Das „Creta Mezedes Kouzina" hat eine neue Heimat. Stelios Chatzimichail ist mit seinem Lokal mit einem weinenden und einem lachenden Auge von Saarbrücken nach Diefflen umgezogen. Dort hat er viel mehr Platz, und jede Menge Ideen, diesen auszufüllen.
Zwei Jahre lang präsentierte Stelios Chatzimichail die Küche seiner Heimat in der Alt-Saarbrücker Saaruferstraße. Trotz der schwierigen Zeiten in den vergangenen 16 Monaten hatte er sich dort schnell ein treues Stammpublikum erarbeitet. Viele Gäste lieben seine Küche, die ihre Wurzeln in Chatzimichails Heimat Kreta hat. Dennoch war er mit den Begebenheiten vor Ort nicht so wirklich zufrieden, und so zog es ihn in den vergangenen Monaten immer stärker zurück in den Landkreis Saarlouis. Dorthin, wo ich ihn vor acht Jahren kennenlernte.
Jetzt hat der gebürtige Grieche im Gemeindehaus Diefflen neue Räume gefunden – mit viel Platz auf zwei Etagen und einer Außenbestuhlung auf zwei Seiten des Hauses. Hier hat er nun ganz andere Möglichkeiten als bisher in der Landeshauptstadt. Und er hat viele neue Pläne. Er möchte hier die traditionelle Küche Kretas mit der Klosterküche der Insel verbinden. „Das ist eine sehr gesunde Form des Kochens", erzählt er. Es geht um den Berg Athos und die sehr ursprüngliche Küche der Mönche dort. Diese hätten viele Rezepte des Heiligen Berges aufgeschrieben. Dreimal war er bereits dort, und von dort hat er seine neuen Rezepte mitgebracht. Ihm schwebt vor, eine Vermählung zwischen diesen Rezepten und der traditionellen Küche der größten der griechischen Inseln zu schaffen.
Neue Rezeptideen kommen gut an
Im Blog „Nicos Weinwelten" finde ich einige Infos zu den kretischen Mönchen. Dort steht zu lesen: „Innerhalb dieser (Kloster)Mauer sorgen etwa 20 Polizeistationen dafür, dass niemand eindringt und die klösterliche Ruhe des Unesco-Welterbes stört. Ein gewisser Mythos umrankt den selbstverwalteten monastischen Staat, also Staat im Staat, in dem etwa 2.200 griechische, serbische, bulgarische, russische und rumänische Mönche leben. Es ist der Ursprungsort der Orthodoxie, die gemäß der Religion und Lebensphilosophie der Byzantiner lebt. 2016 wurde das älteste Kloster 1.000 Jahre alt.(…) Die Küche der Mönche beschränkt sich auf die Zutaten, die auf dem heiligen Berg wachsen, was die Erde hergibt und was aus dem Meer kommt. Die Athos-Mönche ernähren sich somit zwangsläufig mit einer regionalen und saisonalen Bioküche. Sie essen kein Fleisch, sondern nur Fisch, Gemüse, Kräuter, Nüsse und Früchte. Jotta Polychronidou, TV-Chefköchin, kocht für uns mehrere Mönchs-Gerichte und erzählt: „Mönche braten und frittieren nicht. Stattdessen wird alles gekocht".
Die Geistlichen nutzen auf der Insel viele Kräuter, die im Garten wachsen. 80 Prozent der Zutaten stammen aus dem Wasser und dem Garten. Nur etwa 20 Prozent der Gerichte werden mit Fleisch zubereitet. Diese Art der Küche will er seinen Gästen näherbringen. Die ersten Erfahrungen zeigen, dass seine Gäste in Diefflen ihn auf diesem Weg begleiten wollen, denn diese Küche stößt bislang auf großes Interesse.
Er möchte seinen deutschen Gästen zeigen, wie in seiner Heimat Kreta gegessen wird. Dort gibt es keine großen Portionen, sondern wohlüberlegte Zusammenstellungen einmaliger Viktualien. Die Kreter essen lieber drei kleine Teller mit ihren unterschiedlichen Spezialitäten, als einen großen. Dafür sind sie bekannt und deshalb gibt es dort ja auch die Kultur der Mezedes, die griechischen Tapas. Viele unterschiedliche Schalen stehen dann auf so einem Tisch. Wohl überlegt und in sehr vielen Geschmacksrichtungen. In der Addition ist das nicht mehr als ein Hauptgang. Nur viel abwechslungsreicher und gesünder. Und auch viel geschmackvoller als eine große Portion.
