Das Weinstädtchen Bardolino am südöstlichen Ufer in der Region Venetien ist vor allem für eines bekannt: seinen gleichnamigen Wein. In und um den Ort bieten sich jede Menge Gelegenheiten, von dem saftig-fruchtigen Rotwein zu kosten.
Wer im Urlaub am Gardasee einen Abstecher nach Bardolino macht, kommt meist wegen der Flaniermeile Piazza Matteotti. Die lockt mit breiten Shopping-Gassen, einer hübschen Uferpromenade und unzähligen Restaurants und Bars – vor allem aber auch mit dem hier gekelterten Wein. Der weltberühmte Rotwein reift auf den grünen Hügeln im Hinterland des rund 7.200 Einwohner zählenden Städtchens, dessen Zentrum sich zwischen den beiden Landzungen Punta Mirabello und Punta Cornicello erstreckt. Das Anbaugebiet des Bardolino geht allerdings weit über den Ort hinaus und reicht von Torri del Benaco im Norden bis hinunter nach Valeggio sul Mincio im Süden. Das Gebiet wird von der 80 Kilometer langen Weinstraße „Strada del Vino di Bardolino“ durchzogen, die mit knapp 50 Weingütern jede Menge Gelegenheit für Weinproben bietet. Von Ende September bis Anfang Oktober findet in Bardolino entlang der Uferpromenade das zum Kult gewordene Weinfest „Festa dell’Uva e del Vino“ statt, bei dem die Bardolino-Winzer ihren Wein ausschenken – mit viel Musik, Gesang und kulinarischen Köstlichkeiten ringsum.
Von Bardolino aus führt die Hauptroute der Weinstraße über die Standorte des klassischen Produktionsgebiets Lazise, die drei Hinterlandorte Affi, Cavaion Veronese und Costermano sul Garda sowie Garda nördlich von Bardolino und von dort ausgehend dann weiter nach Süden. Die Route ist durch Schilder mit der Aufschrift „Strada del Vino di Bardolino“ gekennzeichnet und kann sowohl mit dem Auto als auch dem Fahrrad oder der Mietvespa erkundet werden. Bardolino und die fünf genannten Gemeinden gehören zur sogenannten „klassischen Zone“ – ausschließlich die hier produzierten Weine erhalten die Bezeichnung „Bardolino Classico“.
Besichtigung endet mit einer Verkostung
Die Weinstraße führt nicht nur durch Weinberge, sondern auch durch historische Orte, in denen es allerhand zu entdecken gibt: Burgen, romanische Kirchen und prachtvolle Villen aus vergangenen Jahrhunderten. Ist man ohne fahrbaren Untersatz am Gardasee und hat es auch nicht so mit dem Radeln, muss man sich nicht unbedingt auf die Weinstraße begeben, um in den Genuss einer Weinprobe zu kommen. Direkt in Bardolino befindet sich mit Guerrieri Rizzardi eines der größten und ältesten Weingüter des Ostufers. Bei Führungen durch Kellerei und Weinberge lernt man den gesamten Produktionsprozess des Weines kennen. Die Besichtigung endet mit einer Verkostung des rubinroten Bardolino.
Die hervorragende Hanglage, das milde Klima Venetiens und die Sonneneinstrahlung machen die voralpine Umgebung Bardolinos zu einem idealen Weinanbaugebiet. Hinzu kommt die Vielfalt der Böden der Moränenhügel aus Kiesel, Sand und Ton, die zusammen mit den einheimischen Trauben und dem Können der Winzer einen Wein hervorbringen, der durch Farbe, Duft und Geschmack unverwechselbar ist. Wichtigste Traubensorte für den Bardolino ist die Corvina Veronese, in einer Komponente von bis zu 20 Prozent werden Molinara-Trauben beigemischt und kleinere Mengen der Rondinella. Der vielseitige Bardolino wird gerne „All-Mahlzeiten-Wein“ genannt, da er zu Pasta und Pizza genauso gut passt wie zu Risotto, Minestrone, gegrilltem Fisch und jeder anderen Art von Gericht.
Im Weinmuseum (Museo del Vino) der Kellerei Zeni in Bardolino (Adresse: Via Costabella 9) erfährt man bei einer spannenden Führung, die von Mai bis September zweimal wöchentlich auch auf Deutsch stattfindet, wie die Traube zum leckeren Bardolino wird. Die Reise durch die Welt des Weins gliedert sich in mehrere Themenbereiche, darunter Weinanbau, Traubenverarbeitung, Ursprünge der Herstellung und die Arbeit des Küfers. Zu bestaunen gibt es dabei allerhand historische und moderne Geräte, und am Ende der Führung bietet sich sogar die Möglichkeit, einen Blick auf den letzten Schritt der Weinherstellung zu werfen. Ein Fenster auf die Flaschenabfüllanlage macht’s möglich. Übrigens: Es gibt nicht nur den einen Bardolino. Zur „Familie“ gesellen sich der Bardolino Classico Superiore, der Novello Bardolino Classico, der blumige Rosé-Wein Chiaretto, der gern zu Antipasti getrunken wird, und der Schaumwein Bardolino Chiaretto Spumante.
Marmorsäulen sind echte Hingucker
In der Vinoteca der Kellerei Zeni gibt es nach der Führung Weine und Olivenöl zur Verkostung. Da sich Bardolino inmitten der „Riviera degli Olivi“ befindet, einer Hügellandschaft, die von Olivenhainen und Weinbergen dominiert wird, produziert fast jedes Weingut auch Olivenöl. Alles, was man schon immer übers Olivenöl wissen wollte, erfährt man im Ölmuseum „Museo dell’Olio“ in der Via Peschiera 54, wo man auch Flaschen des flüssigen Goldes erwerben kann.
Nicht nur Wein, auch viele Kirchen gibt es in der kleinen Gemeinde Bardolino. Ganze elf, wobei einige der antiken Bauten absolut sehenswert sind. So die Kirche San Zeno aus dem 9. Jahrhundert. Das Bauwerk aus karolingischer Zeit entstand während der Besatzung durch die Franken. Hingucker sind die großen Marmorsäulen sowie die teilweise erhaltenen Fresken aus dem frühen Mittelalter. Einen Besuch wert ist auch die Kirche San Severo, die im 8. Jahrhundert erbaut und im frühen 12. Jahrhundert in romanischer Form erneuert wurde. Bis zum 15. Jahrhundert war sie das geistliche Zentrum der Stadt. Sehenswert ist der weitgehend erhaltene Freskenschmuck aus dem 12. Jahrhundert. Die über 900 Jahre alte Pfarrkirche Santa Maria di Cisano im Ortsteil Cisano punktet mit ihrer Fassade aus lombardisch-romanischen Steinmetzarbeiten, und die Pfarrkirche Chiesa dei Santi Nicolò e Severo, die nach volkstümlicher Überlieferung von Papst Lucius III. 1185 geweiht wurde, glänzt mit ihren Fresken und den hübschen Glasfenstern. Auf dem Platz vor der Kirche finden im Sommer oft Konzerte statt.