Die „Brüsseler Stuben" in Saarbrücken stehen für üppige und schmackhafte Hausmannskost im besten Sinne. Hier finden sich klassische Gemüse wie Blumenkohl, Kohlrabi und Schwarzwurzeln, die man sonstwo mittlerweile häufig vergeblich sucht.
Seit vielen Jahren halte ich immer die Augen offen, um Wirtshäuser zu finden, die noch die Küche von Großmutter und Mutter zelebrieren. Die Küche meiner Kindheit und Jugend, die gibt es in Frankreich noch genauso wie auch in Deutschland. In den 1970er-Jahren bauten noch viele Familien ihr eigenes Obst und Gemüse an. Und ich erinnere mich bis heute, wenn meine Mutter mich in den Garten schickte, um die reifen Erdbeeren zu pflücken. Das war ein besonderes Erlebnis, ein Geschmack, den ich wohl nie vergessen werde.
Vor Kurzem wurde ich wieder fündig. In den „Brüsseler Stuben" fand ich eine saarländische Küche mit all ihren Spezialitäten. Betreiberin dort ist seit 2016 Eva Gapp, und hier kocht die Chefin noch selber. Gapp verfügt über langjährige Erfahrung in der Gastronomie. Sie war früher in beliebten Gasthäusern in Alt-Saarbrücken tätig, etwa im „Alten Rathaus", bei „Nedim" im Brückentor und in der „Kalesche". Alle am Nantaiser Platz oder in unmittelbarer Nähe. In der Küche der „Brüsseler Stuben" wechselt sie sich mit ihrer Tochter Isabelle ab. Isabelle kocht mittags, Eva Gapp abends. „Wir machen hier Hausmannskost, alles selber gekocht", betonte Isabelle Gapp. „Die Mehlschwitze schön mit Mehlbutter, so wie es sich gehört. Und natürlich saisonal wird gekocht."
Das Speisenangebot ist eine klassische Aufzählung vor allem regionaler Gerichte. Dazu gibt es saisonale Angebote auf den kleinen Tableaus, die überall im Wirtshaus hängen. Im Herbst sind das beispielsweise Pilzgerichte oder Kürbisgerichte und Muscheln. Im Frühjahr kommt selbstverständlich Spargel auf den Tisch und im Winter natürlich Schwarzwurzeln. Auf den Tafeln bieten die Betreiber eine Küche des Marktes an. Sei es vom Schwein ein Stielkotelette oder Schnitzel „Wiener Art", Rindergulasch mit Klößen, Fisch oder ein Tafelspitz mit Meerettichsauce. Frisch und qualitativ hochwertig müssen die Produkte sein. Und saisonal, also nicht Spargel und Erdbeeren an Weihnachten aus Peru oder Südafrika, sondern dann, wenn diese Produkte bei uns reif sind. So wird hier gearbeitet!
Regionale Rezepte stehen im Mittelpunkt: Lyoner in mehreren Varianten, auch als Salat, Dibbelabbes, hoorische Knepp, hausgemachte Linsensuppe mit Kochmettwurst und Rinderrouladen mit Klößen und Bohnen. Oder auch klassisch saarländische Gefüllte mit Sauerkraut und Specksoße. Auch die Wochenkarte bei unserm Besuch las sich gut. Montags gab es „hausgemachte Frikadellen mit Bechamel-Blumenkohl und Salzkartoffeln", dienstags „paniertes Halskotelett mit Kohlrabigemüse und Kartoffelpüree", mittwochs „Rindergulasch mit Klößen und Rotkohl", donnerstags „gratiniertes Schweinefilet-Pfännchen mit Calvados-Sauce, Nudeln und Salat", freitags „Saarländischer Dibbelabbes mit Abbelmus oder Endiviensalat".
Der Geschmack überzeugt
Ich rief vorher an und bat, mir bitte die „Frikadelle mit Bechamel-Blumenkohl und Püree" zu reservieren. Des Weiteren gab es an unserm Tisch „Rindergulasch mit Klößen und Rotkohl". Und was soll ich sagen: Es schmeckte wirklich wie bei meiner Oma. Ich habe schon lange nicht mehr Blumenkohlgemüse so genossen. Serviert wurden zwei Frikadellen, was ordentlich war. Große Portionen waren mir zwar noch nie wichtig, aber der Geschmack überzeugte mich sehr. Dies gilt auch für das Gulasch mit Klößen und Rotkohl. Als ich die Portionen sah, dachte ich an die Mittagessen früher der Stahlarbeiter und Bergleute. Diese aßen nach ihrer schweren körperlichen Arbeit immer solch ordentliche Portionen. Viele von ihren Familien hatten ja auch einen Garten, in dem sie ihr Gemüse selber anbauten. Und oft noch eine „Bergmannskuh", das war dann die eigene Ziege.
