Auf beeindruckende Art und Weise entledigt sich die Mannschaft des FCS des Themas Dennis Erdmann. Beim 3:1-Erfolg gegen Türkgücü München brillierten ein Routinier sowie zwei Neuzugänge.
Auf den Pressetribünen der Republik gehört es dazu, dass am Ende der 90 Minuten über den „Spieler des Spiels" philosophiert wird. Wie ein Lausbub musste Tobias Jänicke grinsen, als ihm in der Mixed Zone der Titel des besten Akteurs auf dem Feld zumindest verbal verliehen wurde. „Wenn ihr das so seht, muss es ja stimmen", sagte der 32-jährige Routinier lachend, „aber ich denke, wir haben als Mannschaft insgesamt ein gutes Spiel gemacht."
Dabei gehörte der obligatorische Fehlstart auch gegen Türkgücü München wieder dazu. Mit der ersten gefährlichen Aktion gingen die Gäste in Führung. Acht seiner neun Gegentore hat der FCS zu Hause bekommen, „alle Neune" gab es zudem vor der Pause. „Das ist eine Geschichte, die mich ein bisschen rätseln lässt", musste Trainer Koschinat einräumen, während Jänicke trocken analysierte: „Nach dem Rückstand waren wir dann auch mal wach und haben gut ins Spiel gefunden."
„Nach dem Rückstand waren wir auch mal wach"
Angestachelt vom frenetischen Publikum entfachte der FCS ein Offensiv-Feuerwerk, präsentierte sich spielfreudig und agierte nicht ausschließlich mit langen Bällen auf Prellbock Adriano Grimaldi. Dass der Ausgleich durch den Kopfballtreffer von Pius Krätschmer nach einem ruhenden Ball fiel, passte dabei gar nicht so ins Bild. Vorhergegangen war allerdings ein regelrechter Belagerungszustand im Münchener Strafraum, an dem Jänicke maßgeblich beteiligt war. Noch vor der Pause hatte der FCS die Partie schließlich gedreht, wieder waren Jänicke und der enorm agile Minos Gouras beteiligt und Rückkehrer Sebastian Jacob vollendete nach seiner Verletzungspause per Kopf. Nach der Pause bediente dann Grimaldi noch einmal Gouras, wobei die Balleroberung des starken Alexander Groiß die halbe Miete des Treffers ausmachte. Was danach kam, bezeichnete der sichtlich zufriedene Trainer als „reife Leistung", bei der seine Mannschaft „die richtige Balance aus Ballhalten und dem Versuch, Konter zu starten" gefunden habe.
Nach neun Spieltagen hat der FCS 15 Punkte auf der Habenseite. Auffallend ist das enorme Leistungsgefälle. Schwachen Auftritten wie zu Hause gegen Osnabrück oder in Würzburg folgten Gala-Spiele wie gegen Duisburg oder jetzt eben gegen Türkgücü. Manchmal – wie gegen Wehen Wiesbaden – zeigt das Team sogar zwei grundverschiedene Halbzeiten. „Wir haben unsere Mitte noch nicht ganz gefunden. Daran müssen wir arbeiten. Unser erstes Ziel muss es sein, dass wir gar nicht erst nach unten schauen müssen. Wenn wir 45 Punkte haben, können wir im Frühjahr dann doch vielleicht mal über andere Ziele sprechen", sagte Jänicke.
Der Erfolg gegen die Gäste aus der bayerischen Landeshauptstadt war aus mehrerer Hinsicht ein Befreiungsschlag. Zum einen hat das Team die Debatte um die Sperre für Verteidiger Dennis Erdmann gut weggesteckt. „Die Mannschaft hat sich im Endeffekt weniger Gedanken gemacht als ich. An mir geht das nicht spurlos vorbei, ich trage ja auch die Gesamtverantwortung", sagte Koschinat. Kapitän Manuel Zeitz hatte bereits vor dem Spiel davon gesprochen, „dass die Sache in der Kabine kein großes Thema mehr ist."
Erdmann wurde vom DFB-Sportgericht für acht Wochen gesperrt, der Einspruch des FCS war zu Wochenbeginn noch nicht terminiert. Zum anderen kommt hinzu, dass Neuzugang Pius Krätschmer als linker Innenverteidiger nicht nur sein erstes Tor für den FCS erzielte, sondern bisher auch sein bestes Spiel absolvierte. „Ich glaube, ich habe seit der U11 kein Kopfballtor mehr gemacht. Aber am Ende zählt die Gesamtleistung. Ich hatte ein Jahr lang fast keine Spiele unter Wettkampfbedingungen, das hat man gemerkt", sagte Krätschmer, der vom Trainer angesichts der personellen Lage mit auf den Weg bekam, „im Schnelldurchlauf im Herrenfußball" ankommen zu müssen. Die Gedankenspiele Koschinats, den technisch versierten Linksfuß bei verbesserter Personalsituation ins zentrale Mittelfeld zu beordern, könnten sich auch erledigt haben, weil Alexander Groiß an der Seite von Luca Kerber richtig auftrumpfte: „Ich war mir bewusst, dass sich der Spieler steigern wird. Die Innenverteidiger spielen gern mit ihm, weil er seine Position sehr genau hält", sagte Koschinat.
Angriffs-Duo Jacob und Grimaldi harmoniert gut
Dennoch wollte der FCS nicht mit zwei Innenverteidigern in die nächsten Wochen gehen. Am Dienstag verpflichtete der Verein den 24-jährigen Lukas Boeder, der zuletzt beim Drittligisten Hallescher FC unter Vertrag stand und bereits mehr als 100 Spiele in der 3. Liga absolviert hatte.
Und: Am Samstag wurde erstmals deutlich, welche Qualität das Angriffsduo Grimaldi und Jacob entwickeln kann. Der 28-jährige Saarlouiser zählt in körperlich guter Verfassung zu den besten Angreifern der Liga und ist die ideale Ergänzung zu Sturmtank Grimaldi. Gegen Türkgücü sah das Offensivspiel der Blau-Schwarzen jedenfalls richtig gut aus. „Aber wir müssen sehen, dass wir nun Konstanz in unsere Leistungen bringen", sagte Jänicke.