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WAS MACHT EIGENTLICH...

In den 70ern moderierte sie an der Seite von Manfred Sexauer den „Musikladen“
Foto: picture alliance / dpa

… Uschi Nerke?

Als Moderatorin der legendären Musiksendungen „Beat-Club" und „Musikladen" wurde die Architektin in den 60er- und 70er-Jahren zum Fernsehstar. Sie hat zudem Platten und zwei autobiografische Bücher veröffentlicht. Heute geht die 77-Jährige mit einer „Beat-Club"-Show auf Tour.

Uschi Nerke konnte eigentlich alles: Sie hatte jeweils mit Diplom ein Studium der Architektur und der Ingenieurwissenschaften abgeschlossen, dazu eine Ausbildung als Bauzeichnerin und Praktika als Maurerin und Tischlerin absolviert und sich nebenher noch Geld verdient als Zeichnerin für ein Bauunternehmen. Neben ihrer TV-Karriere führte sie zehn Jahre lang ein eigenes Architekturbüro und hat dabei bauliche Spuren hinterlassen, wie etwa ein mehrgeschossiges Gebäude am Bremer Wall bis heute belegt. Bekannt geworden ist Nerke allerdings mit etwas ganz anderem, weil Rudi Carell die junge Nachwuchssängerin nicht in seiner Sendung unterbringen konnte, sie dann aber als Moderatorin Radio Bremen empfahl. Und mit dem „Beat-Club" durfte Nerke ab 1965 jeden Samstag eine innovative Sendung präsentieren, die junge Leute begeistert an den Bildschirm lockte, weil dort so gut wie alle Stars der 60er-Jahre live auftraten. „Ich bin verdammt dankbar, dass ich das machen durfte. Damit lebe ich heute noch und bin damit sehr glücklich!", schwärmt Nerke 2020 in einem Radio-Bremen-Podcast von ihrer „Beat-Club"-Tätigkeit.

Mit großen Stars auf Tuchfühlung

Nicht nur die bei den jungen Leuten heiß begehrte Beat-Musik machte Furore, auch die selbst genähten Miniröcke der Moderatorin stießen beim Publikum auf Wohlgefallen. „Ich war mir damals nicht bewusst, dass manche mich für den heißesten Feger im Fernsehen hielten. Ich wollte nur gefallen!", blickt Nerke heute auf ihre modische Vorreiterrolle zurück. Sie bekam sogar Anfragen des Männermagazins „Playboy": „Wie viele, weiß ich wirklich nicht mehr. Das kam aber für mich sowieso nie infrage!", erzählt sie im Radio Bremen-Podcast. Angebaggert wurde sie von den Stars nie: „Wir waren Freunde und haben unsere Späßchen gemacht, mehr war da nicht!" Obwohl sie bei ihrer Arbeit die angesagtesten Musiker kennengelernt hat und mit einigen – wie etwa Albert Hammond – bis heute befreundet ist, war ihre finanzielle Ausbeute damals eher gering. Gerade mal 300 D-Mark gab es für jede Show, und selbst die Bands mussten mit 500 D-Mark Gage zufrieden sein. Nach der Beat-Club-Zeit wollte Nerke eigentlich aufhören, ließ sich dann aber gleich dazu überreden, mit dem „Musikladen" ein ähnliches Format zu moderieren. Auch hier war Nerke sechs Jahre lang mit allen großen Popstars auf Tuchfühlung. Das heißt mit fast allen: „Die Stones habe ich nie kennengelernt", bedauert sie. Nach ihrer erfolgreichen Fernsehzeit wechselte Nerke zum Rundfunk. Bei Radio Bremen blieb sie aber dem „Beat-Club" treu und moderierte dort unter dem gleichen Titel zwölf Jahre lang bis 2013 jeden Samstag zwei Stunden ihre eigene Rundfunksendung mit Hits der Sixties. Diese Sendung wird bis heute von Radio Bremen fortgeführt, was Nerke allerdings kritisiert, weil der heutige Beat-Club „zusammengestellt und moderiert wird von Kollegen, die damals noch nicht geboren waren. Das passt irgendwie nicht!" Ihre eigenen Musikvorlieben haben sich im Laufe der Jahre kaum gewandelt. Sie sei mit Rock’n’Roll, Beat und Rock groß geworden und höre diese Musik auch heute noch gern: „Wirklich gute Musik wird niemals alt oder kommt aus der Mode!", erklärte die Kult-Moderatorin dem Magazin „Radioszene", gibt allerdings zu, mit Rap und Hip-Hop wenig anfangen zu können.

Widmet sich ihren Haustieren

Eine Art „Beat-Club"-Gedächtnisraum gibt es in Nerkes Haus in Seevetal bei Hamburg nicht. Dafür hat sie in ihrem Keller aber jede Menge Platten, CDs und Fotos gelagert. Eine Trophäe hat es allerdings in ihr engeres Umfeld geschafft: der Goldene Bravo-Otto: „Ein wunderschöner Preis. Er steht auf der unteren Platte eines kleinen Tisches im Wohnzimmer!"

Anerkennung für ihre Arbeit bekommt Uschi Nerke auch heute noch. Anlässlich ihres 75. Geburtstages vor zwei Jahren verriet sie, dass sich immer noch wildfremde Menschen auf der Straße bei ihr für den „Beat-Club" bedanken und dass gelegentlich noch Liebesbriefe bei ihr eintrudeln. Die musikalischen Erinnerungen an die 60er- und 70er-Jahre hält sie seit 2018 auch mit einer Veranstaltungsreihe lebendig, die den „Beat-Club" live auf die Bühne bringt: Die Zwei-Mann-Band Flower Power Men performt Songs der damaligen Zeit und Nerke erzählt dazu passende Anekdoten aus ihrer „Beat-Club"-Ära. Und das Tournee-Publikum ist begeistert: „Ich wurde noch nie von so vielen alten Mädchen gebusselt", freut sich Nerke über die anhaltende Treue ihrer Fans. Auf die Frage, ob Sie sich vorstellen könnte, heute noch einmal den „Beat-Club" im Fernsehen zu moderieren, antwortete sie kürzlich: „Warum eigentlich nicht!? Die Musik ist ja immer noch da!" Derzeit widmet sie sich vor allem zu Hause ihren Tieren, dazu zählen zwei Papageien, ein Hund, ein Ziegenbock und einige Katzen: „Ohne Musik und ohne Tiere könnte ich gar nicht leben!", betont Nerke, die amüsante Begebenheiten mit ihren tierischen Lebensgefährten 2012 auch in einem Buch verarbeitet hat. Für ihr künftiges Leben wünscht sie sich nur eins: „Ich möchte noch möglichst lange aktiv und gesund bleiben!"

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