Als sexy Penny in der TV-Kult-Serie „The Big Bang Theory" verdrehte sie nicht nur den Nerds next door jahrelang den Kopf. Als Flugbegleiterin mit starkem Hang zu Schnaps und Sex hat sich Kaley Cuoco mit ihrer neuen Serie „The Flight Attendant" neu erfunden.
Es ist schon ein kleines Kunststück, das Kaley Cuoco da gelingt. Haben wir sie doch noch alle aus der Kult-Serie „The Big Bang Theory" gut vor Augen, wo sie als Penny zwölf Jahre lang als sexy Sidekick von Leonard Hofstadter und Sheldon Cooper – beide geniale Physiker-Nerds mit alarmierenden sozialen Defiziten – das Salz in der Suppe war. Und jetzt? Erfindet sie sich neu.
Mit einem Mordskater erwacht Cassie Bowden (Kaley Cuoco) in einer Luxus-Hotelsuite in Bangkok. Die lebenslustige Flugbegleiterin einer US-Airline hat sich schon während des Flugs den schwerreichen Passagier Alex Sokolov („Game of Thrones"-Star Michiel Huisman) gekrallt und sich mit ihm zum Dinner verabredet. Es folgt eine wilde Nacht mit viel Alkohol und heißem Sex. Als sie am Morgen danach die Augen aufschlägt, entdeckt sie ihren One-Night-Stand-Lover in einer Blutlache neben sich im Bett, seine Kehle ist aufgeschlitzt. Schock! Panik! Was war passiert? Cassie hat einen Filmriss und kann sich an nichts erinnern. Hat sie etwa im Vollrausch Alex massakriert? Aus Angst vor der thailändischen Polizei verwischt sie hektisch ihre Spuren und verlässt auf Zehenspitzen den Tatort, vergisst allerdings ihren Pass. Sie schafft es trotzdem, nach New York zurückzufliegen. Dort wird sie von FBI-Beamten zu ihrem Aufenthalt in Bangkok befragt: Die Leiche von Alex wurde inzwischen natürlich entdeckt. Und Cassie wird nun nicht nur als potenzielle Mörderin, sondern auch noch als Spionin verdächtigt. Leider kann sie sich immer noch nicht daran erinnern, was in dieser Nacht tatsächlich passiert ist. Sie hat schemenhafte Flashbacks und Halluzinationen. Ganz plötzlich steht Alex leibhaftig vor ihr, blutüberströmt, mit klaffender Gurgel-Wunde – und will reden! Cassie ist kurz davor, vollkommen den Verstand zu verlieren. In höchster Verzweiflung fasst sie sich ein Herz und versucht auf eigene Faust herauszufinden, wer der Mörder ist.
Schauspielerisches Talent mit viel Witz und Charme
Schon nach zehn Minuten der ersten Episode von „The Flight Attendant" überzeugt Cuoco voll und ganz; durch ihre Tour-de-force-Performance als Wodka-süffelnde, erotisch überhitzte, leicht durchgeknallte Flugbegleiterin Cassie lässt sie ihr Blondinen-Image ein für allemal hinter sich. Dabei lässt sie nicht nur ihr schauspielerisches Talent aufblühen, sondern erweckt die chaotische Cassie mit viel Witz und Charme zum Leben. Schnell entwickelt sich diese schwarze Komödie mit ihren vielen überraschenden Wendungen zu einem packenden Murder-Mystery-Thriller. Und mit jeder Menge Drama. Denn Cassie ist viel mehr als nur das lebenshungrige Partygirl mit Sex-Appeal. Sie hat ein tief sitzendes Trauma, das von ihrem alkoholkranken Vater herrührt.
Kaley Cuoco hat zwar nicht explizit nach einer neuen TV-Show Ausschau gehalten, die von „Big Bang" so weit entfernt wie nur möglich wäre, doch sie war sehr froh, in „The Flight Attendant" eine derart hochkomplexe Rolle zu spielen, wie sie erzählt. Denn Cassie habe ihr die Möglichkeit eröffnet, „in fast jeder Szene jede Emotion abzurufen, die der Menschheit überhaupt bekannt ist. Ich bin sehr glücklich, dass ich mit dieser Serie die Gelegenheit hatte, mir und der Welt endlich beweisen zu können, dass ich auch etwas ganz Neues machen kann."
