Ehemaliger Popstar, Modedesignerin, Unternehmerin, Spielerfrau – Vctoria Beckham hat es geschafft, all dies in sich zu vereinen und durch ihren zeitlos-eleganten und dennoch aufregenden Stil die beste Besetzung ihrer eigenen Marke zu sein.
Ihre Schmallippigkeit gehört zu ihren Markenzeichen. Jene, die ihre kaum vorhandene öffentliche Kommunikation betrifft. Nun aber sind es tatsächlich ihre Lippen, über die sich in der Prominews-Welt mokiert wird. Hat sie oder hat sie nicht? Sich die Oberlippe „gummibootartig" aufspritzen lassen? Man wird es wohl nie erfahren. Denn Victoria Beckham ist für ihr Pokerface und ihre Eisköniginnen-Auftritte bekannt. Die Stilikone und gewiefte Geschäftsfrau, die nie lächelt, weiß die Medien gezielt für ihre Zwecke zu nutzen. Vielleicht wollte sie bei ihren TV-Auftritten in der „Good Morning America"- und „Tonight Show"den Lipgloss ihrer Eigenmarke promoten, der –
möglicherweise und für eine Zeitlang – vollere Lippen macht? Alles Spekulation, zu der sich das dem Wesen nach schmalllippige Ex-Spice-Girl nicht äußern wird.
Wieviel Phänomen und wieviel Substanz in der wahren Victoria Beckham stecken, ist schwer zu sagen. In der Versenkung heißt es, wäre sie nach der Auflösung der Spice Girls, hätte die damalige „Posh Spice" nicht das sexy Fußballer-Idol David Beckham geheiratet. Vielleicht wäre sie auch ohne diese Eheschließung Modedesignerin und Geschäftsfrau geworden. Aber, obwohl immer wieder Konkursgerüchte die Runde machen, mit diesem Erfolg und erst Recht mit dieser weltweiten Bekanntheit?
Am Purismus festhalten
Es ist wie es ist, Victoria Beckham hat eine unglaubliche Medienpräsenz. Anfangs eben als ein Spice Girl, gefolgt von einer weniger ruhmreichen Solokarriere, dafür umso mehr als Fußballer-Gattin, verheiratet seit nunmehr 22 Jahren, und inzwischen als Beckham-Familienclan mit den Söhnen Brooklyn, Romeo, Cruz und Tochter Harper eine regelmäßig in den sozialen Medien präsente (Familien-)Marke. Bis auf zeitweilige und immer wiederkehrende Trennungsgerüchte über Victoria und David sowie ihren möglicherweise doch nicht so guten Geschäftssinn, im Gegensatz jedoch ziemlich skandalfrei. Eher könnte man das Ehepaar Beckham als selbstgecastetes perfektes Liebes- und Ehepaar auf ein Podest stellen.
Was die gebürtige Victoria Caroline Adams geschafft hat, mag auf ihr gutbetuchtes Elternhaus – mit einer Versicherungsangestellten und Friseurin als Mutter und einem Elektroingenieur als Vater sowie zwei jüngeren Geschwistern – fußen und durch ihre Promi-Ehe beflügelt worden sein. Doch ihre Stilsicherheit – sie hat der Modewelt das Klassische zurückgegeben – ist allein ihr Verdienst. Während andere Designer sich immer wagemutiger ins Zeug gelegt haben, Säume extrem hoch- und runterwandern ließen, Musterwelten um Musterwelten erschufen, hat die gebürtige Engländerin, die in Harlow, Essex aufgewachsen ist und heute mit ihrer Familie nach Jahren in Los Angeles wieder in England lebt, jahrein, jahraus am Purismus festgehalten. Dass modische Übertreibungen nicht ihrs sind, war schon in den Jahren der gecasteten Mädchenband Spice Girls, die in den 1990er Jahren mit Hits wie „Spice Up Your Life" und „Viva Forever" berühmt wurden, klar. Nicht umsonst war sie „Posh Spice", die Elegante.
Ihr öffentliches Image hat sich die Designerin und Social-Media-Königin mit über 29 Millionen Followern auf Insagram perfekt zurechtgelegt: die unterkühlte brünette Schönheit. Dass inzwischen hin und wieder Fotos von ihr auftauchen, auf denen sie lächelt, oder sie in Interviews durchblicken lässt, dass sie privat anders sei, mag ihrem Kalkül-Update der Eigenmarke(n) Beckham oder ihrem Alter – sie ist 47 und damit im Gegensatz zu anderen Influencerinnen schon jenseits des eigentlichen Berufsalters – geschuldet sein.
Eine Aura des Unbekannten
Man darf ihr auch einiges an Intelligenz zutrauen. Trotz Promi-Bonus hält man sich nur, wenn es über die Jahre Content und Weiterentwicklungen gibt. Sie holt ihre Familie ins Rampenlicht – David Beckham hätte ohne sie vielleicht auch nicht mehr einen so hohen Marktwert – aber es scheint, als gäbe sie dabei sehr gut auf alle Acht. So hat sie es auch geschafft, mit den Medien einen Kompromiss einzugehen, dass Sohn Romeo nicht mehr mit Blitzlicht fotografiert werden darf, da dies einen epileptischen Anfall auslösen könnte.
Sie gibt einiges öffentlich preis. Etwa, dass sie sich sehr bewusst ernähre, sich in punkto Kohlenhydrate einzig ihre Leibspeise Vollkorntoast mit Salz gönne und dadurch auch der „schlimmste Albtraum" für Restaurants sei. Oder, dass sie abergläubisch sei und als Teenager unter Akne gelitten habe. Dennoch umgibt sie immer eine Aura des Unbekannten – ein Selbstschutz, ohne den man möglicherweise in der Welt der Beckhams nicht überleben könnte. Weil sie sich in ihren Rollen, mit ihrer Mode so eindeutig, konsequent und dauerhaft positioniert, ist sie eines, wenn nicht das Beispiel schlechthin für erwachsenes Influencertum.