Alltagstücken im Umgang mit dem „Support"-Menü des Onlinehändlers
Eine gemeinsame Sprache für alle Europäer – davon träumen nicht nur Schüler und EU-Parlamentarier. Im heimischen Alltag erleben Menschen neuerdings immer häufiger, dass ihre Anliegen nicht wirklich verstanden werden. Besonders, wenn sie es nicht mit natürlichen Wesen, sondern mit Chatbots oder Sprachassistenten zu tun haben. Hier ein leicht abgewandeltes Vorkommnis aus dem täglichen Leben.
Probieren Sie einmal, mit Händler oder Hersteller zu kommunizieren, wenn sich Ihr Staubsaugerroboter totstellt und die Bedienungsanleitung keinen Rat weiß. Den Tipps aus dem gedruckten „Troubleshooting-Guide" widersetzt sich der Roboter. Sobald er seine Ladestation verlässt, schließt er seine Augen und verweigert die Arbeit. Eineinviertel Jahre nach Kauf – ein kurzes Leben. Denn das war es dann mit ihm, wie sich bald herausstellt. Spoiler: Der frühe Tod des Staubsaugerroboters liegt nicht zwangsläufig an seinen Mängeln, sondern an Kommunikationsdefiziten.
Im „Support"-Menü des Online-Händlers erwartet die Herrin des Haushaltshelfers ein Chatbot. Der ist an den technischen Feinheiten der – historisch gesehen – schleichend eingetretenen Arbeitsverweigerung des smarten Staubschluckers wenig interessiert. „Ich vermittele Sie an einen Ansprechpartner des Herstellers, der sich mit den spezifischen Technikdetails und der Behebung von Problemen auskennt."
Okay, fein. Das klingt nach analogem Leben, wo einst der Verkäufer hinten aus der Werkstatt des Elektrofachgeschäfts einen Kollegen holte. Die Vorfreude wächst: Nur noch kurz warten, dann wird mir und den Krümeln auf dem Boden geholfen. „Guten Tag, schildern Sie doch bitte Details der technischen Probleme des Produkts", begrüßt mich eine Meldung im weitergeleiteten Chat. Aber gerne doch. Ich tippe los. Während ich noch Teil drei der Mängeldarstellung formuliere, erscheint auf dem Bildschirm: „Alles klar, ich habe Ihnen ein Rücksendeetikett fertiggestellt, das Sie nach Bestätigung des Abschlusses unseres Gesprächs in Ihrem Postfach finden."
„Moment, lieber Ansprechpartner: Ein Rat oder eine Reparatur wäre mir sehr viel lieber." Darauf kommt lange nichts. Schließlich folgt eine Freudenbekundung, dass mein Problem so gut gelöst worden sei. Ob mir sonst noch geholfen werden könne? Ähm. Ein weiteres Mal erwähne ich, dass mir eine andere Lösung als Rücksendung lieber wäre. Prompt fragt mich mein „technischer Ansprechpartner" daraufhin, welcher Paketdienst mir der liebste ist. Ich kapituliere vor der verständnislosen Künstlichen Intelligenz (KI) des Chatbots.
Was bleibt, ist die Notwendigkeit, den Staubsauger einzupacken und zurückzuschicken. Vermutlich zur Verschrottung. Vermeidbare Verschwendung, möglicherweise. Dabei sollen Sprachassistenten oder Chatbots helfen, den Alltag effizienter zu gestalten. Hätten wir uns doch nur richtig verstanden, die KI und ich.
Zur nachhaltigen Verständigung könnte beitragen, wenn EU-Kriterien zur Schulung eines europaspezifischen KI-Sprachmodells herangezogen würden. Digitale Souveränität und marktwirtschaftliche Unabhängigkeit in Europa: Beide haben mit Staubsaugerrobotern zu tun, wenn wir darüber sprechen, Kundendialoge automatisiert durchzuführen.
Aktuell entsteht unter der Leitung zweier Fraunhofer-Institute mit „Open GPT-X" ein großes KI-Sprachmodell für Europa, zu Nutzen von Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft. Dieses soll mit der Konkurrenz aus Asien und Amerika, die beginnt, KI-Sprachmodelle für Computer-Programmierung und Zeitungsberichte heranzuziehen, idealerweise irgendwann mithalten.
Intelligente Sprachanwendungen sollen künftig europaweit über Gaia-X zur Verfügung stehen. Via dezentraler Cloud-Lösung, Made in Europe. Denn vor allem für kleine und mittelständische Unternehmen ist es wichtig, als europäische Firmen unabhängig zu bleiben.
Eine gemeinsame Sprach-KI für Europa. Hoffentlich findet das kommende Künstliche-Intelligenz-Sprachmodell aus Europa auf Technik-Fragen aus dem Alltag bessere Antworten als: „Return to sender".