Die rasante Komödie „Das schwarze Quadrat" zeigt seit 25. November, wie turbulent es dank eines gestohlenen Bildes hinter den Kabinentüren eines Kreuzfahrtschiffs zugehen kann.
Wer diesen Film gesehen hat, wird an Bord eines Kreuzfahrtdampfers künftig Passagiere und Showprogramm mit anderen Augen sehen. Sieht der Typ dort nicht aus wie ein Mafiosi? Ist der Stolperer auf der Bühne ein Versehen oder Teil einer Verfolgungsjagd? Ist der Elvis-Imitator in Wirklichkeit ein Krimineller?
Kunstdiebe als Elvis und Bowie
Kriminell, das sind nämlich Vincent (Bernhard Schütz) und Nils (Jacob Matschenz), zwei Kunstdiebe, die auf dem Schiff sind, um dort ein gestohlenes Bild abzuliefern: das 60 Millionen Euro teure Werk „Das schwarze Quadrat". Das Gemälde gibt es wirklich, es ist ein ikonisches Werk der Malerei des 20. Jahrhunderts. Eine erste Version von Kasimir Malewitsch wurde 1915 in Sankt Petersburg ausgestellt. Es stellt eine schwarze Fläche mit weißem Rand dar. Malewitsch soll dazu gesagt haben: „Als ich 1913 den verzweifelten Versuch unternahm, die Kunst vom Gewicht der Dinge zu befreien, stellte ich ein Gemälde aus, das nicht mehr war als ein schwarzes Quadrat auf einem weißen Grundfeld. Es war kein leeres Quadrat, das ich ausstellte, sondern vielmehr die Empfindung der Gegenstandslosigkeit." Das Werk versetzt Kunstkenner in Verzückung, lässt andere aber mit der Frage zurück: Ist das Kunst oder kann das weg?
Vincent und Nils, die das teure Bild geklaut haben, warten im Kreuzfahrtterminal auf Charlie, der sie mit Pässen beliefern soll, aber dummerweise im Stau steckt. Also müssen Nils und Vincent improvisieren, um aufs Schiff zu kommen und das Bild dort abzuliefern. Sie schnappen sich die zwei letzten Passagiere, knocken sie aus und checken in letzter Minute mit deren Pässen ein. Aber Augen auf bei der Opferwahl: Die beiden eigentlichen Passagiere sollten nämlich als Showunterhalter „Elvis" und „David Bowie" auf das Schiff. Und so kommt es, dass statt ihrer nun Vincent und Nils auftreten müssen. Vincent war, bevor er sich auf das Stehlen von Kunst verlegte, selber Maler – erfolglos, aber immerhin keiner von den „verschissenen Kunstwichsern", wie er genervt in der Künstlergarderobe feststellt, während es ihm nicht gelingt, sich im Stil von David Bowie zu schminken. Und von wegen „da guckt doch sowieso keiner zu": Nach Vincents kläglicher Performance herrscht eisiges Schweigen im Saal, während Nils besonders beim weiblichen Publikum gut ankommt.
„Liebenswürdige Schlitzohren"
Mit ihrer schrägen Nummer ziehen die beiden jedenfalls die Aufmerksamkeit der Bordpianistin Mia (Pheline Roggan) und des „First Gentleman Host" Levi (Christopher Schärf) auf sich. Die durchwühlen die Kabine der Ganoven und finden tatsächlich das Bild. Kurz gegoogelt und schon ist klar, was sie da für einen großen Fisch an Land gezogen haben. Damit nicht genug, hinter dem Bild sind noch zwei andere Passagiere her: ein Polizist und Martha (Sandra Hüller), ehemalige Galeristin und jetzige Mitarbeiterin des russischen Oligarchen, der den Raub in Auftrag gegeben hat. Ohne mit der Wimper zu zucken, räumt Martha den Polizisten aus dem Weg und schneidet ihm einen Daumen ab, um sein Handy zu entsperren. Dumm nur, dass der Typ dazu den anderen Daumen benutzt. Also macht sie sich an Vincent heran und verwickelt ihn in ein Gespräch über Kunst. Mia und Levi stehlen gleichzeitig das Bild. Vincent ist geschockt, als er den Diebstahl bemerkt. Ein neues Werk muss her. Ein schwarzes Quadrat auf weißem Grund kann doch nicht so schwer sein. Nils lässt dafür ein Bild aus dem Flur mitgehen, was wiederum die Cruise-Managerin Helen (Victoria Trauttmansdorff) und der Security-Guard Bernhard (Wolfgang Packhäuser) mitkriegen und ihrerseits nun nachforschen. Derweil macht sich Vincent mit Kaffeebohnen und, ja, mit Urin ans Fälschen. Aber auch dieses Bild verschwindet. Mit einer weiteren Fälschung macht er sich schließlich auf den Weg zu seinem Auftraggeber. Doch auch das nächste Bild ist bald nicht mehr auffindbar. Eine turbulente Jagd quer durch das Schiff beginnt. Es wird geboxt und gebissen und die Pistole von Martha hat inzwischen einen Schalldämpfer. Wie der Kampf ausgeht, sei hier nicht verraten, nur so viel: Wenn irgendwo in der Welt ein Bild mit dem Namen „Das schwarze Quadrat" hängt, nur mal kurz dran riechen. Wenn es nach… genau, dann ist es vielleicht eine Fälschung.
„Das schwarze Quadrat" war der Eröffnungsfilm der 55. Internationalen Hofer Filmtage 2021 und wurde mit dem „Förderpreis Neues Deutsches Kino" ausgezeichnet. Begründung der Jury: „In einem irrwitzigen Tempo mit einem großartigen Ensemble aus faszinierenden und liebenswürdigen Schlitzohren inszeniert Autodidakt Peter Meister die Screwball-Komödie um ein absolutes Kunstwerk: das Gemälde ‚Das schwarze Quadrat‘ von Kasimir Malewitsch." Ja, es ist ein großartiges Ensemble, aber ob das Tempo wirklich so irrwitzig ist, muss jeder selber im Kino entscheiden.