Es ist heiß, erbärmlich heiß. Mensch und Tier leiden, und George Orwell gelingt es in seinem Debütroman aus dem Jahr 1934, „Tage in Burma", diese Hitze in all ihren Auswirkungen über Hunderte Seiten präsent zu halten. Doch das allein ist es nicht, was den Roman lesenswert macht. Es ist die gut konstruierte und schlüssige Geschichte einer westlichen Diaspora-Gesellschaft, die durch die Ereignislosigkeit in der als feindselig empfundenen und deshalb mit allen Mitteln zu beherrschenden Fremde zunehmend zermürbt wird. Eine Handvoll Briten in einer kleinen burmesischen Stadt klammert sich an einen dünnen Faden, der sie mit dem gewohnten Leben daheim verbindet: Man trifft sich Tag für Tag im „europäischen Club", ohne jedoch darin Trost zu finden. Man geht einander auf die Nerven, erzählt die immer wieder selben Geschichten und versucht, schon am Vormittag mit Alkohol über die Runden zu kommen.
George Orwell, der selbst fünf Jahre beruflich in Burma zugebracht hat, schildert eine in der einst britisch-indischen Kolonie Burma gestrandete Gesellschaft. Jeder seiner Figuren haftet ein Makel an, selbst sein Hauptheld John Flory leidet unter einem riesigen Muttermal. Schonungslos beschreibt der Autor die Überheblichkeit der Weißen, die sich mit ihren kläglichen Privilegien von den Einheimischen abgrenzen. Er zeichnet ihr Unverständnis gegenüber einer anderen Kultur, das ritualisierte Leben in einer Apartheid-Blase. Auch John Flory ist von diesem Klassendenken geprägt. Doch er sieht auch die Schönheiten der Natur, erkennt in den Burmesen keine Untermenschen.
Der spätere Autor von „Farm der Tiere" und „1984" schafft nicht nur eine dichte Milieuschilderung mit farbenprächtigen Naturbeobachtungen und einprägsamen, vielleicht mitunter holzschnittartigen Charakteren, sondern auch eine spannende Geschichte. Doch vermeidet er moralisierende Kritik ebenso wie die Auflösung in einem Happy End. „Tage in Burma" ist ein exotisches Zeitzeugnis aus der Kolonialgeschichte.