Eine Frau lehnt an einen Felsen hoch über einer Steilküste. Ihr Blick fixiert einen Punkt außerhalb des Bildes, ihr rechter Arm leicht angehoben, als würde sie auf eine Person oder Sache deuten. Auf dem Cover von „Ocean to Ocean" wirkt die in ein schwarzes Kleid gehüllte Tori Amos distanziert und in sich gekehrt.
Die Singer-Songwriterin und Pianistin sagt selbst über die Platte, dass sie eine über Verluste sei und wie man mit ihnen umgeht. Auf dem 16. Studioalbum arbeitet sie erneut mit zwei früheren Wegbegleitern zusammen: Drummer Matt Chamberlain und Bassist Jon Evers. Nicht zuletzt deren Instrumentalparts sorgen für einen insgesamt organischen Sound. Außerdem spielt Amos’ Ehemann auf einigen Songs wie etwa „Devil’s Bane" die Gitarre, und ihre Tochter Nash singt hin und wieder im Hintergrund. So gesehen, zeichnet sich ihr neuester Output – anders als die vorherigen – durch eine gewisse Leichtigkeit und Unverbrauchtheit aus. Entstanden sind übrigens alle Songs während der Lockdown-Zeit in ihrem Haus in Cornwall, wo Tori Amos auch das Material aufgenommen hat. Zum Einstieg singt die US-Amerikanerin in „Addition of Light Divided" über die Möglichkeit der Selbstheilung durch spirituelle Erfahrungen. Doch die eigentliche Schwere der Thematik, nämlich wie es einem gelingt das Gefühl der inneren Gebrochenheit zu überwinden („Let the light break through. You don’t need to stay broken. Break this chain of pain"), verliert an Dramatik und löst sich auf in dem hypnotisierenden Popsong. Tori Amos verarbeitet beispielsweise in „Speaking with Trees" einen privaten Schicksalsschlag. 2019 verstarb ihre Mutter, weshalb Amos davon singt, deren Asche unter einem Baumhaus zu verstecken. („I’ve been hiding your ashes under the tree house") Die von Streichern, Piano und Drums getragene Ballade „Swim to New York State" offenbart einmal mehr Amos’ Stimmumfang und ihr Gespür für ausgewogene Songdramaturgie. Der letzte Song, „Birthday Baby", entpuppt sich als schmissiger Tango und bildet den Abschluss eines durchweg hörenswerten Alterswerk einer nach wie vor ernst zu nehmenden Künstlerin.