Nach der Niederlage gegen Mainz hat Hertha BSC vor dem letzten Spiel in Dortmund den Klassenerhalt immer noch nicht sicher.
Viele mochten Felix Magath als Schwarzmaler gesehen haben, wie er da nach dem 1:2 gegen den 1. FSV Mainz 05 vergangenen Sonnabend sagte: „Es hat nur zu einer Niederlage gereicht – deswegen gilt es, uns ab heute auf die Relegation vorzubereiten." Doch der 68-Jährige sollte zunächst einmal Recht behalten – denn Hertha BSC hatte es nicht nur mit einem Sieg gegen die Rheinhessen verpasst, aus eigener Kraft den Klassenerhalt vorzeitig zu sichern. Auch die erhoffte Schützenhilfe durch den FC Bayern München blieb tags darauf aus: Mit einem Erfolg des neuen Deutschen Meisters gegen den VfB Stuttgart wären die Berliner ebenso gerettet gewesen, doch es reichte nur zu einem 2:2. Damit heißt es: Verliert Hertha BSC am letzten Spieltag bei Borussia Dortmund und gewinnt der VfB gegen den 1. FC Köln, müssten die Hauptstädter doch noch in die Relegation und weiter um den Ligaerhalt zittern – jedweder Punktgewinn beim BVB würde hingegen den Klassenerhalt bedeuten. Die ganz große Bedrohung war Spielern und Verantwortlichen von Hertha BSC dabei bereits am Vorabend der Partie gegen Mainz 05 genommen worden – durch die Niederlage von Arminia Bielefeld in Bochum konnte der direkte Abstieg aus der Bundesliga bei der „Alten Dame" zumindest schon mal zu den Akten gelegt werden.
Mainz-Spiel war ein Rückfall
Für Erleichterung schien das bei den Berlinern dann aber nicht gesorgt zu haben, denn die 1:2-Niederlage gegen die Rheinhessen war ebenso ernüchternd wie verdient. Nachdem Davie Selke seine gute Gelegenheit ganz zu Beginn – anders noch als gegen den VfB Stuttgart zwei Wochen zuvor – nicht genutzt hatte, verfiel das Team von Felix Magath erneut in Passivität. Die Mainzer schalteten und walteten so nach Belieben, gingen durch Widmer (sowie einen Patzer von Hertha-Torwart Marcel Lotka) in Führung und bekamen noch ein Tor vom VAR aberkannt. Eben jener Videoassistent verhalf Hertha dann jedoch korrekt, aber dennoch etwas glücklich zu einem Foulelfmeter: 05-Verteidiger Niakathé war nach einer Ecke Dedryck Boyata eher unabsichtlich in die Hacken gelaufen, hinderte ihn dadurch aber am Torabschluss. Davie Selke sorgte so vom Elfmeterpunkt für den schmeichelhaften Ausgleich noch vor der Pause. Auch nach dem Wechsel blieb Hertha harmlos, geriet erneut in Rückstand und erst in den Schlussminuten lag ein Tor beim Pfostenschuss des eingewechselten Luka Wollschläger in der Luft – Selkes Treffer kurz darauf wurde erneut vom Videoassistenten wegen Foulspiels kassiert. Immerhin: Nach Schlusspfiff fand sich die Mannschaft – übrigens wie schon vor Spielbeginn – vor der Ostkurve ein und wurde von den Fans dort mit Wohlwollen empfangen.
Der erneute Ausfall des zuletzt starken, aber eben auch verletzungsanfälligen Marvin Plattenhardt wog dabei schwer – allerdings auch, weil Magath als Ersatz für die linke, defensive Außenbahn den etatmäßigen Innenverteidiger Marton Dardai nominierte. Dabei hatte der Trainer mit Maximilian Mittelstädt einen nominellen linken Außenbahnspieler zur Verfügung – möglicherweise jedoch erschien dieser Magath nicht defensivstark genug. In jedem Fall musste der personelle Schachzug im Nachhinein als nicht gelungen bezeichnet werden – Dardai hatte sichtlich Probleme und die Mainzer starteten viele Angriffe über ihre rechte Seite. Mit Marco Richter (Erkältung) fehlte Hertha dazu ein weiteres Kämpferherz im Mittelfeld, das jedoch durch Vladimir Darida adäquat ersetzt werden konnte. Andere Personaldiskussionen hielten Hertha BSC auch vor dem (vermeintlich) vorentscheidenden Spiel durchaus wieder in Atem – diesmal vor allem auch abseits des Rasenvierecks. So ging der „Kicker" mit einem angeblichen Interesse von Fredi Bobic an Trainer Sandro Schwarz als Nachfolger für Felix Magath an die Öffentlichkeit. Prompt sollte der Geschäftsführer Sport auf der Pressekonferenz vor der Mainz-Partie dazu Stellung beziehen – wollte das aber nicht. „Der einzige, der sich am Ende damit befassen muss, bin ich – ich sitze hier neben unserem aktuellen Trainer, da geht’s auch um Respekt."
Somit dürften allerdings diejenigen, die auf eine Weiterführung der Zusammenarbeit mit „Magier Magath" und seinem Assistenten Mark Fotheringham gesetzt hatten – oder auf eine Fortsetzung nur mit dem beliebten Schotten als Chef – ihre Hoffnungen enttäuscht sehen. Bobic’ Vorstellung, mit einem neuen Trainer langfristig etwas aufzubauen, scheint jedenfalls stärker. Nachfolgekandidat Schwarz (2017-19 bei Mainz 05) ist derzeit zwar bei Dynamo Moskau unter Vertrag und hat diesen schon vor Weihnachten bis 2024 verlängert – ein größeres Hindernis scheint das aber nicht zu sein. Dazu wurde mit André Breitenreiter (früher unter anderem Paderborn, HSV), der gerade den FC Zürich zur Schweizer Meisterschaft geführt hat, ein weiterer Übungsleiter in der Presse ins Spiel gebracht, der auf der Liste des Sportvorstands stehen soll.
Rund um die Mannschaft ist es sehr unruhig
Für größere Aufmerksamkeit sorgte auch noch ein anderer Kandidat: nämlich Kay Bernstein, der verkündete, auf der Mitgliederversammlung Ende Mai gegen Präsident Werner Gegenbauer antreten zu wollen. Der 41-Jährige, früheres Mitglied der Hertha-Ultras und inzwischen Chef einer Veranstaltungsagentur, wurde nach Bekanntwerden seiner Bewerbung schnell zum beliebten Gesprächspartner. Bernstein war dabei zunächst bemüht, darauf hinzuweisen, dass er nicht der Mann von Lars Windhorst bei der Abstimmung ist – der Investor hatte bekanntlich offen zur Abwahl Gegenbauers bei der Zusammenkunft aufgerufen, weil der bisherige Präsident der erfolgreichen Zukunft des Vereins im Wege stehe. Der Herausforderer würde zwar das Gespräch mit Windhorst suchen, um ihn besser zu verstehen – mehr erst mal aber auch nicht.
Die Chancen bezüglich eines erfolgreichen Abwahlbegehrens sieht der Herausforderer dabei realistisch: „Ich gehe davon aus, dass Herr Gegenbauer mindestens die 25 Prozent der Mitgliederstimmen bekommen wird, um den Antrag abzuwehren." Der Hintergedanke jedoch ist: „Fällt das Votum zu gering aus, könnte er anschließend vielleicht zurücktreten." Beeinflusst werden könnte die zukunftsweisende Veranstaltung dabei allein schon durch ihren Termin: Die Mitgliederversammlung findet am 29. Mai statt – sechs Tage nach dem Rückspiel der Relegation.