Wie lief es für die Berliner Clubs in der Regionalliga Nordost? Drei von ihnen dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf den Aufstieg machen – Zeit für ein Zwischenfazit.
Nach der abgebrochenen Corona-Saison 2020/21 konnte Hermann Winkler den Startschuss für die neue Spielzeit in der Regionalliga Nordost nicht mehr erwarten. Von der „kleinen Champions League des Ostens" sprach der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV), und in der Tat ist die Liga mit zahlreichen Traditionsclubs ziemlich attraktiv besetzt. Namhafte Vereine kämpfen um den Aufstieg in die 3. Liga, der mit Platz eins aber nicht automatisch erreicht ist. Es folgt noch ein Playoff-Duell gegen den Besten aus dem Norden. FORUM gibt eine Startbilanz der Berliner Vereine.
Berliner AK 07 (31 Punkte)
Tabellenführer! Der Club aus Moabit hat Stand jetzt die besten Chancen, in die 3. Liga aufzusteigen. Der Sprung auf Platz eins ist kein Zufall, innerhalb des Teams ist viel Qualität vorhanden. Im Angriff stellt der BAK in Nader El-Jindaoui den bisherigen Top-Torjäger (zehn Treffer), er ist aber nicht nur sportlich ein Volltreffer. Der Social-Media-Star erreicht mit seiner schwangeren Frau Louisa allein auf Instagram über eine Million Fans – und damit zweimal so viel wie alle 20 Nordost-Regionalligisten auf Instagram und Facebook zusammen. Dank El-Jindaoui kommen deutlich mehr Zuschauer ins Stadion, einen Sonderstatus erhält er deswegen aber nicht.
„Er ist hier nicht der Youtube-Star sondern ein einfacher Fußballer", betonte Trainer André Meyer. El-Jindaoui, der in seiner Karriere kurz vor dem Sprung in den Profifußball oft durch Verletzungen gestoppt wurde, sieht sich nun, im Alter von 24 Jahren, in Topform. „Ich weiß was ich kann", sagte er: „Ich habe ja schon oben geschnuppert. Und da war ich noch nicht so weit, wie ich es jetzt bin."
In der Abwehr hält seit Kurzem der zweimalige albanische Nationalspieler Jürgen Gjasula den Laden zusammen. Der 1,91 Meter große Profi führte das Team als zentraler Verteidiger der Dreierkette mit klugem Stellungsspiel und viel Ruhe am Ball zum wichtigen 2:1-Auswärtssieg beim SV Babelsberg. „Er ist eine Sofortverstärkung für unsere Mannschaft", sagte Präsident Ebubekir Han über den Ende September verpflichteten Gjasula: „Er bringt nationale und internationale Klasse mit und kann unserer sehr jungen Mannschaft seine Erfahrungen weitergeben."
Das trifft auch auf den ehemaligen Zweitliga-Profi Eroll Zejnullahu und den lange verletzten Abu Bakarr Kargbo zu, die in den kommenden Wochen noch mehr in Schwung kommen sollten. Zudem erwartet Trainer Meyer die Verletzten Charmaine Häusl, Ugur Tezel und Michael Olyczyk zurück. So einfach wird es also nicht, den auswärtsstarken BAK (19 Punkte aus sieben Spielen) von der Tabellenspitze zu verdrängen.
Dynamo Berlin (30 Punkte)
Anfangs lief es wie geschmiert für die Hohenschönhauser: Neun Siege aus den ersten zehn Spielen, dazu traf Torjäger Christian Beck nach Belieben. „Es macht gerade richtig Spaß hier", hatte der Neuzugang vor ein paar Wochen gesagt: „Aber es ist noch ein weiter Weg. In der Liga gibt es einige spielstarke Mannschaften, das macht ja den Reiz dieser Liga aus." Und Beck sollte Recht behalten. In den vergangenen Spielen strauchelte der frühere DDR-Serienmeister, durch das enttäuschende 1:1 gegen Optik Rathenow – dem dritten Unentschieden in Serie – gab er auch die Tabellenführung an den BAK ab. Und Beck hat seinen Torriecher verloren, seit vier Spielen hat der Mittelstürmer nicht mehr getroffen.
