Die Herzhand ist die, die vom Herzen kommt. Es ist die linke, meist weniger geschickte, benachteiligte Hand. Bei den meisten spielt die rechte Hand die wichtigere Rolle. Nicht so bei Helge, dem Schriftsteller und Protagonisten in „Herzhand". Ihm wurde in der Grundschule sein „Linkshändertum" abgewöhnt, er wurde zum Rechtshänder umerzogen.
Erst im Erwachsenenalter meldet sich seine Haupthand wieder. Und mit ihr der Drang zum Schreiben. Helge hat erfolglos zwei Romane veröffentlicht und dann den Schriftstellerberuf aufgegeben. Er arbeitet in einem Büro für Textservice, als er nebenbei seiner linken Hand Ausflüge in die Welt der Fantasie erlaubt und sie wie von selbst zu formulieren beginnt.
Damit beginnt Helge einen neuen Einstieg in die Literatur, erst widerwillig und distanziert, dann konzentriert und hartnäckig. Was er dabei erlebt, hat wohl auch mit Erlebnissen des Autors zu tun: Er lässt Helge anrennen gegen Verlage, abweisende Lektoren und eine uninteressierte Branche, die in erster Linie auf Profit ausgerichtet ist.
Kaminski beschreibt seine Hauptfigur nicht als notorischen Verlierer, sondern als einen, der eine Berufung in sich trägt, die zeitweise verschüttet war und zurückgewiesen wurde, aber schließlich kompromisslos gelebt wird. Er erzählt Helges Schriftstellerweg nicht als lineare Entwicklung, er zeigt sein Scheitern, seine wechselnden Strategien und Haltungen gegenüber dem Schriftstellermilieu als distanzierter Beobachter, mitunter witzig und in gleichmäßigem Erzählfluss.
Helges aktive Hand ist die linke, und obwohl sie zwar immer wieder eine Rolle spielt, erschließt sich ihre Verknüpfung mit dem Geschehen nicht restlos. Gleichwohl gibt sie Anlass zu teils überraschenden Betrachtungen von Spiegel, Spiegelschrift und Spiegelbild.
Zu würdigen sind die verschiedenen Romansujets Helges, die sich Kaminski gleichsam als Romane im Roman ausdenkt – und gleichzeitig wohl auch die Leistung, die eigene Arbeit zum Romanstoff zu verarbeiten, ohne zu sehr ins Autobiografische zu geraten.