Oldtimer sind im Megatrend. Seit Jahren zeigt die Kurve bei den Zulassungen nach oben. Auch Corona konnte den Klassikerfreunden die Laune nicht verderben. 2022 kommen wieder aufregende Modelle hinzu, die sich für das H-Kennzeichen qualifizieren.
Runde, erhabene Scheinwerfer, ein Ersatzrad am Heck und weit geschwungene Kotflügel, vielleicht noch eine Kurbel am Kühler zum Anwerfen des Motors? So sieht ein Oldtimer aus. So würde man ihn zeichnen oder bei einem Ratespiel beschreiben. Doch die Autos, die im kommenden Jahr offiziell als Oldtimer eingestuft werden können, sind Kinder der 90er. Sie fahren mit Turbodiesel oder doppelter Aufladung, haben Klappscheinwerfer oder Targadach. Ist ABS serienmäßig an Bord? Solche Fragen darf man sich mittlerweile stellen.
In Deutschland werden Oldtimer vom Kraftfahrtbundesamt (KBA) als Fahrzeuge definiert, die vor mindestens 30 Jahren in den Verkehr gekommen sind. Dabei ist das Alter nur hinreichende Bedingung: Die Fahrzeuge müssen weitgehend dem Originalzustand von einst entsprechen. Ansonsten besteht keine Chance, als „automobiles Kulturgut" eingestuft zu werden – ein entsprechendes amtliches Gutachten, wie es Organisationen wie Tüv, Dekra oder GTÜ für bis zu rund 200 Euro ausstellen, ist Voraussetzung fürs H-Kennzeichen. Erst dann kann man den Oldie als Historienfahrzeug zulassen.
Fällig wird damit eine pauschale Kfz-Steuer von 191 Euro im Jahr – unabhängig von Hubraum und Emissionen. Nur Autos mit sehr kleinem Hubraum werden geringer besteuert und fahren ohne Oldie-Nummernschild steuergünstiger. Auch bei der Versicherung zahlen Halter vergleichsweise wenig. Wie alle Fahrzeuge brauchen Oldtimer eine Kfz-Haftpflicht – die Policen sind allerdings oft viel günstiger und sinken mit dem Fahrzeugalter meist. Oldtimer werden oft vergleichsweise wenig bewegt, sie unterliegen einem statistisch betrachtet niedrigeren Unfallrisiko. Das H-Kennzeichen ist für den Abschluss einer Oldtimer-Versicherung nicht notwendig und auch für jüngere Fahrzeuge möglich.
Bundesweit mehr als 660.000 Oldtimer
Zum Stichtag 1. Januar 2021 waren in Deutschland laut KBA 660.520 Oldtimer mit und ohne Historienkennzeichen zugelassen, darunter 584.509 Pkw, aber auch Lkw, Busse und Kfz-Anhänger. Das war ein Zuwachs von elf Prozent gegenüber 2020.
Hier kommen unsere immerhin sechs Modell-Kandidaten, die 2022 zu Oldies werden:
Mazda RX-7: 240 PS aus 1,3 Liter Hubraum? Für den aufgeladenen Wankel im japanischen Sportwagen kein Problem. Der drehfreudige Biturbo-Kreiskolbenmotor katapultierte den 1,3-Tonnen-Zweisitzer in gut fünf Sekunden auf Tempo 100, die Spitze lag bei 250 km/h. Der RX-7, Markenzeichen Klappscheinwerfer und eine so kompakte wie flache Karosserie, kam 1992 in dritter und letzter Generation auf den deutschen Markt. Heute ist der bis 1996 gebaute, 4,30 Meter kurze Japan-Flitzer bereits ein gesuchtes Modell.
Der Preis laut Classic Data im Erhaltungszustand 2: 29.700 Euro (Zustand 3: 18.200 Euro).
