Erneut verspielt der 1. FC Saarbrücken eine Führung und muss sich auch gegen Eintracht Braunschweig mit einem Unentschieden zufriedengeben. Für ganz nach oben wird es so nicht reichen.
Der Sündenbock war für Fans und Trainer schnell gefunden. Pius Krätschmer hatte einen rabenschwarzen Tag. Beim zwischenzeitlichen Ausgleich zum 1:1 vertändelte er den Ball, beim 2:2 stolperte er die Kugel ohne Not ins eigene Tor. Für den äußerst talentierten 24-Jährigen, der ohne Spielpraxis gegen Ende der Transferperiode aus Nürnberg kam, ein Tiefpunkt. Coach Uwe Koschinat hatte bereits vor Wochen angemahnt, Krätschmer möge schleunigst auf Herrenfußball umstellen. „Zum Ergebnissport Fußball gehört auch dazu, ein Gefühl dafür zu entwickeln, wann drei, vier Aktionen gut gegangen sind. Aber wann spüre ich, dass meine Mannschaft eine andere Form von Hilfe aus der Abwehr heraus braucht? Da tut Pius auch gut, mal gegen die Kugel zu treten." Der gebürtige Ulmer stehe „an der Schwelle, zu entscheiden, kann er diesen entscheidenden Schritt gehen, oder wird er immer so fehlerbehaftet sein, dass man sich am Ende die Frage stellen muss, kann man das in der 3. Liga verkraften", kritisierte Koschinat.
Doch die Kritik an Krätschmer greift teilweise auch zu kurz. Der Qualitätsverlust durch die Verletzungen von Steven Zellner und Boné Uaferro in der Innenverteidigung ist mehr und mehr spürbar. Der zunächst als Backup verpflichtete Dennis Erdmann ist gesperrt, hat zudem aufgrund von Kniebeschwerden seit Wochen nicht mit der Mannschaft trainiert. Koschinat hat wenig Zweifel daran gelassen, dass er Krätschmer perspektivisch auf einer vorderen Position sieht. Er ist sozusagen der Ersatz für den Ersatz, und fairerweise muss angemerkt werden, dass Krätschmers Stärken in der Spieleröffnung das Aufbauspiel des FCS auf ein anderes Level gehoben haben, als dies mit dem Duo Erdmann und Manuel Zeitz der Fall war.
Doch die Innenverteidigung ist nicht die einzige Problemzone, die der FCS während der Länderspielpause zu besprechen hat. Neben dem immer stärker werdenden Luca Kerber ist die zweite Position im zentralen Mittelfeld eine einzige Baustelle. „Königstransfer" Dave Gnaase ist bislang ein einziger Flop. Alexander Groiß spielte mit Licht und Schatten, gegen Braunschweig war er ganz schwach und maßgeblich am späten Ausgleich beteiligt. Dass Koschinat gegen die Eintracht Neuzugang Lukas Boeder in der Schlussphase ins Zentrum beorderte und Kerber auf die Zehn schickte, war, vorsichtig formuliert, nicht erfolgreich. Boeder fand gar nicht ins Spiel und lief nur hinterher. In Halle wurde er zudem stets als Innen- oder Rechtsverteidiger eingesetzt.
Innenverteidigung ist nicht die einzige Problemzone
Vorne funktioniert das Duo mit Minos Gouras und Adriano Grimaldi prächtig, während die rechte Seite, auf der Nicklas Shipnoski in der Vorsaison zum überragenden Akteur avancierte, mehr oder weniger verwaist ist. Routinier Tobias Jänicke müht sich redlich, ist aber im Zentrum besser aufgehoben. „Unterschiedsspieler" Robin Scheu ist bislang häufiger auf der Pritsche des Physiotherapeuten zu finden als auf dem Trainingsplatz. Gegen Braunschweig stand er nach seiner dritten Verletzung überraschend wieder im Kader und erhielt als Einwechselspieler noch den Vorzug vor Maurice Deville, der sich Richtung Nationalmannschaft verabschiedete und so noch einmal mit auf den Weg bekam, dass sich seine Aktien gerade im Keller befinden.
Wie schon in Meppen wurde aber auch deutlich, dass der Kader derzeit über keine nennenswerten Optionen in der Offensive verfügt, wenn es darum geht eine Führung zu verwalten. Schnelle Spieler, die in der Lage sind, tiefe Läufe zu starten, fehlen leider. Auch daher rührt es, dass sich der FCS gegen Braunschweig sehr stark zurückfallen ließ und die Entlastung ausschließlich mit langen Bällen auf den starken Grimaldi suchte. „Fuchsteufelswild macht mich, dass wir keine Tore bekommen aus herausragenden Aktionen des Gegners, sondern sie uns zum Teil selber reinschießen." Das mache den „guten Gesamteindruck kaputt", kritisierte Koschinat.
Allerdings war das Unentschieden gegen Braunschweig leistungsgerecht. Der Zweitligaabsteiger dominierte die zweite Hälfte und kam unabhängig von Krätschmers Aussetzern zweimal verdient zurück. Beim 1. FCS stimmten Teile der ersten Halbzeit, an deren Ende eine verdiente 1:0-Führung durch Grimaldi stand. Im zweiten Abschnitt war Luca Kerbers Traumtor zum zwischenzeitlichen 2:1 die einzig nennenswerte Offensivaktion. Es war das erste Tor für den 19-Jährigen, der bisher als einziger Feldspieler konstant starke Leistung gebracht hat. „Ich habe gesehen, dass da eine kleine Lücke ist zwischen den Spielern und habe das lange Eck auch anvisiert. Es ist natürlich schade, dass es nicht zu einem Sieg gereicht hat", sagte der defensive Mittelfeldspieler zu seinem Premieren-Treffer und holte sich noch ein Lob vom Trainer ab: „Er ist ein Spieler, den du dir als Trainer wünschst. Er arbeitet hart an sich, ist sehr wissbegierig", sagte Koschinat, der bis zum Spiel beim Halleschen FC Zeit hat, um die „nervigen Fehler", wie er sie nennt, abzustellen.