Viel spricht dafür, dass regelmäßiger Kaffeekonsum positive Auswirkungen für die Gesundheit hat. Die Senkung des Diabetes-Risikos gilt wissenschaftlich als gesichert. Daneben weisen immer mehr Studien auf seine präventive Wirksamkeit vor chronischen Lebererkrankungen hin.
Gut 160 Liter Kaffee, was umgerechnet etwa 1.000 Tassen entspricht, trinkt jeder Bundesbürger im Jahr. Damit ist Kaffee das beliebteste Getränk der Deutschen. Kein Wunder daher, dass sich um den Trunk jede Menge Mythen ranken. Die Mär vom körperlichen Flüssigkeitsräuber ist dabei zwar längst wissenschaftlich widerlegt worden, hat sich aber in vielen Köpfen dennoch weiterhin festgesetzt. Mehr als ein harntreibender Effekt kann Kaffee nämlich nicht zugeschrieben werden. Auch das rasante Hochschießen des Blutdrucks nach dem Käffchen-Konsum ist kaum mehr als ein Mythos, weil die Wirkung auf die Gefäße tatsächlich mehr als überschaubar ist. Da Kaffee wegen des Inhaltsstoffs Koffein völlig zurecht als Wach- und Muntermacher gilt, der die Herztätigkeit beschleunigt sowie Antrieb, Stimmung, Aufmerksamkeit und Konzentrationsvermögen stimuliert, wird er von manchen Menschen auch für ihre Schlafstörungen verantwortlich gemacht. Da das Koffein tatsächlich durch Andocken an speziellen Nervenzellen-Rezeptoren den Müdigkeit auslösenden körpereigenen Botenstoff Adenosin verdrängen kann, sollte er von Personen, die Probleme mit der Nachtruhe haben, nur in Maßen genossen werden. Das wird auch Frauen geraten die an Osteoporose leiden, obwohl eine Langzeitstudie aus dem Jahr 2013 nur eine geringfügige Abnahme der Knochendichte selbst bei ausgeprägtem Kaffeekonsum nachweisen konnte. Eine Untersuchung der Universität Hongkong aus dem Jahr 2019 hatte sogar regelmäßigem Kaffeetrinken eine Zunahme der Knochenmineraldichte zugeschrieben. Eine kleine Studie der TU Kaiserslautern aus dem Jahr 2015 hatte zudem eine schützende Wirkung des menschlichen Erbguts DNA durch Kaffeetrinken postuliert.
Ob Kaffeetrinken letztlich gesund oder schädlich ist, ist ein in den Medien seit Jahren viel und heiß diskutiertes Thema. Wobei meist Emotionen mit im Spiel sind: Man liebt ihn oder man hasst ihn. Das schlägt sich auch in wissenschaftlichen Veröffentlichungen nieder. „Vermutlich gibt es nach wie vor ebenso viele Studien", so kürzlich die „Apotheken-Umschau", „die dem Getränk negative Effekte bescheinigen wie solche, die positive Wirkungen aufzeigen". In jüngster Zeit scheinen Berichte zu überwiegen, die dem Kaffee gesundheitsfördernde Eigenschaften zuschreiben wollen. Dabei wurden immer wieder die Ergebnisse der 2017 erstellten und im renommierten Fachmagazin „British Medical Journey" veröffentlichten Meta-Analyse von 200 Einzelstudien der University of Southampton zitiert. Demnach soll sich ein moderater Kaffeekonsum von drei bis vier Tassen täglich rundum positiv auf die Gesundheit auswirken. Konkret wurde ein geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Schlaganfälle und Leberkrebs angenommen. Auch ein niedrigeres Risiko für Parkinson, Alzheimer, Diabetes und Depressionen wurde vermutet. Allerdings machten die Wissenschaftler die Einschränkung, dass womöglich auch andere Faktoren wie Ernährungsgewohnheiten, allgemeine körperliche Fitness oder Nikotinverzicht einen nicht unerheblichen Einfluss auf das positive Gesamtergebnis haben könnten. Eine im Sommer 2020 veröffentlichte Metaanalyse der thailändischen Mahidol University kam nach Auswertung von rund 26.000 Personen-Datensätzen zu der Schlussfolgerung, dass regelmäßiger Kaffeekonsum das Risiko, langfristig eine chronische Niereninsuffizienz zu entwickeln, um 13 Prozent reduzieren könne. Dafür hatten die Wissenschaftler die antioxidative Wirkung bestimmter Inhaltsstoffe, neben Koffein möglicherweise auch Chlorogensäure, Niacin und Chinidin, verantwortlich gemacht. Das grundlegende Problem beim Kaffee ist, das viele seiner insgesamt rund 1.000 Inhaltsstoffe noch wissenschaftlich unerforscht sind und daher etwaige positive Effekte auf die Gesundheit nicht exakt zugeschrieben werden können.