Viele Deutsche glauben noch immer, die griechische Küche sei vor allem Gyros oder große Platten mit viel Fleisch. Aber hier glaubt man ja auch, Pizza „Sophia Loren" sei ein italienisches Gericht. Nein, es ist eine urdeutsche Erfindung. In Italien kennt niemand diese Rezeptur. Ähnliches gilt für die Vielfalt der griechischen Küche.
Viel Platz für Veranstaltungen
Stelios Chatzimichail erzählt bei unserem Treffen von den alten Zeiten auf Kreta. Geld gab es nicht viel, dafür hatten sie aber viele Ideen rund ums Thema Ernährung. Die Großmutter oder die Mutter kochten jeden Tag. Blieben Reste, wurden diese natürlich nicht weggeworfen. Sonntags gab es daraus ein ausgiebiges Familienessen. Der Sonntag war auch kulinarisch heilig. Man reichte meistens etwas Fisch oder Fleisch und sämtliche Reste der Woche. Diese wurden in kleinen Schälchen auf den Tisch gestellt. Folglich konnte jeder essen, was er wollte. So entstand die Mezedeskultur. Nach dem Essen trank man einen Raki. Der war gut für die Verdauung.
In seinen neuen Räumlichkeiten in Diefflen hat er jede Menge Platz, um seine Vorstellungen zu verwirklichen: „Wir haben eine große Halle, die Platz für bis zu 500 Personen bietet. Dazu zwei große Räume, von denen jeder etwa 80 Personen fasst. Vor dem Haus haben wir zudem einen schönen Garten, in den etwa 100 Gäste passen. Und hinter dem Haus ist auch noch reichlich Platz." Im kommenden Jahr möchte er dort ein eine Art Lunch anbieten. „Mit einem Glas Wein, etwas ruhiger Musik unter Oliven- und Zitronenbäumen. Eingerahmt in einem schönen Garten. Mit gutem Essen, etwa griechischer Käse", wie er betont.
Auch verschiedene Kulturveranstaltungen soll es im Haus geben: „Ich möchte, dass die Leute unsere Kultur kennenlernen. Unsere Musik etwa. Unsere Tradition", erzählt er. Das Ganze klingt viel mehr nach einem richtigen Kulturzentrum, statt „nur" einem Restaurant. Es soll Themenwochen geben, um beispielsweise griechische Produkte zu präsentieren, die in Deutschland vielen eher unbekannt sind.
Weine aus hier seltenen Rebsorten
Stelios Chatzimichail will seinen Gästen auch die junge Generation herausragender Winzer von Kreta vorstellen. In seinem Weinregal stehen einige Flaschen exzellenter Tropfen aus Kreta – bei einem Besuch einfach mal danach fragen. Die ersten Rebensäfte außergewöhnlicher kretischer Winzer hatte ich bei unserm Besuch entdeckt. Die Weinkarte ist zudem sehr informativ. Ich trank einen Orthi Petra, weiß und bio. Eine Cuvée. Die keltische Traube Vidiano ist wahrlich eine Entdeckung. Der Körper und die Säure stehen gleichberechtigt nebeneinander. Der Sauvignon Blanc ergänzt den Wein mit seiner lebendigen Frische und den komplexen Aromen. Natürlich stammt der Tropfen aus Kreta. Das Weingut heißt Domaine Zacharioudakis.
Und so lässt sich auf dieser Weinkarte viel Interessantes entdecken. Unbekannte Rebsorten, Cuvées, die viele Gäste so vermutlich noch nie getrunken haben. Eine Geschmacksvielfalt, breiter als die Insel. Natürlich auch mit den traditionellen Reben der Insel Kreta, etwa Assyrtiko. Wundervolle Tropfen. In Kreta sagen sie, der Siegeszug des Weins sei von ihrer Insel ausgegangen. Mit Weinen der Rebsorte Vilana. Die Griechen hätten den Wein nach Marseille verschifft und von dort aus sei er nach ganz Europa gekommen.
Zum Wein gab es bei meinem Besuch Mezedes. Ich bin absoluter Fan kleiner Teller mit großem Genuss. Stelios Chatzimichail und seine Küchencrew sind die absoluten Meister der Vielfalt. Ob aus dem Garten oder aus dem Meer, der Geschmack begeistert. Ein Besuch lohnt sich wirklich, denn diese kulinarische Vielfalt macht einfach glücklich…