Als Filmkulisse für James Bond wurde die pittoreske Phang Nga-Felsenbucht vor Phuket in den 70ern berühmt. Ihr kleines abgeschiedenes Tropen-Eiland Yao Noi ist aber weithin unbekannt. Dort erfüllt ein echtes Hide-away-Resort exklusive Urlaubsträume mit vorbildlichem Öko-Fußabdruck.
Auf Yao Noi wird die Musik der Wildnis rasch zum Ohrwurm. Ich lausche ihr und schaue auf das leuchtende Türkis. Es ist die Bucht Phang Nga am Rand der Andamanensee. Wie eine extrabreite Filmleinwand zieht sie sich über den kompletten Horizont.
Das unsichtbare, höchstwahrscheinlich riesige Naturorchester ist gut verteilt im dichten Tropengrün der kleinen Insel. Es besteht aus Affen, Vögeln, Fröschen und Zikaden. Sein Repertoire beschränkt sich auf das eine Werk, das mich die nächsten Tage hier begleiten wird: „Die Dschungel-Sinfonie“ – dargeboten in unendlich vielen Varianten.
So klingt und singt es hinter mir und neben mir im Wald. Direkt um mich herum auf einem Hügel liegt mein zeitweiliger Rückzugsort: Villa, Garten, Pool und Dachterrasse. Ganz oben steht ein Tagesbett. Gefühlt ist es der höchste Punkt der Insel, die nur rund 45 Motorbootminuten von Thailands größter Urlaubsinsel Phuket entfernt ist.
Sollen andere dort drüben meinetwegen feiern. Ich hab hier mein Paradies gefunden. Und wer braucht an einem solchen Ort schon Rambazamba!
Alle 56 Unterkünfte des Resorts sind so angelegt, dass jeder seine individuelle Traumaussicht privat genießen kann. Zu jedem Haus gehört ein guter Geist, an den man sich mit seinen Wünschen wendet – sei es eine sanfte Traumfänger-Massage im Spa, sei es ein Essen auf derr eigenen Terrasse. Ich reserviere diesen Abend lieber einen Platz im „Dining Room“. So kann ich mir mein köstliches Menü über Dschungelgrün und fließendem Wasser schmecken lassen. Denn das Restaurant hat einen Glasfußboden. Und darunter plätschert eine Quelle.
Der Dschungelsound begleitet mich den ganzen Abend bis ins Land der Träume. Mit etwas anderer Besetzung klingt er mir auch am nächsten Morgen wieder in den Ohren. Aber was hier auf dem Weg zum Garten durch die immergrünen Hecken dringt, sind keine Töne aus dem Wald im Meer.
Sanfte Bossa Nova-Klänge mischen sich mit leisem Hühnergackern. „The Girl from Ipanema“ läuft gerade säuselnd aus versteckten Boxen. Doch statt schöner Mädchen schlendern braune Hennen durch den Sand – so entspannt, dass man meinen könnte, sie wiegen dabei ihre Hüften.
Behutsam öffnet Pim die Gartentür und bittet mich hinein. Ein paar der Federtiere kommen gackernd auf uns zu. Zum ersten Mal in meinem Leben stehe ich in einem Wellnesstempel für Geflügel. „Scherzhaft nennen wir es Chicken-Spa“, verrät die junge Frau. „Und mich rufen die Kollegen Chicken-Mama“, ergänzt sie mit strahlendem Lächeln. Für ihre Liebe zu den Tieren sei das doch ein schönes Kompliment.
Als Nachhaltigkeitsbeauftragte ist die Hotelangestellte auch für die resorteigene Landwirtschaft verantwortlich. Dazu zählen neben Biogärten im gesamten Grundstück für Obst, Gemüse und Kräuter auch eine Pilzplantage sowie eine kleine Ziegen- und Geflügelfarm. Angefangen hatte alles mit den Hühnern. Wohl deshalb mag sie Pim besonders gern.
Und damit es ihren Schützlingen auch wirklich gut geht, verwöhnt sie die Hotelfachfrau mit Jazz- und Soulmusik. Die rund 300 Hennen revanchieren sich dafür mit „absolut relaxten“ Eiern, wie sie meint. Dass sie fantastisch schmecken, kann ich selbst nur bestätigen. Denn sowohl gekocht als auch gebraten oder zu Omelette verarbeitet sind die legefrischen kleinen Energiepakete allmorgendlich die Favoriten beim Frühstück im Hotel.
Neben selbsterzeugten Bio-Lebensmitteln tut das Six Senses auch anderweitig Gutes für die Umwelt. „Für alle Bauobjekte verwenden wir fast ausschließlich natürliche Materialien, vermeiden Abfall, wo es nur geht, recyceln Müll und Wasser“, zählt Pim auf. Mit dem hergestellten Trinkwasser werde nicht nur das Hotel versorgt, sondern die ganze Insel mit ihren rund 10.000 Einwohnern. Gleichfalls engagiere man sich in den Dörfern von Yao Noi sozial. „Wir unterstützen Hunderte von Jugendlichen bei ihrer Ausbildung“, so die junge Thailänderin.
