Das Technikmuseum Sinsheim-Speyer gehört zu den bedeutendsten seiner Art und ist vor allem in Europa herausragend. Dies gilt nicht nur, aber insbesondere für die Weltraumausstellung, die seit 2008 hier beheimatet ist.
Der 2012 verstorbene Eberhard Layher, langjähriger Präsident des Technik-Museums Sinsheim und Speyer, beschrieb die Anfänge in Sinsheim so: „Wir waren eine Gruppe von Schraubern und Technik-Enthusiasten, die Spaß daran hatten, Autos zu restaurieren." Das war im Jahr 1981. Ein Jahrzehnt später kam Speyer dazu, und beide Standorte können von sich behaupten, bis heute zum Teil einzigartige Exponate zu zeigen. In Speyer gilt das besonders für die Weltraumausstellung „Apollo and Beyond", die 2008 eröffnet wurde und als größte dieser Art in Europa gilt.
Initiator ist Gerhard Daum, ein Weltraum-Enthusiast, den seit seiner Kindheit und der ersten Mondlandung 1969 dieses Thema nicht mehr losgelassen hat. Die Sammlung umfasst etwa 700 Exponate, von denen 500 ihm persönlich gehören. Natürlich wird er immer wieder gefragt, welches Ausstellungsstück für ihn die größte Bedeutung hat. Seine Antwort ist eindeutig: „Das ist der Mondstein, den ich als Dauerleihgabe von Apollo 15 von der Nasa bekommen habe. Der Astronaut Dave Scott hat ihn aus dem Mondfels geschlagen".
Echtes Stück Mondgestein
Da liegt er vor mir, etwas unscheinbar, in einem Glasgehäuse. Ich selbst kann mich noch gut daran erinnern, wie ich in Houston im Pressezentrum der Nasa 1971 die Bilder verfolgt habe, wie Dave Scott und James Irvin mit ihrem Mondauto zum Teil mit Bocksprüngen herumkurvten. Der Mondstein in Speyer ist von unschätzbarem Wert und verkörpert einen uralten Traum der Menschheit – ein Stück vom Mond auf der Erde zu haben. Direkt hinter der Vitrine steht auf einem Podest eine originalgetreue Nachbildung der Mondfähre Eagle, die am 20. Juli 1969 mit den Astronauten Neil Armstrong und Edward Aldrin auf dem Erdtrabanten landete. „Houston, Tranquility Base here. The Eagle has landed". Als Neil Armstrong diese Meldung abgab, brandete minutenlanger Jubel im Nasa-Pressezentum auf, und ich als Reporter mittendrin.
Wieder eine Erinnerung und immer noch kaum vorstellbar, dass dieses zerbrechlich wirkende Gebilde mit seiner goldenen Verkleidung sicher auf dem Mond gelandet ist. Die Faszination dieses Ereignisses hat auch Gerhard Daum geprägt. „Als Kind habe ich die Mondlandung verfolgt, und das hat mich nicht mehr losgelassen. Als Erwachsener war ich bei 55 Spaceshuttles in Cape Canaveral und Houston dabei, also fast der Hälfte der 135 Missionen, und da hat sich ein Riesennetzwerk gebildet. Bis heute habe ich 54 Astronauten und Kosmonauten hier in Speyer begrüßen dürfen, darunter zehn Apollo-Astronauten, von denen vier auf dem Mond waren."
Buran sieht aus wie US-Shuttle
Das unterstreicht die Bedeutung und Wertschätzung, die dieser Ausstellung entgegengebracht wird, die für die Besucher immer wieder neue Überraschungen bereithält. Wie die ersten Astronauten auf der ISS gearbeitet haben, kann man in einem begehbaren Spacelab-Trainingsmodell erleben. Entwickelt wurde das Weltraumlabor von der Esa. Das Original flog 1983 an Bord des Space Shuttles Columbia um die Erde. Zum Astronauten-Team gehörte auch Ulf Merbold, der erste Westdeutsche im All. Später habe ich für eine TV-Dokumentation Ulf Merbold im Esa-Zentrum in Noordwijk in Holland getroffen. Also wieder eine Erinnerung an viele Reportagen, zu denen auch der Livebericht vom Start des ersten Shuttle Columbia 1981 gehörte.
Aber auch die Konkurrenz aus der damaligen Sowjetunion ist in Speyer vertreten. Der Raumgleiter Buran sieht dem US-Shuttle verblüffend ähnlich. Vermutlich hat die Industriespionage gut funktioniert. Aber im Detail haperte es wohl, denn nach zahlreichen technischen Problemen wurde das Projekt aufgegeben, und der Buran landete als Ausstellungsstück in Speyer. Größtes Exponat ist eine Boeing 747-200, ein begehbarer Jumbo der Lufthansa. Er schwebt sozusagen auf einem Stahlgerüst über den vielen anderen historischen Flugzeugen. 1970 war ich beim Erstflug der Lufthansa von Frankfurt nach New York an Bord, heute immer noch beeindruckt von den Dimensionen, die eine Ära des Luftverkehrs prägten.
