Bjarne Thoelke kämpft beim 1. FC Saarbrücken um einen Vertrag. Auch wenn es nicht funktioniert, verspürt er nichts als Dankbarkeit für den FCS – sein Wunsch ist es, diese Dankbarkeit auf dem Platz zeigen zu dürfen.
Bjarne Thoelke ist seine lange Leidenszeit nicht anzusehen. Auch von Weitem ist zu spüren, dass da ein richtig unangenehmer Innenverteidiger auf einen zukommt – im positiven Sinne. Seit Januar 2021 ist der 29-Jährige nun beim 1. FC Saarbrücken – mehr oder weniger. Derzeit hält er sich bei den Blau-Schwarzen fit und spielt für einen neuen Vertrag vor, denn dieser ist im vergangenen Sommer ausgelaufen. Viel Spielzeit konnte er für den FCS in seinem einzigen halben Vertragsjahr an der Saar nämlich nicht sammeln.
Wieder ein Rückschlag, der ihn bremst
Denn nach einem Kurzeinsatz gegen Hansa Rostock und 70 Minuten gegen den Halleschen FC war diese Zeit eigentlich wieder zu Ende. Denn das Spiel in Halle wurde erneut zu einem Wendepunkt in Thoelkes Karriere. Ein lapidarer Schlag aufs Bein, eine Auswechslung, und es begann eine Leidenszeit, die selbst jetzt nach fast einem Jahr immer noch nicht wirklich beendet ist. „Als das in Halle passiert ist, dachte ich bei Weitem nicht, dass das Bein wieder gebrochen ist. Ich hatte noch eine Platte drin von meinem ersten Wadenbeinbruch, und ich war mir sicher, dass der Knochen jetzt nicht wieder gebrochen sein kann. Für mich war es einfach ein Schlag aufs Bein. Als sie mir dann sagten, dass der Knochen unter der Platte gebrochen ist, dachte ich mir auch, das kann jetzt nicht wahr sein", erzählt Thoelke. In der Nachbetrachtung wäre das der wohl günstigste Fall gewesen. „Als sie dann sagten, dass ich jetzt sechs Wochen auf Krücken laufen muss, der Knochen wieder von allein zusammenwächst, war ich eigentlich beruhigt, denn das hätte ja noch die Möglichkeit auf Spielzeit bedeutet. Ab dann ging eigentlich die Scheiße richtig los." Im gleichen Spiel zwickte es nämlich auch im linken Adduktor, was Thoelke jedoch gar nicht wirklich wahrgenommen hat – eigentlich eine typische Reaktion nach langer Belastungspause. Die Wahrheit war dann jedoch eine andere. Der Wadenbeinbruch verheilte entgegen den Erwartungen nicht wie gewünscht, und auch die Adduktoren machten mehr Probleme als erwartet. Also ging es unters Messer. Bei einem Eingriff wurde die Platte im Wadenbein ausgetauscht, gleichzeitig noch eine Schraube von einem länger zurückliegenden Schienbeinbruch entfernt.
Ein paar Tage später wurden der Adduktor und die dazugehörige Leiste operiert. Das bedeutete gleichzeitig, keine Chance mehr, um für einen neuen Vertrag vorzuspielen. Seitdem kämpft er in der Reha um sein Comeback, nachdem er wieder auf den Platz durfte, versucht er es auch dort. Aber jeder, der selbst einmal Fußball gespielt hat, weiß: nach einer längeren Ausfallzeit braucht der Körper Zeit, um zu adaptieren, und kleine Wehwehchen machen sich breit. So auch im Training kurz vor diesem Interview. Doch der 1,91 Meter große Innenverteidiger gibt Entwarnung: „Es ist jetzt nichts Schlimmes, lass das eine Sache sein, wo du vielleicht ’ne Woche raus bist, der Zeitpunkt ist auf gut Deutsch gesagt, beschissen. Ich habe mich sehr gut gefühlt, habe auch von den Verantwortlichen nur gutes Feedback bekommen, dass dann der Körper kurz nicht mehr mitmacht, ist ärgerlich. Aber wahrscheinlich normal, wenn man so lange außen vor war. Es ist ja keine große Sache jetzt."
Dennoch, die vergangenen Monate waren anstrengend – vor allem für den Kopf: „Wenn ich einen Vertrag hätte, wäre ich natürlich viel entspannter. Es entscheidet sich jetzt ja, in welche Richtung es geht. Wenn der Verein jetzt sagt, dass ihm das zu heiß ist, dann würde ich das verstehen – so ist das Fußballgeschäft." Wer einen genauen Blick auf Thoelkes Karriere wirft, dem wird klar, dass er schon einige Verletzungen zu überstehen hatte – und es auch immer wieder schaffte. „Ich hatte schon schlimmere Verletzungen, die vergangenen Monate waren aber sehr kräftezehrend für mich und brutal anstrengend für meinen Kopf." Woher nimmt der Innenverteidiger die Kraft, es immer und immer wieder zu versuchen und sich nicht unterkriegen zu lassen? „Das spüre ich eigentlich jeden Tag, dass meine Leidenschaft dadurch nicht gebremst wird. Ich merke auch, dass ich auf diesem Niveau noch spielen kann, ich brauche einfach wieder die Fitness. Im Nachhinein wäre ich von mir selbst enttäuscht, wenn ich jetzt aufgeben würde. Weitermachen lässt mich vor allem der Rückhalt aus der Familie und von Freunden, die Lust darauf, in dieser Mannschaft zu spielen, in der Kabine zu sein und das Teamgefühl zu spüren. Aber auch der Glaube an mich selbst, dass ich es immer noch kann. Letztendlich hat man sein ganzes Leben diesem Sport untergeordnet, dass wirft man nicht einfach weg." Völlig ohne alles würde er nicht dastehen, wenn der FCS ihm jetzt keinen Vertrag mehr anbieten würde. „Ich habe in meinem ersten vertragslosen Halbjahr auch gemerkt, dass es Dinge neben dem Fußball gibt, die mich erfüllen können – trotzdem will ich es weiter versuchen und bin mir auch sicher, dass ich es kann." Unterstützung bekommt er dafür von seiner Freundin, die selbst auch im Leistungssport tätig ist: „Sie versteht mich einfach in gewissen Dingen besser als jemand, der nicht so besessen von seinem Sport ist – und ich sie auch."
Trotz der Rückschläge noch Spaß am Fußball
Die Beziehung, die er zum 1. FC Saarbrücken pflegt, ist zudem durchaus eine besondere: „Ich weiß unglaublich zu schätzen, was der 1. FC Saarbrücken für mich getan hat. Sie hätten keine Verpflichtungen gehabt, hätten nichts für mich machen müssen – und trotzdem haben sie es getan. Uwe Koschinat hat mich im Sommer angerufen und mir versichert, dass ich meine Reha hier machen darf und mich wie als Teil der Mannschaft begreifen soll und dass wir dann schauen, wie es weitergeht. Das hat mir schon sehr viel Kraft gegeben. Deshalb werde ich auch nicht müde zu betonen, wie dankbar ich dem Verein und den Menschen hier bin, für alles, was sie getan haben. Egal wie es jetzt weitergeht für mich." Es wäre schön, wenn diese für den Profifußball untypische Haltung des Vereins ein Happy End mit sich bringen würde. Für den Verein, der einen Spieler nach einer Verletzung nicht fallen ließ und für den Spieler selbst, der seine Dankbarkeit gern auf dem Platz zeigen würde.