Etwas Neues in der Tat. Statt als Penny Leonards Minderwertigkeitskomplexe zu pflegen oder Sheldon mit dem Kinderlied „Soft Kitty" in den Schlaf zu singen, hat sie als Cassie Sex auf der Flugzeug-Toilette, säuft im Minutentakt jede Minibar leer und lügt, dass sich die Balken biegen. Apropos Sex vor der Kamera, dazu hat Cuoco eine sehr spezielle Anekdote: „Ich gestehe, dass ich in dieser Hinsicht eine TV-Jungfrau bin", lacht sie. „Als ich mit Michiel auf dem riesigen Hotelbett Sex haben sollte, habe ich so getan, als ob ich auf ihm reiten würde – sehr vorsichtig, um weiter unten nur ja keine falschen Stellen zu berühren. Nach einer Weile meinte er trocken: ‚Du hockst auf mir wie auf einem öffentlichen Klo …‘ Wir haben uns halb totgelacht!"
„The Flight Attendant" ist Cuocos Baby, auf das sie stolz ist. Sie hat die gleichnamige Buchvorlage von Chris Bohjalian entdeckt, daraus eine achteilige Serie gemacht und sie mit ihrer Firma Yes, Norman Productions (benannt nach einem ihrer vielen Hunde) produziert. Sie ist verantwortlich für den coolen Look der Show, für die perfekt getimte Situationskomik, aber auch für den dunkel-düsteren Ton und natürlich für die hochklassige Besetzung, darunter Zosia Mamet, Rosie Perez und Michelle Gomez. Das Selbstvertrauen, sich diesen neuen Herausforderungen zu stellen, hat sie ihrer Familie zu verdanken: „Ich habe ein sehr gutes privates Umfeld. Ich habe Eltern, die mich von Kindesbeinen an immer in dem bestärkt haben, was ich tue. Und die mich sofort wieder aufgebaut haben, wenn ich mal down war. Meine Mutter sagte dann immer: ‚Vergiss nicht, du kannst alles sein, was du sein willst!‘ Das hat mir jedes Mal wieder neue Lebenskraft gegeben. Und es hat mich mutig gemacht. Abenteuerlustig. Ich habe mich ausprobieren können – und zwar ohne angezogene Handbremse."
„Ich bin keiner Rauferei aus dem Weg gegangen"
Im sonnigen Kalifornien geboren und aufgewachsen, war Kaley Cuoco als Teenager ein ziemlicher Wildfang und hat viel lieber Dinge gemacht, die normalerweise eher Jungs begeistern. „Mit meinem Vater habe ich Football und Baseball gespielt, außerdem leidenschaftlich gern Tennis. Und da wir Pferde hatten, bin ich nicht nur geritten wie der Teufel, sondern habe auch oft den Stall ausgemistet. Ich bin auch keiner Rauferei aus dem Weg gegangen, auch nicht mit Jungs. Mein Vater sagte gern, ich wäre der Sohn, den er nie hatte. Ich war wirklich ziemlich wild."
Mit dem großen Erfolg von „The Flight Attendant" – die zweite Staffel wird gerade gedreht, übrigens unter anderem in Berlin – und Kaley Cuocos Emmy-Nominierung in der Kategorie Hauptdarstellerin in einer Comedy-Serie ist sie ihrem großen Vorbild Jennifer Aniston schon ziemlich nahe gekommen. „Jennifer hat es nach ‚Friends‘ geschafft, sich in Hollywood eine neue Karriere als Filmschauspielerin und als Serien-Star aufzubauen. Das habe ich immer bewundert. Und das ist auch mein Ziel. Aber ich weiß, das braucht Zeit. Aber der Anfang ist jetzt gemacht."
Ob sie eine Powerfrau ist? Bei dieser Frage beginnen Kaley Cuocos grüne Augen zu leuchten: „Oh, sicher. Ich liebe diesen Ausdruck. Powerfrau. Ja! Warum? Sicher nicht wegen des Geldes oder der damit verbundenen Popularität. Nein, ich bin eine Powerfrau, weil ich mein Leben kontrollieren kann. Weil ich mein Schicksal selbst in die Hand nehme. Ich bin seit 30 Jahren im Filmbusiness. Und ich habe es tatsächlich hingekriegt, dass ich nicht untergebuttert wurde. In dieser Branche ist es sehr leicht, auf falsche Versprechungen hereinzufallen. Vor allem wenn man noch sehr jung und unerfahren ist. Oder sich blenden zu lassen. Nicht mit mir."
Kaley Cuoco feiert im November ihren 36. Geburtstag und hat sich noch immer diese unverstellte Offenheit, ja Verspieltheit bewahrt. Da sie auch deutsche Wurzeln hat, möchte man wissen, ob sie wohl auch Deutsch kann. „Nur ein einziges Wort: Schnaps!", gluckst sie. Und wie würde sie sich selbst mit vier Worten beschreiben? „Ich bin humorvoll, albern, großzügig – und laut!" Bleibt also zu hoffen, dass es noch viel von Kaley Cuoco zu hören und sehen gibt.