Es ist unmöglich, alle Exponate in Speyer zu beschreiben. Besonders umfangreich ist die Auto-Ausstellung. Angefangen von Oldtimern bis hin zu den schnittigen Modellen von Ferrari oder Mercedes. Beeindruckend sind auch historische Lokomotiven, und wer sich für die Unterwasserwelt interessiert, kann ein begehbares U-Boot der Bundesmarine erkunden. Dazu kommt noch ein I-Max-Kino mit wechselnden 3D-Filmen. Ein Tag ist für eine Besichtigung viel zu kurz.
Das stellte übrigens auch Charles Duke, der Kommandant von Apollo 16, als Ehrengast bei der Eröffnung der Weltraum-Ausstellung 2008 fest. Und das gilt nicht nur für Speyer. Denn etwa 30 Autominuten entfernt befindet sich der zweite Standort – in Sinsheim, wo alles begann. Dort kann man fast jeden Tag Hermann Layher treffen, der in die Fußstapfen seines Vaters getreten ist und ständig seine Schätze im Auge hat. Seit 2012 ist er Chef des Museums. „Es ist mein Hobby und meine Berufung." Layher kann unendlich viele Anekdoten erzählen. Fast alle drehen sich um die Ausstellungsstücke und wie sie nach Sinsheim oder Speyer gekommen sind.
Betrieben werden die Museen übrigens von einem eingetragenen Verein mit Mitgliedern in der ganzen Welt. „Es ist ein Konzept von Fans für Fans", betont Layher. „Das ist bei uns das Besondere." Im wahrsten Sinne des Wortes herausragend sind zwei Flugzeuge die sich ähneln wie Zwillinge: die Concorde und die Tupolev Tu 144. Auf einem Stahlgerüst montiert, ragen sie hoch in den Himmel. So als würden sie gerade starten. Aber das ist Geschichte. Die Tupolev hat nur einige Flüge absolviert. Dramatisch war der Absturz während der Luftfahrtausstellung von Le Bourget 1973. Auch die Concorde stürzte viele Jahre später nach dem Start vom Flughafen „Charles de Gaulle" in Paris ab. Am 25. Juli 2000. Danach war das Vertrauen in die Sicherheit der Concorde erschüttert.
Außerdem wurde der Betrieb zu teuer. Mit ihren 99 Plätzen verbrauchte sie genau so viel Kerosin wie die Boeing 747, die locker mehr als 400 Passiere transportieren konnte. Dennoch: Die Concorde trug nicht zu Unrecht den Titel „Königin der Lüfte". Als Dreiecksflügler mit ihrer beweglichen spitzen Nase schaffte sie mehr als zwei Mach, also doppelte Schallgeschwindigkeit. 1976 wurde sie in Dienst gestellt und flog zuverlässig bis zu dem tragischen Unfall in Paris. 2003 war dann Schluss mit dem Liniendienst.
Einzigartige Schau der Technik
Besucher in Sinsheim können sich in der Maschine anschauen, wie spartanisch die Kabine eingerichtet war. Schmale Sitze, ein enger Mittelgang und ein Cockpit mit unzähligen Schaltern und Rundinstrumenten. Für mich die Erinnerung an einen Flug im Cockpit von Bahrein nach London. Ich saß auf dem Jump Seat hinter dem Piloten, und noch immer höre ich das kreischende Geräusch, wenn die bewegliche Nase bei der Landung hydraulisch nach unten gefahren wird. Während des steilen Winkels beim Anflug des Dreiecksflüglers hätte ohne diesen technischen Trick der Pilot die Landebahn nicht sehen können. Allein wegen der Concorde lohnt sich schon ein Besuch in Sinsheim. Filmaufnahmen zeigen auch, wie das Flugzeug nach seiner letzten Landung auf dem Airport Baden-Baden in riesige Teile zerlegt über den Rhein und die Autobahn nach Sinsheim transportiert wurde. Damals eine logistische Meisterleistung.
Aber wie in Speyer hat der Autofan Layher auch in Sinsheim die schönsten Oldtimer der Welt gesammelt. Auf die Frage nach seinem Lieblingsauto kommt die spontane Antwort: „Der Mercedes SSK, den ich ab und zu auch noch fahre." Freunde des Motorsports können sich die Boliden der Formel 1 anschauen, aber auch historische Rennwagen zeigen die Ursprünge des Motorsports, der trotz aller Umweltbedenken seine Faszination nicht verloren hat. Wie in Speyer gehört auch ein I-Max-Kino dazu. In beiden Städten ist im Laufe der Jahre eine einzigartige Schau der Technik entstanden. Und das nur, weil einige Schrauber vor rund 40 Jahren darin ihre Erfüllung sahen.