Ratgeber, die erklären, wie man möglichst lange lebt, gibt es wahrscheinlich schon so lange, wie Bücher gedruckt werden. Was ist also das Besondere an dem Werk mit dem etwas behäbigen Titel „Die Kunst, möglichst lange zu leben“? Dass das Buch von einem Mediziner geschrieben wurde, zunächst wohl nicht. Eher ist es die wissenschaftliche Herangehensweise des Autors. Schnell umsetzbare Tipps, um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, fehlen dem Buch zwar gänzlich, auffällig ist dagegen allerdings das kleingedruckte Quellenverzeichnis, das 25 Seiten umfasst. Die Mehrzahl der Quellen besteht aus wissenschaftlicher Fachliteratur auf Deutsch oder Englisch, die sich normale Buchkäufer wohl eher selten zu Gemüte führen würden. Ausführlich eingegangen wird am Anfang des Buches auf den Mediziner Christoph Wilhelm Hufeland, der von 1762-1836 lebte. Er listete schon damals Verlängerungsmittel und Verkürzungsmittel für das Leben auf, die heute noch gelten. Und mit Hufeland kommt der Autor zu einem Punkt, der ihm als Arzt sehr wichtig erscheint: Hufeland war nämlich der Ansicht, dass „die Verordnung von Medikamenten zu nichts anderem als der Erregung einer künstlichen Krankheit, um die natürliche zu beheben“, diene. Mehr noch: „Jede Medikation sei an und für sich schädlich und mache folglich erst jemand krank, der es noch nicht war.“ Das war schon damals starker Tobak, und diese Behandlungsweise kostete Hufeland damals die Berufung zum Leibarzt der fürstlichen Familie in Weimar. Im Anschluss nimmt sich Reuther auch die modernen medizinischen Behandlungsmethoden vor, um zu konstatieren, dass „Durchbrüche der medizinischen Forschung, Hochdosisgaben natürlicher Stoffe, alternativmedizinische Wundersubstanzen und Superfood“ oft Trugbilder seien. Auch den meisten Impfungen steht Reuther kritisch gegenüber. Demzufolge ist es kein Wunder, wenn der Autor im Nachwort anmerkt, dass es sehr schwierig gewesen sei, für sein Werk einen Verlag zu finden.
KULT[UR]
Foto: riva Verlag
Buch-Tipp: Vom langen Leben
Gerd Reuther: Die Kunst, möglichst lange zu leben. Riva Verlag. 162 Seiten. ISBN 9783742306333.
Kult[ur] - Buch-Tipp
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