Der Autor Martin Schäuble ist zu Gast bei der Europäischen Kinder- und Jugendbuchmesse Saarbrücken und wird aus seinem Roman „Cleanland" lesen.
Herr Schäuble, Sie sind für Ihre kritischen Jugendbücher bekannt, die zum Nachdenken und Diskutieren anregen. Gilt dies auch für „Cleanland"?
Ich denke schon. Junge wie alte Leserinnen und Leser durchleben die Covid-19-Pandemie, sammeln eigene Erfahrungen. Und ein Buch, das „nach den großen Pandemien" spielt, lädt natürlich noch mehr zum Nachdenken ein.
Der Roman erschien im Herbst 2020, als die zweite Corona-Welle heranrollte und die Regeln nach und nach wieder verschärft wurden. Waren Sie von den vielen Parallelen zwischen „Cleanland" und der Realität überrascht?
Es passiert mir leider immer wieder: Ich schreibe eine Dystopie, blicke kritisch und düster auf ein Szenario in der Zukunft und dann holt mich die Realität fast ein. Bei meinem Buch „Die Gescannten" tragen alle im Jahr 2048 einen Chip zur Gedankenübertragung. Inzwischen erforscht Facebook Implantante, die mich sehr daran erinnern.
Die 15-jährige Schilo, die Heldin von „Cleanland", akzeptiert anfangs die strengen Vorschriften im „Land der Reinen", zum Beispiel nur eine einzige registrierte Freundin zu haben. Doch dann kommen ihr Zweifel…
Sie verliebt sich in den Falschen, in Toko. Der arbeitet als Cleaner, muss nachts die Wohnungen desinfizieren und alles mit dem sogenannten Antisept sauber machen. Denn so ein „Land der Reinen" braucht ja eine Armee an billigen Arbeitskräften.
In Ihrem viel beachteten Jugendroman „Endland" beschäftigten Sie sich mit der Frage, wie unser Land aussähe, wenn es von einer rechtsnationalen Partei regiert würde. Es wäre ein Ort der Kontrolle und der Einschränkungen – genauso wie „Cleanland", wo vielfältige Gesetze die Menschen vor Krankheiten schützen, aber auch einschränken. Wollen Sie Ihre jugendlichen Leser zum Kampf für die Freiheit ermutigen?
Eher so vielleicht: Bleibt kritisch, hört zu, fragt nach und wenn es zu einfache Antworten sind, wenn von der „einzig wahren Wahrheit" gesprochen wird, dann fragt noch mehr nach. Bei „sein Reich" geht es zum Beispiel um wirre Verschwörungstheorien, bei „Cleanland" um einen übermächtigen Staat, der absolute Gesundheit verspricht.
Welchem brisanten Thema werden Sie Ihr nächstes Buch widmen?
Ich stecke gerade in der Drehbuch-Entwicklung von „sein Reich". Daher ist da gerade nicht so viel Zeit für Neues – doch in der Schublade schlummern natürlich ein paar Ideen.