In Frankfurt konnte Hertha BSC mit einem Auswärtssieg positiv überraschen – der nächste Anlauf zu einer konstanten Besserung kann somit beginnen.
Es schien, als hätte die Presse viel Zeit gehabt, in der Bundesligapause Statistiken zu wälzen. Vor allem im Blickpunkt: Die Frankfurter Eintracht, die ihren ersten Saisonsieg im siebten Punktspiel ausgerechnet beim FC Bayern München gefeiert hatte. Doch das Erfolgserlebnis beim Rekordmeister taugte in den Bilanzen nicht zur möglichen Kehrtwende bei den „Adlern“, sondern ganz im Gegenteil. Vom „Bayernbesieger-Fluch“ war da plötzlich die Rede: Denn wann immer die Hessen gegen die Münchner in den letzten Jahrzehnten gewonnen hatten, folgte eine schwache Phase auf dem Fuß. Nach dem 2:1-Heimsieg im Februar dieses Jahres verspielte die Eintracht den Einzug in die Champions League, 2019 gab es nach einem 5:1 nur noch einen Zähler aus den folgenden sieben Partien – die beiden Frankfurter Dreier 1995 und 2000 konnten sogar zum Ende der Saison jeweils den Abstieg in die Zweite Liga nicht verhindern.
Bei Hertha BSC, dem nächsten Gegner der Frankfurter, durfte man sich daher vor dem Gastspiel am Main letzten Samstag ob so viel psychologischen Beistands seitens der Öffentlichkeit nur die Hände reiben. Pál Dárdai hingegen wollte sich mit derlei Aberglauben erwartungsgemäß nicht abgeben: „Wir haben in Frankfurt eine Chance, das sieht man die ganze Woche lang im Training“, erklärte er – gute Leistungen und Eindrücke auf dem Übungsplatz jedoch hatten in den vergangenen Jahren immer wieder auch getäuscht, wenn es dann um Zählbares ging. So durften Beobachter mehr als positiv überrascht gewesen sein über die Leistung von Hertha BSC in den ersten 45 Minuten – nach dem frühen Führungstor durch Marco Richter, der der präzisen Flanke von Vladimír Darida per Kopf den entscheidenden Tick verliehen hatte, traten die Berliner jedenfalls dominant und mit guter Spielanlage auf. Chancen zu einer höheren Pausenführung wurden jedoch nicht genutzt und mit Wiederbeginn traten die Hausherren nach einer Systemumstellung deutlich verbessert auf. Doch die Berliner zeigten sich gefestigt und erhöhten das Ergebnis durch das zweite Joker-Tor von Jurgen Ekkelenkamp sogar noch. Für den Anschlusstreffer benötigten die Frankfurter dann einen Foulelfmeter, dem jedoch ein Schubser Paciências gegen Niklas Stark vorausgegangen war. Doch danach fragte im blau-weißen Lager am Ende niemand mehr – denn der Sieg in Frankfurt versprach erst einmal zumindest eine Woche ruhiges Arbeiten.
Schwung mit in die nächste Partie nehmen
Schlagzeilen der eher unerwarteten Art hatten die Verantwortlichen bei Hertha BSC jedoch während der Bundesligapause beschäftigt. Mit dem Rückzug von Carsten Schmidt konnten bis dahin jedenfalls nur Insider rechnen – der Vorsitzende der Geschäftsführung gab sein Amt somit nach nicht mal einem Jahr bereits wieder ab. Die vom 58-Jährigen angeführten, persönlichen Hintergründe der Entscheidung gaben allerdings keinerlei Anlass für neuerlichen Presserummel um die Blau-Weißen. Dennoch wiegt die Personalie schwer, galt Schmidt doch als der Mann, unter dessen Regie der Verein auch abseits des Rasenvierecks zukunftsfähig gemacht werden sollte. Den Schwung, den er in der kurzen Phase seines Wirkens in den Verein gebracht hat, müssen nun erst einmal andere fortsetzen – die nun aber mehr als ihr Kerngeschäft betreiben müssen. Finanzvorstand Ingo Schiller und Geschäftsführer Sport, Fredi Bobic, sollen sich jedenfalls zunächst den Tätigkeitsbereich Schmidts aufteilen. Der Vorteil des bisherigen CEOs – der gerade ohne Hertha-Stallgeruch zu besonders sachlichen und fachlichen Entscheidungen beziehungsweise Maßnahmen fähig schien – fällt somit allerdings vorerst weg. Der einzig fade Beigeschmack in diesem Zusammenhang blieb jedoch die Tatsache, dass wenigstens einer der erwähnten Insider den Rückzug Schmidts an die Presse durchgestochen haben muss, bevor dieser offiziell auf der Pressekonferenz die Beweggründe selbst darlegen konnte. Einmal mehr also ein Informationsleck bei Hertha BSC – eine Unsitte, die sich auch unter neuer Verantwortlichkeit im Westend offenbar nicht abstellen lässt.
Das Thema „Länderspielabstellungen“ wiederum taugte bei Hertha BSC dieses Mal nicht als Reizthema. Die A-Nationalspieler im blau-weißen Kader wurden jedenfalls nicht überstrapaziert: Peter Pekarík sammelte mit 169 Minuten in der Auswahl der Slowakei die meiste Einsatzzeit in dieser Phase. Für den 34-Jährigen, der in dieser Spielzeit bei Hertha BSC nicht mehr so zum Zug kam, war die Wettkampfpraxis sogar positiv zu bewerten. Ebenso wie für Krzysztof Piątek, der nach seiner Sprunggelenksverletzung gerade erst wieder in die Mannschaft von Pál Dárdai zurückgekehrt war – bei der polnischen Nationalelf blieb der Stürmer im Trainingsrhythmus und nutzte die 45 Minuten gegen San Marino obendrein noch zu einem Torerfolg. Auch Stevan Jovetić blieb – im Gegensatz zur letzten Phase der WM-Qualifikation – unverletzt, nachdem er 90 Minuten für sein Heimatland Montenegro bestritten hatte. Und Dedryck Boyata, der einmal mehr angeschlagen zur Auswahl Belgiens gereist war, wurde geschont, konnte bei den „Roten Teufeln“ aber das Trainingspensum absolvieren. So war es eher die bereits vorhandene Verletzungsmisere, die die Stimmung in der Bundesligapause trübte. Die Liste der Ausfälle zeigte vor dem Spiel in Frankfurt dabei unzweideutig, wo Hertha BSC weiter der Schuh drückt: mit Márton Dárdai, Linus Gechter, Lukas Klünter, Jordan Torunarigha und Deyovaisio Zeefuik standen gleich fünf Kandidaten für die Defensive nicht zur Verfügung. Die Rückkehr des Hertha-Trainers zur Viererkette spülte so auch Routinier Pekarík wieder in die Startformation. Dazu waren in Frankfurt neben Darida und Piątek auch Santiago Ascacíbar sowie Maximilian Mittelstädt im Vergleich zur 1:2-Niederlage gegen Freiburg von Beginn an dabei. Ob das Erfolgserlebnis von Frankfurt nun jedoch nur ein Produkt des ominösen „Bayernbesieger-Fluchs“ gewesen ist oder erster Ansatz zu einer segensreicheren Zukunft bei Hertha BSC – das wird schon das nächste Spiel im Olympiastadion gegen Borussia Mönchengladbach (Samstag, 15.30 Uhr) zeigen.