150 Millionen verkaufte Alben, erfolgreiche Touren, zahlreiche Klassiker – keine Frage, Billy Joel ist einer der erfolgreichsten und beliebtesten Entertainer. Der „Piano Man" veröffentlichte vor 50 Jahren sein Solo-Debütalbum.
Am 9. Februar 1964 ändert sich das Leben von William Martin Joel für immer. An diesem Abend beschließt der Junge, selbst so berühmt wie die Beatles zu werden, die der damals 14 Jahre alte Bengel in der Ed Sullivan Show sieht. Unter seinem Rufnamen „Billy" Joel wird er nicht ganz so legendär, verkauft aber ab Anfang der 70er-Jahre immerhin mehr als 150 Millionen Alben weltweit, davon alleine rund 85 Millionen in seiner Heimat, den USA. „Da waren diese Jungs, sie schrieben ihre eigenen Songs und sahen aus wie Kids aus der Nachbarschaft", erinnert er sich später zurück.
Geboren wird er am 9. Mai 1949 in New York, seiner Stadt, die in seinen Stücken auf die eine oder andere Art auch immer wieder Einzug erhält. Schon früh zeigt sich sein musikalisches Talent, bereits seit seinem fünften Lebensjahr spielt er Klavier. Gut trifft es sich, dass seine Tante Klavierlehrerin ist und ihn fördert. „Lange bevor ich in einer Band spielte und wusste, dass ich Musiker werden wollte, habe ich Klassik gehört", sagt er in einem Interview, „ich war verzückt von klassischer Musik. Beethoven war titanisch." Auch der Einfluss von Mozart, Chopin und Debussy ist in seinen späteren Werken immer wieder deutlich herauszuhören.
Sarkastisch und einfühlsam
Zunächst wird er als 16-Jähriger Mitglied der Echoes, einer Combo, die sich auf Coverversionen von Liedern aus der British Invasion spezialisiert hat, also etwa von den Beatles, den Rolling Stones oder den Kinks. Er fungiert als Studiomusiker bei einer Demoversion von „Leader of the Pack", was später für The Shangri-Las ein Riesenerfolg wird. 1967 schließt er sich der Band The Hassles an, die immerhin zwei Alben veröffentlicht. Außerdem schließt er Freundschaft mit Schlagzeuger Jon Small, mit dem er 1969 das Hard-Rock-Duo Attila gründet. „Es war psychedelischer Bullshit", bringt er später seine Meinung dazu ganz kurz auf den Punkt. Die Freundschaft mit Jon Small zerschlägt sich, als Billy Joel eine Affäre mit dessen Frau beginnt.
Am 1. November 1971 ist es dann so weit: Er veröffentlicht sein Debütalbum „Cold Spring Harbor", das beim Label Family Productions erscheint. Doch dieser Name scheint zu trügen, denn die Erfahrungen mit den Verantwortlichen sorgen dafür, dass Billy Joel unbedingt aus dem Vertrag aussteigen will, kurze Zeit untertaucht und dabei in Piano-Bars unter dem Pseudonym Bill Martin auftritt. Immerhin bringt das Debüt die wunderschöne Liebesballade „She’s Got a Way" und die schnelle Nummer „Everybody Loves You Now" mit ihren sarkastischen Lyrics hervor.
Knapp zwei Jahre später ist Joel bei Columbia unter Vertrag und veröffentlicht „Piano Man", das sich im Laufe der Jahre mehr als vier Millionen Mal verkauft und seinen „Signature Song" enthält. Im Titeltrack verarbeitet er seine Erfahrungen, die er an den späten Abenden in den Piano-Bars gesammelt hat. Hier zeigt sich auch ganz deutlich sein Talent für Geschichten mitten aus dem Leben pulsierender Großstädte. Mit den zwei Folgewerken kann er den Achtungserfolg erst mal nicht wiederholen. Doch immerhin schafft es das schwungvolle Stück „The Entertainer" von „Streetlife Serenade" (Oktober 1974) auf Platz 34 der US-Charts. Aus „Turnstiles" (Mai 1976) werden später „New York State of Mind", „Say Goodbye to Hollywood" und „Angry Young Man" Klassiker.
Im September 1977 feiert Billy Joel ein Mega-Comeback mit „The Stranger". Das Album verbleibt 137 Wochen in den US-Charts, verkauft sich mehr als zehn Millionen Mal und bringt Hits wie „Only the Good Die Young" hervor". „Just the Way You Are" gewinnt zwei Grammys und wird später durch eine Coverversion von Barry White veredelt. Es bleibt sein meistverkauftes Studioalbum, doch es folgen weitere Millionenseller.
