Der US-Schauspieler und Comedy-Star Jason Sudeikis hat mit „Ted Lasso" einen Glücksfall im überquellenden Serien-Streaming-Angebot kreiert: einen Mann mit Herz, Verstand und Witz.
Einen zynischen Bastard zu spielen, der im Laufe der Zeit geläutert wird, das war das Letzte, was ich machen wollte", meint Jason Sudeikis lächelnd. „Erstens habe ich solche Typen schon viel zu oft dargestellt. Und zweitens: wie langweilig! Viel lieber habe ich mit Ted Lasso versucht, konventionelle Verhaltensmuster aufzubrechen und mich über Vorurteile und Klischees lustig zu machen." Mission accomplished! Jason Sudeikis spielt in der TV-Serie „Ted Lasso" nicht nur die Titelfigur: Er hat die Serie auch mitentwickelt und fungierte bei allen 22 Episoden als Co-Autor. Selten waren sich Kritiker und Publikum in ihrem Urteil dermaßen einig. Ihr Verdikt: „Ted Lasso" ist genau die Show, die wir jetzt brauchen!
Was war passiert? Den amerikanischen College-Football-Trainer Ted Lasso (Jason Sudeikis) verschlägt es gemeinsam mit Hilfscoach Beard (Brendan Hunt) nach London. Dort heuert man ihn für die mittelmäßige Premier-League-Mannschaft AFC Richmond als Trainer an, obwohl Ted Lasso vom Fußball genauso viel versteht wie eine Kuh vom Charleston-Tanzen. Vereins-Chefin Rebecca Welton (Hannah Waddingham) weiß das nur zu gut. Denn gerade Teds haarsträubende Inkompetenz passt perfekt zu ihrem geheimen Vorhaben: Sie will den ganzen Verein spektakulär gegen die Wand fahren! Und zwar als Rache an ihrem Ex-Mann (Anthony Head), dessen geliebter Fußball-Club nach der Scheidung ausgerechnet ihr zugesprochen wurde. Zunächst scheint ihr perfider Plan auch aufzugehen. Die Mannschaft, die Fans und die Presse lassen kein gutes Haar an dem neuen Trainer. Sie begegnen ihm feindselig und mit zynischer Arroganz. Doch Ted Lasso lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. (Achtung: Wer keine Spoiler lesen möchte, sollte an dieser Stelle schon zum nächsten Absatz springen.) Mit entwaffnender Offenheit, Humor und Herzenswärme gelingt es Ted Lasso, sowohl die Mannschaft für sich zu gewinnen als auch die Menschen, die mit ihm zu tun haben. Er wird zum Seelen-Coach. Zwar steigt der Club am Ende der ersten Staffel ab, Ted Lasso wird aber trotzdem nicht gefeuert. In der zweiten Staffel schafft er es sogar, dass der AFC Richmond wieder in die Premier League aufsteigen kann. Das Faszinierende an dieser Serie: Zwar dreht sich alles um Fußball, doch es geht eigentlich gar nicht um Fußball – sondern um die Menschen.
„Neugierig, nicht voreingenommen"
Zu Beginn der Serie sind die Figuren eher Stereotypen: Die verbitterte und frustrierte Ex-Ehefrau, gespielt von Hannah Waddingham, die mit ihrer voluptuösen Performance fast allen die Show stiehlt. Die sexy, aber hirnlose Influencerin Keeley Jones (Juno Temple), diverse Fußballer-Primadonnen (darunter die One-man-Stampede Roy Kent, hingeknallt von Brett „Fuck!" Goldstein) und eine Handvoll anderer Profilneurotiker. Unter Ted Lassos Herzensgüte und Einfühlungsvermögen werden sie jedoch schnell zu dreidimensionalen Mitmenschen, für die man sich im Laufe der Zeit brennend interessiert.
Dazu Jason Sudeikis: „Es ist auch eine Serie über Vergebung und Erlösung, über Hoffnung und Sehnsucht und darüber, den Glauben an eine Sache nicht zu verlieren. Und natürlich auch über Nächstenliebe. Ziemlich starker Tobak, ich weiß. Aber vielleicht war das genau die richtige Mischung während dieser schrecklichen Pandemie." Das Kunststück der Serie: Leichtfüßig hält sie die Balance und meistert den Drahtseilakt zwischen Humor, der oft pechschwarz eingefärbt ist, und Sentiment, das nie ins Triviale oder Sentimentale kippt. Ted Lassos Mantra lautet „Sei neugierig, nicht voreingenommen" und zieht sich wie ein roter Faden durch alle Episoden. Als Zuschauer ist man also öfter versucht, sich zu fragen: Wie viel Jason Sudeikis steckt eigentlich in Ted Lasso?
Daniel Jason Sudeikis wurde 1975 in Virginia geboren, verbrachte seine Kindheit und Jugend aber in Kansas. Nach dem College versuchte er sich als Komiker in verschiedenen Impro-Theater-Gruppen, die ihn nach Chicago und Las Vegas führten. Ende der 1990er-Jahre hatte er auch kleinere Auftritte im Fernsehen. 2003 wurde er als Comedyautor für „Saturday Night Live" (SNL) engagiert. In dieser Kult-Comedy-Show lernte er, wie er sagt, das Schreiben von der Pike auf. Von 2006 bis 2013 war er auch festes Mitglied dieses Comedy-Ensembles, zu dem damals unter anderem Kristen Wiig, Tina Fey, Bill Hader und Seth Meyers gehörten. Zu den Persönlichkeiten, die er damals darstellte und über die er sich in satirischen Sketchen lustig machte, gehörten George W. Bush, Joe Biden und Mitt Romney. „Bei SNL fängt man als hungriger junger Mann an, der noch viel zu lernen hat, und durch die Zusammenarbeit mit den Besten des Comedy-Fachs dort auch sehr viel lernen kann. Aber irgendwann hatte ich das Gefühl, dass es mir nicht mehr reicht, zum x-ten Mal George W. Bush zu veralbern. Ich hatte mich weiterentwickelt und wollte das auch in anderen Formaten zeigen."