Alfa Romeo Typ 155: Unter den Alfa-Neuheiten des Jahres 1992 war auch ein kompaktes Stufenheck mit vier Türen: der 155 als Nachfolger des 75. ABS und Servolenkung waren serienmäßig. Unter der Haube kamen vier Zylinder zum Zuge, Turbodiesel und auch ein Sechszylinder mit 121 kW/165 PS. Auch als Allradler Q4 mit Turbo-Vierzylinder (140 kW/190 PS) wurde der ansonsten frontgetriebene 155 gebaut. Er brachte das italienische Modell auf bis zu 225 km/h, was dem sportlichen Ruf der Marke genüge tat.
Preisbeispiel: Für einen 155 Twin Spark mit 106 kW/144 PS im Erhaltungszustand 2 kalkuliert Classic Data mit 4.600 Euro (Zustand 3: 2.600 Euro).
Audi 80 Avant (B4): Die ein Jahr zuvor eingeführte Mittelklasse aus Ingolstadt gab es nun auch in der Rucksackversion Avant mit fünf Türen, großer Ladefläche und umlegbarer Rückbank. Verfügbar waren alle Motoren aus der Limousine, darunter klassisch die Fünfzylinder sowie ein V6 mit 110 kW/150 PS und später Quattro-Versionen mit Allrad. ABS und Servolenkung waren immer an Bord. Ab rund 40.000 D-Mark vermarktete Audi den Kombi einst. Mit dem intern B4 genannten Modell starb die Bezeichnung Audi 80 aus, der Nachfolger trug das Typenschild A4.
Classic Data notiert für einen Audi 80 Avant 2.0 E mit 85 kW/115 PS 3.400 Euro im Erhaltungszustand 2 (Zustand 3: 1.600 Euro).
Aston Martin Virage Volante: Anfang der 90er hatte Ford den vor sich hin dümpelnden britischen Hersteller mit dem an bessere Zeiten erinnernden Namen übernommen – schließlich war einst ein gewisser James Bond in einem DB5 unterwegs gewesen. Der Volante, mit etwas schmuckloser, aber trotzdem rasanter Karosserie bereits den Charme des Jahrzehnts versprühend, kam als offene Version des Virage GT auf den Markt – ein Luxus-Cabrio als 2+2-Sitzer mit versteifter Karosserie, Stoffverdeck und in Handarbeit gefertigtem Interieur. Unter der langen Fronthaube wummerte ein V8-Motor mit 5,3 Liter Hubraum.
Der Preis für einen Virage Volante mit 228 kW/310 PS im Erhaltungszustand 2: 68.000 Euro (Zustand 3: 48.000 Euro).
BMW 3er Coupé (E36): Eigentlich sollte das Modell als 4er auf den Markt kommen, ein Vermarktungstrick mit Aufwertungspotenzial, den sich BMW bis 2013 für die ebenfalls vom 3er abgeleitete Baureihe F32 aufhob. So blieb es bei der Zweitürer-Version des E36 bei der Bezeichnung 3er. Doch gegenüber der Limousine war die Motorhaube flacher und acht Zentimeter länger – und dadurch das Modell subtil sportlicher im Look. 1992 wurde das 3er Coupé zunächst als 320i, 325i und 318is angeboten, weitere Motorvarianten folgten. Auch ein M3 wurde aufgelegt.
Der Preis laut Classic Data für einen 318is mit 103 kW/140 PS im Erhaltungszustand 2: 7.000 Euro (Zustand 3: 280 Euro).
Chrysler Voyager: Die Produktion startete ein Jahr zuvor in den USA, 1992 erreichten erste Export-Modelle den deutschen Markt, die jetzt ins Rentenalter kommen. Vor allem US-Flair zeichnet den Van mit den ausbaubaren Sitzbänken gegenüber Konkurrenten wie dem Renault Espace aus, befand schon der ADAC bei einem Test der Langversion Grand Voyager im Jahr 1993. Wie für US-Autos typisch, bot die Großraumlimousine viel Ausstattung für vergleichsweise wenig Geld – nur ABS war anfangs nicht bestellbar.
Der Preis für einen Voyager mit 104 kW/141 PS laut Classic Data in Bochum heute: 4.000 Euro im Erhaltungszustand 2 (Zustand 3: 2.300 Euro).