„52nd Street" (Oktober 1978) erhält einen weiteren Grammy, diesmal als „Album des Jahres", und enthält die Radiohits „Big Shot" und „Honesty". Für „Glass Houses" (Februar 1980) erhält Joel den Grammy für die beste männliche Rock-Gesangsdarbietung. Der Rocker „You May Be Right" schafft die US-Top-Ten, „It’s Still Rock and Roll to Me" wird seine erste Nummer-eins-Single. Mit „The Nylon Curtain" (September 1982) sinken die Verkaufszahlen auf etwas über zwei Millionen Einheiten, doch „Allentown" wird im US-Radio einer der meistgespielten Songs der 1980er-Jahre.
Kein Jahr später legt er „An Innocent Man" nach, sein vielleicht organischstes, einheitlichstes und eingängigstes Album. Es enthält das unsterbliche „Uptown Girl", die Doo-Wop-Nummer „The Longest Time", das ebenso schwungvolle wie melancholische „Leave a Tender Moment Alone" und den Titeltrack, ein sich leise steigerndes Meisterwerk. Bei den Grammys muss er sich jedoch dem übermächtigen „Thriller" von Michael Jackson geschlagen geben. Es folgt „The Bridge" (Juli 1986), das mit „A Matter of Trust" und „Modern Woman" zwei Top-Ten-Singles enthält.
Seit 1993 kein Rockalbum mehr
Im Oktober 1989 veröffentlicht Joel „Storm Front". Das Album und der heute noch gern gespielte Hit „We Didn‘t Start the Fire" erhalten
erneut Grammy-Nominierungen, gehen jedoch leer aus. Mit „Leningrad" und „I Go to Extremes" sind zwei weitere Welthits enthalten. Rund vier Jahre später kommt „River of Dreams" heraus, dessen Titelnummer es auf Rang vier der deutschen Charts schafft. Beide werden erneut für den Grammy nominiert. Der Text des letzten Songs „Famous Last Words" wirft seine Schatten voraus: Es soll sein letztes Studioalbum mit Rocksongs bleiben.
Er legt 2001 das Album „Fantasies & Delusions" auf, das ausschließlich klassische Kompositionen enthält. Die zwölf Stücke aus seiner Feder bringt der koreanisch-britische Pianist Hyung-ki Joo zum Leben. Es folgen noch einige Livealben und 2007 der Song „Christmas in Fallujah", den allerdings wiederum nicht er selbst interpretiert, sondern der amerikanische Singer-Songwriter Cass Dillon. Dieser hat zeitweilig eine Beziehung mit Joels Tochter Alexa Ray Joel.
Die heute 36-Jährige erbte das musikalische Talent vom Papa und das gute Aussehen von Mutter Christie Brinkley. Mit dem Model, das später auch als Schauspielerin überzeugt, ist Billy Joel von 1985 bis 1994 verheiratet. Es ist seine zweite Ehe nachdem er sich 1982 von Elizabeth Weber Small scheiden lässt, die er 1973 ehelichte. Nach Christie Brinkley benötigt er zehn Jahre, bis er erneut sein Jawort gibt, diesmal an Kochbuch-Autorin Katie Lee. Diese Ehe hält knapp fünf Jahre, und 2009 folgt die Scheidung. Ein viertes Mal geht er 2014 den Bund der Ehe ein und bindet sich an Pferdesportlerin Alexis Roderick, mit der er zwei Töchter hat.
Kein Rückzug aufs Altenteil
Immer wieder kämpft Billy Joel gegen Depressionen. 1970 unternimmt er sogar einen Selbstmordversuch und schluckt Möbelpolitur. „Es sah schmackhafter als Bleichmittel aus", erzählt Joel später. Ex-Attila-Bandkollege Jon Small findet ihn und bringt ihn ins Krankenhaus. 1985 veröffentlicht er dazu den Song „You’re Only Human (Second Wind)", der der ernsten Thematik mit einem beschwingten Rhythmus entgegentritt. Die Single erreicht Platz neun in den USA, das zugehörige Album „Greatest Hits – Volume I & Volume II" ist in den Staaten eines der erfolgreichsten überhaupt. Alkohol und weitere Drogen machen ihm ebenfalls immer wieder zu schaffen, sodass er auch in der Entzugsklinik Betty Ford Center eincheckt.
Auch wenn es an Alben-Output ruhig wird, zieht sich Billy Joel dennoch nicht aufs Altenteil zurück. Immer wieder geht er erfolgreich auf Tour, ab 1994 beispielsweise mit Sir Elton John – das wird natürlich wieder ein Erfolg. Ihre „Face to Face"-Auftritte machen sie zum erfolgreichsten Live-Duo der Geschichte. „Es macht immer Spaß, mit ihm zu spielen", erklärt Billy Joel. Seit Januar 2014 tritt er einmal im Monat im Madison Square Garden auf, solange, bis die Nachfrage nachlässt. 2018 spielt er dort sein 100. Konzert, seit er 1978 sein Debüt in der legendären New Yorker Veranstaltungshalle gab. Immer wieder lädt er zu seinen Auftritten bekannte und befreundete Künstler ein, die mit ihm die Bühne rocken, bei der 100. Show ist es sein alter Freund Bruce Springsteen.