Elektroautos sind oft groß und schwer. Der Peugeot e-208 bildet eine angenehme Ausnahme. Doch die Wendigkeit hat ihren Preis: Ist der kleine Akku alltagstauglich?
Ein ungemütlicher Wintertag Anfang Februar, sieben Grad Außentemperatur, Windböen, Nieselregen. Im allgemeinen Grau sticht der metallicblaue Peugeot e-208 hervor, abgestellt vor dem Rüsselsheimer Opel-Werk (Peugeot und Opel gehören zum selben Konzern). Schon von außen sieht er schlank und sportlich aus, ein wendiger Kleinwagen, versehen mit einer Peugeot-typischen Besonderheit: Von den Frontscheinwerfern ragen leuchtende Zacken nach unten. So wird das Elektroauto zum Säbelzahntiger.
Drinnen dann die nächste Überraschung: Die Bedienknöpfe sind nicht etwa in die Mittelkonsole eingebaut, sondern stehen waagerecht hervor wie ein Klavier. Für Wüteriche am Steuer ist das nichts: Einmal richtig draufhauen, schon könnten die filigranen Tasten abbrechen. Deutlich robuster sieht da schon der Schaltknüppel aus, wie eine Mischung aus Joystick und Flugzeug-Schubhebel. Nötig wäre er in einem E-Auto nicht, da würde auch ein Knopf zum Vorwärts- und Rückwärtsfahren genügen. Aber er liegt gut in der Hand. Also: Volle Schubkraft voraus!
Bis zu 362 Kilometer weit soll der Elektro-Peugeot mit einer Stromladung kommen. So steht es im WLTP-Richtwert, und auch der Tacho zeigt diese Prognose beim Losfahren an. Bei schnelleren Fahrten und bei Kälte verbrauchen E-Autos in der Regel jedoch deutlich mehr, weshalb der Wert kaum realistisch erscheint. Um es dem Peugeot etwas leichter zu machen, schalte ich in den Öko-Modus, wodurch weniger Strom verbraucht wird.
Eine Prozent-Anzeige wäre sehr hilfreich
Keine 30 Minuten später deaktiviere ich die Funktion wieder. Der Öko-Modus ist so gut im Stromsparen, dass aus der Heizung nur kalte Luft strömt – bei sieben Grad Außentemperatur keine Option. Für warme Gedanken sorgt hingegen der 3D-Tacho, auf dem sich Anzeige-Elemente nach vorne oder hinten verschieben lassen. Sehr stylisch! Zusammen mit dem Schalt-Joystick fühlt sich der e-208 tatsächlich wie ein Flugzeug an. Nun ja, eher wie eine kleine Drohne, aber der Wille zählt.
Von Rüsselsheim geht es über die Autobahn Richtung Freiburg, eine Strecke von 260 Kilometern. Schon nach einer halben Stunde ist klar, dass eine Stromladung dafür nicht reichen wird. Konstant korrigiert sich die Anzeige nach unten. Blöd nur, dass der Akkustand nirgendwo in Prozent vermeldet wird. Wie voll oder leer die Batterie ist, muss man anhand einer halbkreisförmigen Linie erahnen. Schlimmer noch: Der Halbkreis ist so gedreht, dass die Hälfte nicht in der Mitte liegt, sondern nach unten versetzt. Dieses Design-Element hätte sich Peugeot sparen können.
Nach 130 Kilometern ist der Akku nur noch ein Viertel voll – genauer kann ich es trotz Kopfverrenkung nicht erkennen. Also ein Zwischenstopp in Karlsruhe! Direkt vor dem Durlach Center, einem Einkaufszentrum an der A5, hat EnBW einen Schnellladepark mit zwölf Ladepunkten errichtet. Nebenan: Supermärkte, Modeläden und ein obligatorisches Fast-Food-Restaurant. Der Regen hat den anderen E-Mobilisten aber offensichtlich den Appetit aufs Fahren verdorben. Jedenfalls bin ich der Einzige, der die Strom-Tankstelle nutzt. Nachdem der kleine Peugeot angesteckt ist, taucht prompt eine Prozent-Anzeige auf. Sie existiert also doch, wird aber nur beim Laden eingeblendet.
