapaziert wird. Wohin sich die Preise tatsächlich entwickeln, wird allerdings erst nach der Bundestagswahl sichtbar. Turnusgemäß veröffentlichen die Stromanbieter im Herbst ihre Preisvorstellung.