Hertha BSC verpasst den Heimsieg gegen Leverkusen knapp und bereitet sich nun in der Pause auf den Jahresendspurt mit sechs Spielen vor.
Ausgerechnet ein ehemaliger Union-Spieler sollte Hertha BSC schon zwei Wochen vor dem Derby Ärger bereiten: Als es vergangenen Sonntag schon nach einem gelungenen 1:0-Erfolg für die Berliner aussah, sorgte Robert Andrich im Dress seines neuen Vereins Bayer Leverkusen noch für den Ausgleich. So wurde der gegen Borussia Mönchengladbach noch perfekt aufgegangene Plan – kompakt stehen, ein Tor erzielen, die Führung verteidigen – in letzter Minute durchkreuzt. Allerdings hatten die Blau-Weißen gegen stark ersatzgeschwächte Gäste diesmal auch offensiv mehr gute Szenen. Mit dem Führungstreffer der Marke „Tor des Monats" als Krönung: Ballannahme mit rechts, erfolgreicher Torabschluss mit links – kurz vor der Pause stellte Stevan Jovetic beim 1:0 sein technisches Potenzial einmal mehr unter Beweis. Etwas überraschend gab Pal Dardai dem Montenegriner dabei erstmals seit Anfang Oktober wieder einen Startplatz im Team und sollte nicht enttäuscht werden. Dafür musste Krzysztof Piatek im Sturmzentrum weichen – der Pole sollte dabei nicht mal in seiner von Herthas Trainer geschätzten Rolle als Joker zum Zug kommen. In der Viererkette hingegen vollführte der Ungar die erwartete personelle Rochade: Zum einen fehlte Dedryck Boyata wegen seiner Roten Karte aus dem Hoffenheim-Spiel, zum anderen ließ der Ungar dem zuletzt schwachen Deyovaisio Zeefuik eine Pause zukommen. Für den Niederländer wechselte Peter Pekarik auf seine angestammte rechte Abwehrseite, während der wieder einsatzbereite Marvin Plattenhardt auf links und der ebenfalls genesene Marton Dardai im Abwehrzentrum neben Niklas Stark begann. Eine Formation, die auch in den kommenden beiden Partien Bestand haben könnte, da Boyata insgesamt für drei Spiele gesperrt wurde. „Wir haben die Entscheidung des DFB-Sportgerichts zähneknirschend akzeptiert", erläuterte Fredi Bobic zu der Angelegenheit, denn: „Man muss immer die Erfolgsaussichten abwägen." So fehlt der Kapitän also auch im Derby beim 1. FC Union (20.11.) und im Heimspiel gegen den FC Augsburg (27.11.).
Unvermeidbare personelle Rochade in Viererkette
Die im Vorfeld der Leverkusen-Partie aufgekommene Kritik an den Bedingungen im Olympiastadion ließ der Sportvorstand im Übrigen mit einem Augenzwinkern abprallen: „Der Rasen wird schon bespielbar sein – wahrscheinlich so wie zu der Zeit, als Pal und ich noch gekickt haben." Zwischen den Zeilen war dabei herauszuhören, dass der Zustand des Grüns den Verantwortlichen bei Hertha BSC gar nicht so fürchterlich unrecht kam – gegen einen spielfreudigen und offensivstarken Gegner wie die Mannschaft vom Rhein. Noch am Donnerstag vor dem Spiel hatte ja ebenfalls ausgerechnet Lokalrivale Union in der Europa Conference League gegen Feyenoord Rotterdam bei Dauerregen dem Geläuf noch einmal stark zugesetzt. Aber das Drehbuch für Herthas Bundesligapartie war dort sicherlich schon längst geschrieben: Denn nach der Ernüchterung der 0:2-Niederlage in Hoffenheim hieß es, wieder einmal zu den alten Tugenden zurückzukehren. Und da gab es eben kein besseres Vorbild als das vorherige Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach, das Hertha BSC mit viel Kampf und Leidenschaft, aber auch wenig Finesse mit 1:0 für sich entscheiden konnte. Fredi Bobic hatte zudem die Chancen gegen Bayers Elf („Ich weiß, dass sie schlagbar sind") hervorgehoben –
und auch der Trainer die Bedeutung des Spiels gegen Leverkusen unterstrichen: „Für mich ist es ein sehr wichtiges Spiel: Schaffen wir etwas Schönes, haben wir gute Karten bis Weihnachten", so Pal Dardai vor der Partie. Da die positive Bilanz mit zehn Punkten und keinem einzigen Gegentor aus den vorangegangenen vier Aufeinandertreffen mit Bayer 04 dann in letzter Minute noch einen unschönen Kratzer bekam, muss die Frage über die Qualität des Blatts der „Alten Dame" also wohl oder übel auf das Derby am 20. November vertagt werden.
Dass sich allgemein die Stimmung rund um Hertha BSC nach den beiden Siegen in Frankfurt und gegen Mönchengladbach nicht mehr ganz so aufgeregt darstellt, bewiesen auch zwei Schlagzeilen der vergangenen Woche, die zumindest bislang medial keine größeren Wellen schlagen wollten. Da ist zum einen die Aussage von Fredi Bobic: „Eigentlich hätte Pal fliegen müssen", und zwar nach den drei Niederlagen zum Ligastart und seinem kapriziös anmutenden Auftritt, bei dem er praktisch sein Amt öffentlich zur Verfügung gestellt hatte. Herthas Sportvorstand unterstrich jedoch in dem Interview mit dem TV-Sender Dazn, warum er diesen Schritt letztlich nicht vollzog: „Ich wollte dem Verein auch zeigen, dass wir Ruhe und Stabilität brauchen." Die andere Schlagzeile in Zusammenhang mit Hertha BSC, die eine gewisse Sprengkraft besaß, zündete in der Hauptstadt ebenfalls noch nicht: „Windhorst-Holding insolvent", lautete die Überschrift der besagten Meldung. Demnach sei die Tennor Holding, über die Investor Lars Windhorst Hertha BSC insgesamt etwa 375 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat, in den Niederlanden wegen einer Gläubigerforderung gerichtlich für insolvent erklärt worden. Ein Dementi des 44-jährigen Unternehmers, es handele sich dabei um ein Missverständnis, und die Ankündigung eines Einspruchs reichten aber, um auch in diesem Fall keinen Sturm aufkommen zu lassen. Nicht zuletzt, so der mediale Tenor, seien die Vereinbarungen mit Hertha BSC und damit der Profiabteilung ohnehin nicht betroffen, da in diesem Fall laut „Manager Magazin" noch eine weitere Holding zwischengeschaltet sei. Nicht ausgeschlossen jedoch, dass beide Thematiken weiter in den Mittelpunkt rücken, sollten sich die Karten bei Hertha vor Weihnachten sportlich wieder verschlechtern.
Neuer Rasen im Olympiastadion in der Winterpause
In der Bundesligapause wird in jedem Fall nun die Zeit genutzt, um im Olympiastadion den Rasen auszutauschen und auf frischem Grün den Jahresendspurt zu bestreiten. Zu den Heimspielen gegen den FC Augsburg (27.11.) und Arminia Bielefeld (11.12.) kann Hertha BSC dann auf dem neuen Teppich seine spielerischen Qualitäten beweisen – bevor die Grasnarbe dann im letzten Auftritt vor Weihnachten gegen Borussia Dortmund (18.12.) sicherlich eher von Herthas Spielern wieder einem Härtetest unterzogen wird.