25 Minuten später ist der Akku wieder bei 80 Prozent. Was das schnelle Laden angeht, stimmen die Versprechungen also tatsächlich. Auch sonst wird die Fahrt zunehmend angenehmer: Die Wolken reißen auf, die Temperatur steigt – und damit auch die Reichweite. Wie praktisch wäre es jetzt, per Tempomat gemütlich auf der rechten Spur zu cruisen! Ausgestattet ist der e-208 mit einer solchen Funktion. Aber wie schaltet man sie ein? Im Lenkrad findet sich kein entsprechender Knopf, ebenso wenig bei den „Klaviertasten" in der Mittelkonsole. Zu guter Letzt versuche ich es auf dem Touchscreen, ebenfalls erfolglos.
140 Kilometer später: Ankunft in Freiburg, Akku noch im grünen Bereich. Doch der Tempomat lässt mir keine Ruhe. Erst beim Öffnen der Fahrertür löst sich durch Zufall das Rätsel: Dann nämlich sieht man den Hebel, der sich hinter dem Lenkrad befindet. Intuitiv ist diese Bedienung aber nicht.
Für kurze Strecken ist der e-208 alltagstauglich
Seine wahren Stärken präsentiert der Elektro-Peugeot in den darauffolgenden Tagen. Die engen Kurven im Schwarzwald meistert er mit links; der Verbrauch geht auf der Landstraße deutlich zurück. Das liegt an der automatischen Rekuperation: Fährt das Auto bergab, gewinnt es Energie zurück. Auch Verkehrsschilder erkennt der Bordcomputer recht zuverlässig, ebenso andere Fahrzeuge im toten Winkel. Dann leuchtet ein gelbes Lämpchen im Seitenspiegel auf. Noch besser wäre es allerdings, wenn zusätzlich ein akustisches Warnsignal ertönen würde. Gar kein gutes Ergebnis liefert die schwachbrüstige Sitzheizung: Selbst bei Stufe drei ist kaum mehr als ein lauwarmer Hauch zu spüren.
Auf dem Rückweg geht plötzlich eine Warnlampe an: Reifendruck prüfen! Auweia, habe ich dem fabrikneuen Auto etwa einen Platten verpasst? Ein eiliger Boxenstopp an der Tankstelle bringt glücklicherweise Entwarnung – gut für mich, schlecht für Peugeot. Offenbar funktioniert einer der Sensoren nicht richtig. Das Problem wird auch die kommenden Tage bestehen bleiben.
Als der e-208 zwei Wochen später wieder abgeholt wird, habe ich mich richtig an ihn gewöhnt. Ein wendiger kleiner Flitzer, der schnell lädt und über ein spaciges 3D-Cockpit verfügt. Über die kleinen Mankos könnte ich hinwegsehen, nicht jedoch über die relativ geringe Reichweite. 150 Kilometer im Winter wären mir persönlich einfach zu wenig. Wer das Auto jedoch hauptsächlich zum Pendeln benutzt und nur selten lange Autobahnfahrten unternimmt, kann damit trotzdem glücklich werden – vor allem bei einer Vorliebe für französisches Design.
Ansonsten wäre ein etwas größeres Auto die richtige Wahl, zum Beispiel der VW ID.3. Der sieht zwar weniger sportlich aus, bietet in seiner günstigsten Ausstattungsvariante aber eine deutlich höhere Normreichweite (426 Kilometer) und auch insgesamt mehr Platz. Das macht sich natürlich beim Preis bemerkbar. Dieser liegt rund 4.500 Euro über dem der günstigsten Peugeot-Variante.