Auch im Landespokal gab es einen herben Dämpfer. Das Zweitrunden-Aus gegen den um zwei Klassen tiefer spielenden Berlinligisten Füchse Berlin (2:3) bringt den Titelverteidiger um eine wichtige Einnahmequelle. Im August trat der BFC Dynamo als Landespokalsieger im finanziell lukrativen DFB-Pokal zu Hause gegen Bundesligist VfB Stuttgart (0:6) an.
Trainer Christian Benbennek machte für den Negativlauf auch die lange Verletztenliste verantwortlich. Bis zu sechs Stammspieler fielen zuletzt aus, darunter Niklas Brandt, Philip Schulz und Marvin Kleihs. „In dieser Phase der Saison kriechen wir auf dem Zahnfleisch", sagte Benbennek, der aber von seinen Spielern aufgebaut wurde: „Die Jungs haben mir gesagt, dass die Meisterschaft in der zweiten Saisonhälfte entschieden wird."
VSG Altglienicke (25 Punkte)
Das waren zwei verschenkte Punkte, und Trainer Karsten Heine ärgerte sich sehr über das maue 1:1 bei Tasmania Berlin. „Wir sind enttäuscht, dass wir hier nicht gewonnen haben, weil wir das Spiel bis auf sieben, acht Minuten beherrscht haben", sagte Heine: „Allerdings müssen wir aus unseren Chancen auch mehr machen, wenn wir weiter oben dabeibleiben wollen." Denn genau das ist das Ziel der Südberliner, die in der abgebrochenen Corona-Saison nur deswegen nicht aufgestiegen sind, weil Viktoria Berlin in elf Spielen etwas besser abgeschnitten hatte.
Die Hoffnungen auf den Aufstieg ruhen vor allem auf Heine. Der erfahrene Trainer, der bei der U23 von Hertha BSC einst die „Goldene Generation" um die Boateng-Brüder Jérôme und Kevin-Prince geformt und auch bei den Profis als Interimscoach gearbeitet hatte, ist noch immer mit Feuereifer dabei. Er wolle die VSG „ein wenig nach oben" bringen, wie er selbst sagt. Die Qualität im Kader und die finanzielle Unterstützung der Sponsoren lassen größere Ambitionen durchaus zu.
Tennis Borussia Berlin (14 Punkte)
Der dritte Sieg in Folge war zum Greifen nah, doch in der 89. Minute traf Energie Cottbus im Nachholspiel noch zum 2:2-Ausgleich. Beklagen wollte sich TeBe-Trainer Markus Zschiesche aber nicht, schließlich muss sich das von Corona gebeutelte Team, das zwischenzeitlich fünf Spiele nachzuholen hatte, das Glück ganz hart erarbeiten. „Wir laufen ziemlich auf dem Zahnfleisch", sagte Zschiesche. Der Coach schaut in der Tabelle daher „nur nach unten, nicht nach oben", einzig der Klassenerhalt zählt in dieser so schwierig begonnenen Saison. „Aber umso besser", sagte Zschiesche, „wenn wir uns jetzt etwas Luft verschaffen können."
Hertha BSC II (13 Punkte)
Ganz so düster wie bei den Profis sieht es für die Hertha-„Bubis" zwar nicht aus, aber 13 Punkte aus den ersten 13 Spielen sind auch kein Grund für Jubelschreie. Das Team von Trainer Ante Covic, der auch schon die Profis des Hauptstadtclubs trainierte, ist in seinen Leistungen noch zu schwankend. Das ist aber nicht ungewöhnlich für eine Zweitvertretung, wo sich die jungen Talente an den Männer-Fußball gewöhnen sollen.
SV Lichtenberg 47 (11 Punkte)
Die Lichtenberger kämpfen wie erwartet um den Klassenerhalt. Umso wichtiger war der jüngste 3:2-Heimsieg gegen Union Fürstenwalde, mit dem der Club einen großen Sprung in der Tabelle machte. Die knapp zweiwöchige Spielpause kommt dem SV gerade recht, denn nicht weniger als acht Spieler standen zuletzt wegen Verletzungen nicht zur Verfügung.
Tasmania Berlin (11 Punkte)
Der in fast letzter Minute gegen Altglienicke aus der Hand gegebene Sieg wurmte Tasmania-Kapitän Lucas Bär. „Wenn du so lange führst, willst du den Sieg auch mitnehmen", sagte er und haderte mit dem „dummen Gegentor". Solche Fehler dürften nicht so oft passieren, denn: „Wir müssen uns in der Liga einfach jeden Punkt erkämpfen."