Wer solch eine saarländische Küche mag, dem kann ich die „Brüsseler Stuben" wirklich empfehlen. Übrigens erzählte mir Isabelle Gapp, dass es auch möglich sei, einige Tage im Voraus für eine größere Gruppe besondere Wünsche zu äußern. Als Gast sollte man sich aber drauf einstellen, dass hier alles frisch gekocht wird. Dies dauert nun einmal etwas länger, als in manchen Lokalen, in denen die Gerichte in die Mikrowelle geschoben und dann serviert werden.
Betrieb am Tresen herrscht hier eigentlich immer. Denn kaum sind die Mittagsgäste weg, geht die Tür auf, und die ersten kommen zum Feierabendbier. Hinterm Tresen steht Ferenc Konya. Ihn kenne ich seit Jahrzehnten und weiß, wenn er hinterm Tresen steht, gibt es immer viel zu lachen. So auch bei meinem letzten Besuch. „Schau dich um", sagt Konya, „wir haben richtige gute Stammtische. Unser Stammpublikum war uns schon immer treu. Durch das neue Wohngebiet Am Franzenbrunnen sind es sogar noch mehr geworden."
Motto-Abende kommen gut an
Neben dem eigentlichen Gastraum gibt es außerdem ein Nebenzimmer für etwa 20 Personen. Dazu noch einen Biergarten mit Theke und einen Ofen für Flammkuchen. Der Mittagstisch wechselt täglich, dazu gibt es noch die Angebote von den Tafeln. Das Haus bietet zahlreiche Veranstaltungen an. So fand ein paar Tage vor meinem Besuch ein „Bayrischer Abend" statt, der am Tresen für viel Gesprächsstoff sorgte. Es gab Haxe, Leberknödel, Weißwürste und hausgemachte Gefüllte. Es muss so schön gewesen sein, dass viele Gäste erst in der Nacht das Gasthaus verließen. Und so konnte ich lesen, dass die nächste Veranstaltung um das Thema Muscheln geht. Solche Festivitäten hier sind immer gut besucht.
Ehrlich gesagt frage mich, wo diese Küche geblieben ist? Früher gab es in jedem Saarbrücker Stadtteil solche Gasthäuser. Diese Küche ist sehr regional, es kommt auf den Tisch, was in saarländischer Erde gewachsen ist. Doch auf Speisekarten rar geworden sind Blumenkohl, Kohlrabi, Wirsing oder Schwarzwurzeln. Und wer kein Fleisch essen mag, isst halt Eier oder sonst was. Dafür braucht man doch nicht diese wunderbaren Gemüse von der Karte zu verbannen. Für mich unverständlich, denn Regionalität geht heute über alles.
Aber zurück in die „Brüsseler Stuben". Ausgeschenkt wird hier Karlsberg und Becker-Bier. Da viele aber zum Essen ein Glas Wein wünschen, gibt es den natürlich auch. Regionale Kreszenzen etwa wie einen Grauen Burgunder von Karl Petgen aus dem saarländischen Nennig. Oder aus Perl-Sehndorf von Petgen-Dahm, ebenfalls einen Grauen Burgunder. Aus der Pfalz steht ein Riesling vom Weingut Nägele auf der Karte, von Emil Boeckel aus dem elsässischen Mittelbergheim ein Pinot Blanc Reserve. Die Roséweine stammen aus Venetien, der Provence und dem Gebiet der Gemeinde Corbières. Es werden aber auch Rote von der Côte du Rhône vom Weingut Henri Bouachon und aus Corbières von „Cellier des Demoiselles" angeboten. Mir hat der Besuch in den „Brüsseler Stuben" wirklich sehr gefallen. Die Hausmannskost, die ich so häufig in anderen Lokalen vermisse, schmeckt hier richtig gut.