Sein schauspielerisches Talent zeigte er auch bei Gastauftritten in Tina Feys Comedy-Show „30 Rock" und in Filmkomödien wie „Der Kautions-Cop" (2010), „Alles erlaubt – Eine Woche ohne Regeln" (2011) und „Wir sind die Millers" (2013). Seinen internationalen Durchbruch hatte er mit den beiden „Kill The Boss"-Filmen (2011, 2014) an der Seite von Jennifer Aniston und Jason Bateman. Danach spielte er in Produktionen wie „Downsizing" (2017), „Driven" (2018) und „Booksmart" (2019) und hatte einen Gastauftritt als Stormtrooper in der TV-Serie „The Mandalorian" (2020), wo er Baby-Yoda schlägt, was einem Aufschrei im Internet zur Folge hatte.
Trennung als Chance sehen
Privat lief es bei Jason Sudeikis nicht ganz so glatt. 2004 heiratete er die Produzentin und Drehbuchautorin Kay Cannon, die Scheidung folgte sechs Jahre später. 2013 verlobte er sich mit der Schauspielerin Olivia Wilde („Cowboys & Aliens", 2011), mit der er einen Sohn, Otis (7), und eine Tochter, Daisy (5), hat. Das Paar trennte sich Ende 2020. Wilde hatte wohl einen neuen Mann in ihrem Leben. Jedenfalls wurde sie Händchen haltend und eng umschlungen mit dem Sänger Harry Styles gesehen. Dass sie den Vater ihrer Kinder verlassen hat, wurde von der Klatschpresse weidlich ausgeschlachtet. Und Jason Sudeikis gab öffentlich zu, dass er noch immer nicht ganz versteht, wie es dazu kommen konnte, und immer noch darunter leidet. Aber der 46-jährige Entertainer hat sich fest vorgenommen, die Trennung als Chance zu sehen und daraus etwas fürs Leben zu lernen. „Aus einer so bitteren Erfahrung lernst du entweder etwas, oder du machst dir selbst etwas vor und versuchst dauernd Ausreden zu finden. Ich habe mich dazu durchgerungen, Verantwortung zu übernehmen. Ich will nicht mehr dauernd zurückschauen, sondern mutig weitergehen. Das bin ich schon allein meinen beiden Kindern schuldig."
Dieser persönliche Trennungsschmerz hat sich vielleicht auch in der Figur Ted Lassso manifestiert. Denn der eigentliche Grund für Teds Umzug nach England ist seine Hoffnung, so besser mit der Trennung von seiner Frau umgehen zu können. Obwohl es ihn unendlich traurig macht, dass er mit seinem Sohn nur via Zoom kommunizieren kann. Ted Lasso hat sogar Panikattacken und sucht bei einer Psychologin Hilfe. Sudeikis betont, dass die Drehbücher zu diesen Episoden schon vor drei Jahren geschrieben wurden und man, um Himmels Willen, nicht zu viel hinein interpretieren sollte. Die zweite Staffel wurde allerdings erst vor kurzem abgedreht. Dabei hat Jason Sudeikis privater Gemütszustand ganz sicher auf Ted Lasso abgefärbt, oder? „Aber nein, ich bin nicht Ted Lasso! Er ist ein viel besserer und ausgeglichenerer Mensch als ich. Aber in Ted, wie übrigens in allen anderen Charakteren der Show, steckt natürlich auch viel von mir selbst drin", meint er lächelnd. Sicher ist, dass Jason Sudeikis an dieser Rolle, an dieser Serie gewachsen ist – und sich in die Herzen seiner Zuschauer gespielt hat. So ist es nicht verwunderlich, dass er Anfang des Jahres für seine Rolle als Ted Lasso einen Golden Globe in der Kategorie Bester Hauptdarsteller in einer TV-Comedy bekommen hat. Und damit nicht genug: Für die zweite Staffel gab es sage und schreibe 20 Emmy-Nominierungen, und siebenmal hat er die Statue nach Hause gebracht. Darunter einen Emmy für ihn als bester Hauptdarsteller, jeweils einen in der Kategorie beste(r) Nebendarsteller(in) für Hannah Waddingham und Brett Goldstein sowie einen als beste Comedyserie. Eine dritte und letzte Staffel ist bereits in Arbeit.
Jason Sudeikis, dem gute Umgangsformen und Höflichkeit persönlich sehr wichtig sind, nennt als größtes Hindernis im Leben „ein zu großes Ego, Gleichgültigkeit und Zynismus". Mit „Ted Lasso" hat er die Latte für intelligent gemachte Comedy mit echter emotionaler Tiefe sehr hoch gelegt. Und vielleicht ist Ted Lassos Lebensweisheit ja gar nicht so naiv? Er meint nämlich: „Welches ist das glücklichste Tier? Der Goldfisch. Denn der kann sich nur zehn Sekunden lang an etwas erinnern. Also: Sei ein Goldfisch!"