Kaum jemand gibt gern zu, dass er oder sie hin und wieder schwach wird und sich einen Burger oder ähnlich wenig Gesundes reinpfeift. Wider besseres Wissen um gesundes und weniger gesundes Essen – Fast Food boomt bis heute.
Als vor 50 Jahren die erste Filiale des US-amerikanischen Unternehmens McDonald’s in Deutschland eröffnet wurde, standen die meisten Deutschen dem neumodischen Hamburger, diesem fettigen Fleisch-häppchen zwischen zwei labberigen Brötchenhälften, lange zurückhaltend gegenüber. Auch wenn ein paniertes Schweineschnitzel mit Pilzrahmsoße damals noch als Höhepunkt der teutonischen Kulinarik galt und von Hochküche in Deutschland noch keine Rede sein konnte: Auf Messer und Gabel wollte der Durchschnittsdeutsche halt nicht verzichten. Mit den Fingern essen? Ging gar nicht.
Es dauerte mehr als ein Jahrzehnt, bis etwas Bewegung in den Fast-Food-Trend kam, der dann aber mächtig Fahrt aufnahm und spätestens Mitte der 80er- und in den 90er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts einen gigantischen Boom erlebte. Dieser zog sich bis ins erste Jahrzehnt des neuen Jahrtausends. Obwohl nach der Jahrtausendwende der Trend zur gesünderen Ernährung immer stärker in den Fokus rückte, gaben Ende 2007 90 Prozent aller Bundesbürger an, hin und wieder ein Fast-Food-Restaurant zu besuchen, 60 Prozent sogar mindestens einmal im Monat. Ein Viertel der damals 14- bis 30-Jährigen ging sogar einmal die Woche zu McDonald’s, Burger King, Kentucky Fried Chicken (KFC) und Co. Ob Hamburger, Pizza, Currywurst oder Kebab – an Fast Food kam und kommt niemand vorbei.
Vermeintlich gesündere Alternativen
Im vergangenen Jahrzehnt hat sich viel getan. Die Menschen legen heute deutlich mehr Wert auf eine ausgewogene und vor allem gesündere Ernährung. Neue Bewerber haben diesen Trend für sich entdeckt und versuchen, einen Teil vom großen Kuchen abzubekommen. Insbesondere die vielfältige asiatische Küche genießt den Ruf, leicht und gesund zu sein. Entsprechend schossen in den letzten Jahren asiatische Restaurants und Schnellimbisse wie Pilze aus dem Boden. Sushi etwa, das Nationalgericht Japans und dort ein wahres Heiligtum der Kulinarik, gehört hier längst zum täglichen Fast-Food-Angebot, das an nahezu jeder Ecke offeriert wird.
Tatsächlich ist es bei den meisten dieser Schnellimbiss-Angebote mit gesunder Ernährung allerdings nicht allzu weit her. Wer flott und billig an sein Essen möchte, kommt auch beim schnellen Asiaten meist um eine ganze Latte an Geschmacks- und Zusatzstoffen wie Glutamat und Ähnlichem nicht herum. Und hochwertigen Fisch auf kleinen Reisbällchen gibt es eben auch nicht zum Spottpreis. Entsprechend muss man auch beim Sushi meist Abstriche machen. Dennoch haben sich diese Angebote längst etabliert und die bisherigen Platzhirsche gezwungen, ihre Angebote anzupassen und um abgewanderte Kunden zu kämpfen. Nicht zuletzt auch, weil zudem plötzlich Restaurants aufkamen, die den klassischen Burger neu interpretierten: mit hochwertigen Produkten, nicht selten aus der Region. Dazu selbst gebackenen Burgerbrötchen, die statt weich und labberig plötzlich knackig-kross waren, selbst gemachte Soßen und vieles mehr.
Insbesondere Marktführer McDonald’s ist mit großer Marketing-Kampagne vorangegangen, um sein Image aufzupolieren, hat aber tatsächlich auch etwas verändert. Auf viele Zusatzstoffe, die früher verwendet wurden, wird mittlerweile verzichtet. Die Maxime: weniger Salz, weniger Zucker, weniger E-Stoffe. Und mehr Regionalität. Schon bei der Produktion und auch bei der Verpackung seiner Produkte achtet der Branchenriese – wie auch die meisten seiner Mitbewerber – inzwischen auf mehr Nachhaltigkeit.
Corona befeuert Fast-Food-Trend wieder
Wirklich gesund werden die Produkte dadurch aber dennoch nicht, auch wenn die Ketten heute deutlich transparenter mit ihren Angaben sind, als dies früher der Fall war und längst auch Salate und andere vegetarische Produkte im Portfolio haben. Bleiben wir beim Beispiel McDonald’s. Vor allem Kinder lieben den Besuch beim Goldenen M, der seine kleine Kundschaft gern mit Spielzeug lockt: Ein sogenanntes Happy Meal für Kinder mit Hamburger, einer kleinen Pommes mit Ketchup und Majo sowie einem kleinen Vanillemilchshake und einem Fruchtpüree als Nachspeise – einer gängigen Zusammenstellung – schlägt in dieser Kombination mit stolzen 1.047 Kilokalorien (kcal) zu Buche. In diesem Kindermenü stecken knapp 46 Gramm Fett und mehr als 58 Gramm Zucker. Laut der Gesundheitskasse AOK empfiehlt der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte nicht mehr als 25 Gramm Zucker pro Kind und Tag. Der gesamte Tagesbedarf von Kindern im Alter zwischen sieben und zehn Jahren – die Hauptzielgruppe – beträgt nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung übrigens zwischen 1.500 (Mädchen) und 1.700 (Jungs) bis maximal 2.000 (2.100) kcal für besonders aktive Kinder. Kleiner Tipp für Eltern, die dennoch nicht immer Nein sagen wollen: Ersetzt man den Milchshake gegen ein Mineralwasser und das Fruchtpüree durch einen Apfel, wird die Gesamtbilanz zumindest etwas freundlicher. Die Corona-Pandemie hat den Trend zu mehr Fast Food übrigens wieder befeuert. Durch die lange Schließung der traditionellen Gastronomie hat der schnelle Take-away-Service wieder deutlich mehr Zuspruch erhalten. Auch wenn viele klassische Restaurants versucht haben, in dieser Zeit auf eine Art Schnellimbiss umzustellen und entsprechende Angebote zu machen, um die Krise überhaupt zu überstehen, war dies ein ungleicher Kampf. Gegen die perfekt organisierte und auf die Sekunde optimierte System-gastronomie der bekannten Branchenriesen war schwer anzukochen.
Auch wenn McDonald’s, Burger King und KFC anfangs durch die Schließung der Innengastronomie selbst schwer zu kämpfen hatten, erwies sich die Vielzahl der Drive-in-Schalter in dieser Zeit als Glücksfall. Lag der Umsatz bei Burger King am Autoschalter vor Corona bei etwa 30 Prozent des Gesamtumsatzes, stieg er im Sommer 2020 schlagartig auf mehr als 45 Prozent, wie das „Handelsblatt" schreibt. Konkurrent McDonald’s erhöhte den Umsatz am Drive-in-Schalter sogar von 30 auf 50 Prozent. Größter Gewinner war aber KFC, das laut „Handelsblatt" den entsprechenden Umsatz von 27 Prozent vor Corona auf mehr als 60 Prozent im Sommer 2020 und sogar auf 85 Prozent im November vorigen Jahres steigerte. Von 174 KFC-Restaurants hierzulande haben 110 einen Autoschalter.