Hotel bereitet Trinkwasser auf
Sanftes Wellenrauschen untermalt das Strandkino. Dort kann man allabendlich romantische Filmerlebnisse unterm Sternenhimmel genießen – vom Liegestuhl aus, mit den Füßen im Sand. Für wirklich großes Kino geht oder fährt man allerdings hinauf ins „Hilltop“. Das frisch renovierte Restaurant mit Bar und Lounge liegt direkt auf dem Hügelgipfel, wo Pool und Meerespanorama den Sonnenuntergang perfekt in Szene setzen. Mit einem Cocktail in der Hand lasse ich mich von dem Schauspiel fesseln.
Das Gefühl dabei in einem kuscheligen Nest zu sitzen, ist keineswegs Zufall. Managerin Alicia Denning weiß, warum. „Diesen Ort haben wir den Nashornvögeln gewidmet“, erklärt sie mir. Die seltenen Höhlenbrüter mit den großen, horngeschmückten gelben Schnäbeln sind auf Yao Noi zu Hause. Selbst von den Gästevillen aus kann man sie recht häufig sehen.
„Dank speziell geschützter Plätze haben sich hier etwa 15 Paare dieser schönen Vögel angesiedelt und nisten regelmäßig“, erzählt mir die sympathische Australierin. Aus Stolz und Freude über die gefiederten Resortbewohner nimmt das zeitgenössische Design der neuen Lounge originell und liebevoll auf sie Bezug – bis hin zu eiförmigen Kissen.
Das Rosa-Violett der kurzen Dämmerstunde lässt die vielen mitten in die Bucht gestreuten Felsen wie auch das Land dahinter noch viel geheimnisvoller und verführerischer wirken. Als die Silhouette endlich in der Dunkelheit verschwimmt, steht mein Plan für morgen fest: Ich fahre da mal hin. Start ist nach dem Frühstück.
Das Boot legt ab. Charif, der einheimische Guide und Skipper, nimmt Kurs aufs Festland. Würden wir nach Westen drehen, wären wir in wenigen Kilometern an der Insel Phing Kan mit der berühmten Felsennadel aus dem James-Bond-Film.
Doch für uns geht es jetzt Richtung Osten zu den imposanten Kalksteintürmen des Archipels Ko Hong – und direkt zwischen ihnen durch. Wie Tempel- oder Burgruinen einer sagenhaften Stadt, die Stück für Stück im Meer versinkt, ragen ihre Spitzen oder Kuppen aus dem Meer.
Kurz vor der Küste vis-à-vis, unweit von Krabi, steigen wir in Kajaks um. Die Zauberwelt der Felsmangrovenwälder Tha Lane und Lam Taeng öffnet sich vor uns. Durch immergrüne, dicht bewachsene Schluchten und Kanäle, offene Höhlen und Lagunen führt die Paddeltour – vorbei an hochhaushohen, oft von Kletterpflanzen überdeckten Felsenwänden.
In Augenhöhe, direkt neben uns, hocken sonderbare Fische auf Mangrovenzweigen. Es sind Schlammspringer, die amphibisch leben – das heißt sowohl im Wasser als auch auf dem Land. Jene Kreaturen, deren Schatten weiter oben durch das Dickicht über unseren Köpfen huschen, scheinen hingegen das nasse Element zu meiden.
Und plopp: Ein Affe fällt vom Himmel. Eine Langschwanzmakakin, um genau zu sein. Als sei es das Normalste von der Welt, landet das etwa katzengroße Tier in unserem Kanu, schnappt sich meinen Rucksack und wühlt ganz ungeniert darin herum. Etwas Fressbares ist nicht dabei. Ihr Pech – mein Glück. Denn ihre Suche lässt mir Zeit für einen Schnappschuss, der später zu den Lieblingssouvenirs der Reise zählen wird.
Gäste können Hühnereier sammeln
Sichtlich enttäuscht, weil ohne Beute, geht die freche, aber liebenswürdige Piratin wieder von Bord. Charif lacht. „Sei froh, dass es kein Männchen war“, sagt er. „Das wäre sicher nicht so nett zu dir gewesen.“
Zurück auf Yao Noi geht das Tierprogramm für mich noch weiter. Denn vor dem Essen will ich Eier suchen. Der Sammelkorb dazu steht wie bei jedem Gast im Zimmer. „Standardmäßig“, hatte Pim erklärt. Wohl nur wenige Fünfsterne-Häuser auf der Welt animieren ihre Gäste auf so liebevoll rustikale Art zum Glücklichsein. Und es funktioniert! Die entspannten Vögel teilen mit mir ihre gute Laune und ein paar wunderschön „verpackte“ Proteinportionen. Kein Zweifel, dass die Hühnerschönheitsfarm zu den Lieblingsplätzen im Resort gehört.