Viktoria Berlin hat nach zwei Niederlagen wieder ein kleines Erfolgserlebnis eingefahren. Nun bittet der nächste Traditionsclub zum Duell.
Viktoria Berlin schwebte lange Zeit auf einer Erfolgswelle – für manche Spieler vielleicht zu lange. Jedenfalls machte Trainer Benedetto Muzzicato die zwei Niederlagen gegen den SC Freiburg (0:2) und TSV Havelse (3:4) auch die Tabelle verantwortlich, die den Aufsteiger beständig auf den ersten beiden Plätzen auswies. Diese berechtigen am Saisonende zum Aufstieg in die 2. Liga, und genau damit hatten sich einige im Team wohl schon zu sehr beschäftigt. Plötzlich fehlte etwas die Leichtigkeit, die letzte Konzentration. Das sei „bitter", sagte Muzzicato, schließlich habe man intern „davor gewarnt, nicht auf die Tabelle zu schauen."
Zudem scheint es, als könne Viktoria in der 3. Liga den Überraschungseffekt nicht mehr ausspielen. „Welpenschutz vorbei", titelte das Boulevardblatt „B.Z.", „Gegner haben Viktoria auf dem Schirm". In der Tat haben sich die Kontrahenten besser auf die Stärken der Berliner eingestellt, die Schwächen nutzen sie besser aus. Und so wertete Muzzicato das jüngste 1:1 bei Traditionsclub 1860 München auch als Erfolg. „Ich kann meinen Jungs ein ganz großes Kompliment machen für ihre Courage und ihr Engagement", sagte der Trainer.
Das Unentschieden ist auch vor dem Hintergrund der chaotischen Anreise als positiv zu bewerten. Achteinhalb Stunden saß das Team im Bus, denn die Ankunft in München hatte sich für den Hauptstadtclub durch diverse Staus erheblich verzögert. „Die Busfahrt steckte noch in den Knochen, das war so nicht geplant", so Muzzicato. Doch als die Spieler ins Grünwalder Stadion vor 10.000 Fans einliefen, war die Spiellaune wieder da. „Die Kulisse hat gestimmt. Das sind Spiele, die einen auch motivieren", meinte Muzzicato.
„Welpenschutz" für Viktoria vorbei
Am Freitag (15. Oktober, um 19 Uhr) kommt es zum Auftakt des zwölften Spieltags gleich zum nächsten Duell gegen einen Traditionsclub. Zweitliga-Absteiger VfL Osnabrück tritt im Jahnsportpark an – und das mit reichlich Wut im Bauch. Die 0:1-Heimpleite gegen den FSV Zwickau habe sicherlich „noch mal für schlechte Stimmung gesorgt", glaubt Muzzicato, „und sie wissen, dass es gegen uns nicht viel leichter wird." Der Viktoria-Coach geht davon aus, dass der um einen Punkt schlechtere Absteiger voll auf Sieg spielen wird. Doch das will sein Team auch – selbst wenn es dabei wie gegen Freiburg und Havelse in sein Verderben rennt.
„Wir wollen immer nach vorne und verlieren ab und an die Balance", sagte Muzzicato: „Das ist aber ein Spiel, das ich sehen möchte, mit viel Risiko." Er bevorzuge in jeder Situation die spielerische Lösung, und für den attraktiven Fußball nehme er „auch mal eine Niederlage in Kauf". Denn er ist davon überzeigt, dass sein Ansatz mittel- und langfristig der erfolgreichere ist. Für diesen riskanten Spielstil müssten aber alle bereit sein, über 90 Minuten auch nach hinten zu arbeiten. „Das sind Sachen, an denen wir arbeiten müssen", weiß Muzzicato.
Karim Benyamina, der im gehobenen Berliner Amateurfußball für viele Clubs aktiv war, von 2016 bis 2017 auch für Viktoria, ist ein bekennender Fan des Muzzicato-Fußballs. „Mir gefällt das gut", sagte der 39-Jährige, der seit dieser Saison beim Berlin-Ligisten 1. FC Wilmersdorf ebenfalls ins Trainergeschäft eingestiegen ist: „Sie spielen attraktiv und ohne Angst. Damit haben sie viele Punkte geholt. Ich finde, der Trainer macht alles richtig." Benyamina verfolgt genau, was bei Viktoria passiert – zumal dort auch sein Bruder Soufian unter Vertrag steht.
Soufian Benyamina durfte gegen 1860 München von Beginn an als Mittelstürmer auflaufen. Seine beste Szene hatte der Deutsch-Algerier nach einer Stunde, als er eine Ecke herausholte, die zur 1:0-Führung durch Tobias Gunte führte. Von Bruder Karim gab es aber auch Lob für den Torschützen, mit dem er auch schon zusammen gekickt hat: „Gunte ist sehr athletisch, hat eine super Sprungkraft. Ich gönne ihm das Tor sehr." Auch Viktoria-Trainer Muzzicato meinte: „Für seine Körpergröße macht er das noch viel zu selten."