Es ist der letzte James-Bond-Film mit Daniel Craig in der Hauptrolle – Nachfolge offen. „Keine Zeit zu sterben" wurde lange erwartet, oft verschoben und läuft nun seit 30. September im Kino. Der neue Streifen kommt actionreich und düster daher.
Zwei weiße Kreise wandern über den schwarzen Hintergrund auf der Leinwand, treffen sich, ein kreisrunder, an die Optik eines Pistolenlaufs erinnernder Tunnel entsteht, und von rechts kommt festen Schrittes ein Mann ins Bild. Er zielt mit einer Pistole, drückt ab, und normalerweise sollte nun rotes Blut das Bild herunterlaufen. Doch beim neuen „Bond" verschwindet stattdessen der Mann, scheint sich langsam in Luft aufzulösen. Ein Zeichen, dass in dem Film für Bond nichts sicher sein wird, gleich in den ersten Sekunden von „Keine Zeit zu sterben".
Mit Daniel Craig als James Bond wurde in „Casino Royale" (2006) der Doppelnull-Agent sehr menschlich – er war verwundbar, hatte Schmerzen und weitere Gefühle. Und im Laufe der Filme erlebten wir, wie aus ihm ein gefestigter Agent wurde, dessen Verhältnis zu seinem Arbeitgeber dann aber immer mehr Risse bekam. Der neue Film bildet den Abschluss der Reihe der fünf Bond-Filme mit Craig. Der mit 163 Minuten bisher längste Bond-Streifen greift eine Vielzahl von losen Enden der Handlungsstränge auf und führt sie zusammen – in eine Richtung, die nicht nach dem Geschmack aller Zuschauer sein dürfte. Dabei ist der Film, der unter der Regie von Cary Joji Fukunaga entstand, recht düster geraten; lustige Momente sind selten. Action gibt es dafür reichlich zu sehen, und Bond bekommt es mit einem neuen Gegner zu tun: Lyutsifer Safin (Rami Malek), der auf die Organisation Spectre gar nicht gut zu sprechen ist. Und natürlich trifft er auch wieder auf seinen Erzfeind Ernst Stavro Blofeld (Christoph Waltz).
Lose Enden zusammengeführt
Inhaltlich schließt der neue Film an das Ende von „Spectre" an, bei dem James Bond und seine neu gewonnene Freundin Madeleine (Léa Seydoux) im Aston Martin DB5 ins Ungewisse fahren. Vorangestellt ist der Handlung aber ein Rückblick in die Kindheit Madeleines, eine traumatische Erinnerung, von der sie Bond schon in „Spectre" erzählt hatte. Im Anschluss springt der Film zurück zu Bond und Madeleine, zeigt ihre Ankunft in der italienischen Felsenstadt Matera. Nach einer Liebesnacht besucht Bond den Friedhof der Stadt, auf dem Vesper Lynd begraben ist, in die er verliebt war, die aber in „Casino Royale" ums Leben gekommen ist. Doch auf dem Friedhof wartet eine Sprengfalle auf ihn, und beim Weg zurück in die Stadt kann er sich gerade noch vor den Killern von Spectre in Sicherheit bringen. Bei einer Verfolgungsjagd im Aston Martin wirft Bond Madeleine Verrat vor – und setzt sie anschließend am Bahnhof der Stadt in einen Zug. Sie werde ihn nie wiedersehen, sagt er ihr.
Es folgt die Titelsequenz mit dem Song von Billie Eilish. Und der Beginn der eigentlichen Handlung, die rund fünf Jahre später spielt: Aus einem Geheimlabor in London wird ein Wissenschaftler entführt und eine Waffe gestohlen, mit der sich auf Basis von Gendaten gezielt Menschen umbringen lassen. James Bond hat den britischen Geheimdienst MI6 verlassen und genießt sein Leben auf Jamaika. Dort kontaktiert ihn Felix Leiter (Jeffrey Wright), sein Freund von der CIA, und bittet ihn, den entführten Wissenschaftler zu befreien, der inzwischen auf Kuba festgehalten wird. Kurz darauf taucht die britische Agentin Nomi (Lashana Lynch) bei Bond auf, die – wie er kurz darauf erfährt – von ihm die Nummer 007 übernommen hat. Sie sagt ihm, dass er sich aus der Sache heraushalten soll. Klar, dass Bond das nicht tut.
Viele Anspielungen auf alte Bond-Filme
Über den Film verteilt sind zahlreiche Anspielungen auf ältere Bond-Filme. M’s Frage „Wo ist 007?" etwa und der darauf folgende Schnitt auf Daniel Craig in einem Boot – der allerdings, wie sich später herausstellt, gar nicht gemeint ist. Auch Komponist Hans Zimmer greift für den Soundtrack immer wieder Motive aus alten Filmen auf und baut sie in die neuen Stücke ein.
„Keine Zeit zu sterben" hat vom Plot her viel mit den klassischen Bond-Filmen gemein: ein Bösewicht, der die Welt bedroht, Reisen zu spektakulären Orten, an denen Bond seinem Gegner näherkommt, und ein furioser Showdown, diesmal in einer riesigen, vom Bösen beherrschten Anlage – all das haben wir in den alten Filmen immer wieder gesehen. Gleichzeitig hat sich aber vieles geändert, die Frauen im Film etwa sind viel stärker geworden. Zu nennen wäre da neben der relativ glatt gezeichneten Nomi vor allem die Agentin Paloma (Ana de Armas), die Bond auf Kuba zur Seite steht. Zwar ist sie ihrer eigenen Aussage nach eine Berufseinsteigerin mit gerade einmal drei Wochen Training, trinkt dabei den Wodka Martini (geschüttelt, nicht gerührt) auf ex und beweist am Ende doch noch eine bemerkenswerte Schussfertigkeit.
Und dann gibt es noch eine Überraschung: In London, wo Bond sich nach dem nicht ganz nach Plan verlaufenen Kuba-Einsatz hinbegibt, trifft er wieder auf Madeleine. Und die hat inzwischen eine kleine Tochter: Mathilde. Das bringt ein bisschen Familien-Atmosphäre in den Film, und eine Verfolgungsjagd mit Kind auf dem Rücksitz ist auch für Bond etwas Neues.