Drei Bundesminister kämpfen im Saarland um Direktmandate für den nächsten Bundestag. Alle drei standen und stehen im Fokus aktueller Diskussionen in Sachen Wirtschafts- sowie Außen- und Sicherheitspolitik.
Mehr Bundesminister auf engem Raum, die sich um Direktmandate bewerben, dürfte es wohl sonst nirgends in der Republik geben. Im Wahlkreis Saarbrücken kämpft Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) um die Erststimmen. Direkt daneben, im Wahlkreis Saarlouis, treten Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) gegeneinander an. Altmaier will sein Mandat für die CDU verteidigen, Kramp-Karrenbauer das Mandat aus Saarbrücken für die CDU zurückerobern.
Maas und Kramp-Karrenbauer sind zugleich die Spitzenkandidaten auf der Landesliste ihrer Partei.
Es gibt einiges, was den Wahlkampf im Saarland – und besonders in diesen beiden Wahlkreisen so spannend macht. Altmaier stand als Wirtschaftsminister in der Anfangszeit der Pandemie in der Kritik, als es um Hilfen für Unternehmen während des Lockdowns ging. Maas und Kramp-Karrenbauer gerieten in den letzten Wochen durch die Entwicklungen in Afghanistan in den Fokus.
Vor vier Jahren, kurz vor der letzten Bundestagswahl, war für keinen der drei absehbar, in welcher Rolle sie sich für die jetzt zu Ende gehende Legislaturperiode wiederfinden würden. Einigermaßen sicher war damals, dass sich Altmaier, der sein Direktmandat verteidigt hatte, nach dem Wahlsieg der Union an führender Position wiederfinden würde. Dass es ausgerechnet das Wirtschaftsressort sein würde, hatte kaum jemand auf dem Spickzettel.
Heiko Maas, der damals noch als amtierender Justizminister im Wahlkreis Altmaier unterlegen, aber über die Landesliste in den Bundestag eingezogen war, war eigentlich schon raus aus Regierungsverantwortung und auf der Oppositionsbank. Union, Grüne und FDP verhandelten Jamaika. Bekanntlich erfolglos. In der Neuauflage der GroKo war Maas als Außenminister die große Überraschung.
Annegret Kramp-Karrenbauer hatte sich das Berliner Treiben zu diesem Zeitpunkt noch aus der Saarbrücker Staatskanzlei betrachten können, entschloss sich dann aber im Februar 2018, das Amt der saarländischen Ministerpräsidentin aufzugeben und als Generalsekretärin der CDU Deutschland nach Berlin zu wechseln, ohne eine Absicherung durch ein Bundestagsmandat zu haben. Der überraschend frühe Rückzug Angela Merkels von der Parteispitze durchkreuzte Pläne, zunächst als Generalsekretärin die CDU in Ruhe programmatisch neu aufzustellen und dann höhere Aufgaben zu übernehmen. Sie setzte sich in einer Kampfabstimmung als CDU-Vorsitzende durch, zog sich ein gutes Jahr später in Folge der Regierungskrise in Thüringen mit der Debatte um Zusammenarbeit mit der AfD zurück. 2019 übernahm AKK das Verteidigungsministerium von Ursula von der Leyen, die nach der Europawahl nach zähem Ringen EU-Kommissionspräsidentin wurde.
Historisch ist das ziemlich einmalig
Mit Altmaier, Maas und dann auch AKK war das Saarland die letzten beiden Jahre überproportional stark vertreten im Bundeskabinett, gemessen an der Bevölkerungszahl – historisch ziemlich einmalig. Das wird nach Stand der Dinge im nächsten Kabinett nicht mehr so sein. Gleich, welche Konstellation sich dann zusammenfinden wird, sprechen alleine schon übliche Proporzerwägungen dagegen. Es ist nicht einmal gewiss, dass alle drei dem nächsten Bundestag angehören.
Nach Stand der Dinge (zweieinhalb Wochen vor der Wahl) dürfte ein Mandat nur Heiko Maas sicher sein. Entweder gewinnt er den Wahlkreis Saarlouis oder er zieht als Spitzenkandidat über die Landesliste ein.
Peter Altmaier kann sich im Grunde ganz auf die Verteidigung seines Direktmandats konzentrieren, was ihm nach allgemeiner Einschätzung gelingen dürfte. Er steht zwar auf der Landesliste auf Platz zwei, das aber dürfte kaum von Belang sein. Denn schon Platz eins der Landesliste ist bei der Saar-CDU keine sichere Bank. Bei der letzten Bundestagswahl konnte die Partei drei der vier Wahlkreise direkt gewinnen, Platz eins der Landesliste spielte dann keine Rolle mehr.
Das macht die Herausforderung für Annegret Kramp-Karrenbauer als Spitzenkandidatin umso größer. Um sicher in den Bundestag zu ziehen, müsste sie den Wahlkreis um die Landeshauptstadt Saarbrücken direkt gewinnen. Obwohl bei den letzten Kommunalwahlen vor zwei Jahren CDU-Mann Uwe Conradt die jahrzehntelange SPD-Regentschaft im Saarbrücker Rathaus gebrochen hat, ist die gesamte Struktur alles andere als eine CDU-Hochburg oder Selbstläufer für die ehemalige Ministerpräsidentin. Zudem hatte AKK (ebenso wie Heiko Maas) in den letzten Wochen bekanntermaßen anderes zu tun, als an Wahlkampfständen zu diskutieren und um Stimmen zu werben.
Alleine schon diese Ausgangslagen versprechen eine spannende letzte Wahlkampfphase um die Direktmandate. Und dabei ist noch nicht absehbar, wie sehr sich die Gesamtstimmungslage, die sich zugunsten der SPD entwickelt hat, auf die Erststimmen auswirken wird. Dazu kommt die Besonderheit, dass die Grünen im Saarland als Partei bei dieser Wahl nicht wählbar sind, weil sie keine gültige Landesliste zustande gebracht haben. Zwar treten in Wahlkreisen jeweils Grünen-Direktkandidaten an, die dürften aber nach dem vorausgegangenen Debakel nicht viel bewegen. Bleibt also offen, wohin sich bisherige Grüne-Anhänger orientieren.
Selten zuvor war der Wahlkampf in den Wahlkreisen so offen und damit spannend bis zur letzten Minute.