Weltweiter Anstieg an CLD
Angesichts des weltweit rasanten Anstiegs der Chronischen Lebererkrankungen (CLD als Abkürzung für Chronic Liver Desease), die global vor allem auch mangels wirksamer Präventions- und Behandlungsstrategien immer mehr zu einem großen Gesundheitsproblem und vor allem in Gestalt der Fettleber längst schon zu einer Volkskrankheit geworden sind, haben diverse Studien der letzten zehn Jahre berechtigte Hoffnungen wecken können, dass regelmäßiger Kaffee-Konsum womöglich einen effektiven Präventivschutz bieten kann. Immerhin sind Lebererkrankungen, die in unserem schmerzunempfindlichen Organ ablaufen und sich daher zunächst häufig unbemerkt entwickeln können, inzwischen hierzulande auf den fünften Platz der Sterbestatistik hochgeklettert. Im Unterschied beispielsweise zu Krebserkrankungen oder Herz-Kreislauf-Leiden sterben die Betroffenen überwiegend bereits im jüngeren Lebensalter. Die Leberzirrhose mit dem irreversiblen Verlust des Organs ist dabei nur das Endstadium einer langjährigen Leberschädigung infolge einer Chronischen Lebererkrankung, bei der funktionierendes Lungengewebe immer mehr durch Narbengewebe ersetzt wird. Chronische Lebererkrankungen können durch Hepatitis-B- und C-Viren hervorgerufen werden. Die Fettleber, unter der inzwischen schon ein Viertel aller Deutschen leidet und von der hierzulande 85 Prozent aller Übergewichtigen und Diabetiker betroffen sind, zählt allerdings zu den stoffwechselbedingten Chronischen Lebererkrankungen. Man unterscheidet zwischen alkoholischer Fettleber und nicht-alkoholischer Fettleber; für letztere werden Übergewicht oder Insulin-Resistenz verantwortlich gemacht. Daneben gibt es noch Chronische Lebererkrankungen mit Gallenstau, die Autoimmunhepatitis, die Kupferspeicherkrankheit Morbus Wilson sowie die Eisenspeicherkrankheit Hämochromatose.
Für die neueste, kürzlich im Fachmagazin „BMC Public Health" veröffentlichte Studie, die die positiven gesundheitlichen Auswirkungen des Kaffeekonsums als präventive Maßnahme gegen chronische Lebererkrankungen belegen sollte, hatte ein Wissenschaftler-Team der University of Southampton unter Leitung von Dr. Oliver John Kennedy die Gesundheitsdaten von rund 500.000 Briten im Alter zwischen 40 und 69 Jahren mithilfe der „UK Biobank" ausgewertet. Alle Teilnehmer mussten Fragen zur Krankengeschichte, zum Lebensstil (inklusive Alkoholgenuss) und zum Kaffeekonsum beantworten. Zusätzlich wurden sie einer körperlichen Untersuchung samt Ermittlung des Body-Mass-Index sowie Urin- und Blutproben unterzogen.
Koffein allein nicht ausschlaggebend
Über einen Beobachtungszeitraum von fast elf Jahren wurden in der Probandengruppe, die aus rund 385.000 Kaffeetrinkern und gut 110.000 Kaffeeabstinenzlern zusammengesetzt war, 3.600 Fälle von Chronischen Lebererkrankungen (CLD), 5.439 Fälle von Fettleber (auch Steatose genannt), 184 Leberkrebsfälle (einschließlich 83 Todesfällen) und 301 Todesfälle infolge von CLD registriert. Auffällig war, dass Personen, die wenig oder keinen Kaffee getrunken hatten, deutlich häufiger an CLD erkrankt waren. „Das Risiko nahm umgekehrt proportional zum Kaffeekonsum ab", so Dr. Oliver John Kennedy, „am niedrigsten war es bei drei bis vier Tassen Kaffee am Tag". Den Analysen zufolge hatten die Kaffeetrinker im Vergleich zu den Kaffee-Verweigerern ein um 21 Prozent geringeres Risiko, an CLD zu erkranken. Auch das Risiko, eine Fettleber zu entwickeln, war um 20 Prozent geringer. Die Wahrscheinlichkeit, an einer Lebererkrankung zu sterben, reduzierte sich bei den Kaffeetrinkern sogar um stolze 49 Prozent.
Laut den Untersuchungen lag die optimale Trinkmenge bei drei bis vier Tassen täglich, ein Mehrkonsum brachte keine weiteren Vorteile. Die positiven Effekte traten bei allen Kaffee-Varianten auf, waren aber bei normalem Bohnenkaffee stärker ausgeprägt als bei Instantkaffee oder entkoffeiniertem Kaffee. Das Koffein allein kann also nicht der ausschlaggebende Inhaltsstoff sein, obwohl von ihm bekannt ist, dass es eine übermäßige Kollagenbildung von Leberzellen hemmen kann. Auch die als Antioxidans wirkende Chlorogensäuren oder die Terpen-Verbindungen Kahweol und Cafestol könnten eine wichtige Rolle spielen, weil sie als entzündungshemmend und zellschützend gelten.
Auch frühere Studien hatten schon Hinweise auf den positiven Effekt des Kaffeetrinkens auf die Leber nahelegen können. So hatte das US-amerikanische National Cancer Institute 2014 bei Kaffeekonsumenten bessere Leberwerte ermitteln können. Im gleichen Jahr hatten chinesische Forscher ein geringeres Leberkrebsrisiko bei regelmäßigem Kaffeegenuss feststellen können. Deshalb wurde schon vor Jahren darüber diskutiert, Koffein oder seinen Metabolit-Verwandten Paraxanthin als Arzneisubstanz gegen CLD einzusetzen.