Die Inflation frisst die deutschen Sparguthaben auf. Dennoch gibt es Möglichkeiten, wie Verbraucher dem entgegenwirken können. Eine einzig wahre Lösung aber gibt es nicht.
Kauft Aktien! Dies beten deutsche Banker dem deutschen Sparer schon seit Jahrzehnten gebetsmühlenartig vor. Allein, es fruchtet nicht. Wer spart, legt sein Geld noch immer ungern in Wertpapieren an. Jahrzehntelang war das Sparbuch des Deutschen liebstes Kind. Schon seit der seit Jahren herrschenden Niedrig- bis Nullzinspolitik im Zuge der EU-Finanz- und Schuldenkrise werfen die üblichen Sparmöglichkeiten, Sparbuch oder Tagesgeldkonten, kaum noch etwas ab. Im Gegenteil. Nun kommt die Inflation hinzu, gegenwärtig liegt sie bei 7,4 Prozent laut Statistischem Bundesamt. Im Jahr 2021 stieg das Geldvermögen der Bundesbürger auf rund 7,6 Billionen Euro (2020: sieben Billionen Euro), berichtet das Investmentunternehmen der Volksbanken, Union Investment. 40 Prozent davon lagert nach wie vor in Bankguthaben und Produkten, die Zinsen abwerfen sollen – diese gehen aber gegen null, in einigen Fällen hagelt es sogar Strafzinsen. Wegen gleichzeitiger Geldentwertung aber bedeutet dies nicht nur, dass einige Anlageoptionen nun keine Zinsen erwirtschaften, sondern, dass das Sparguthaben auf Girokonten oder Tagesgeldkonten real weniger wert sein wird.
Was also dagegen tun? Aktien, wie eingangs beschrieben, wären eine Möglichkeit. Fondslösungen oder Sparpläne für börsengehandelte Investmentfonds (ETF) ersparen den täglichen Blick in den Börsenticker. Seit 2011 schwankt die Zahl der Bundesbürger über 14 Jahren, die Aktien besitzen, zwischen 14 und 17 Prozent, laut Deutschem Aktieninstitut waren es im Jahr 2021 12,1 Millionen. Dahinter stehen reale Werte, Immobilien, Betriebsmittel, Produkte von Unternehmen. Doch brauchen Anleger hier Geduld. In den vergangenen Monaten hat sich der Kapitalmarkt sehr volatil gezeigt, dafür liegen die zu erwartenden Renditen nach zehn Jahren im Bereich der heutigen Inflation, zwischen sieben und zehn Prozent. Dies zeigt das sogenannte DAX-Renditedreieck: Wer Ende 2010 DAX-Aktien kaufte, erreichte bei einem Verkauf 2021 eine Rendite von 7,9 Prozent. Hier also ist jenes Geld gut aufgehoben, das Verbraucher nicht in absehbarer Zeit benötigen, die Anlage ist je nach Lage des Marktes sicher und renditestark, aber unflexibel.
Aktienrendite auf lange Sicht stabil, auch im Mix mit Edelmetallen
Eine andere Möglichkeit: Investition in Immobilien. Das Problem hier: Sie werden immer teurer. Laut dem Frühjahrsgutachten 2022 der Immobilienwirtschaft stiegen die Preise im vergangenen Jahr im bundesweiten Mittel im Vergleich zu 2020 um 14,3 Prozent auf 3.140 Euro pro Quadratmeter. Der Anstieg war damit nochmals leicht stärker als im Vorjahr mit 11,2 Prozent. Da jedoch auch gleichzeitig die Zahl der Baugenehmigungen und der Neubauten steigt, könnte dies den rasanten Preisanstieg mittelfristig etwas dämpfen. Gleichzeitig, so die Gutachter, sind jedoch die Bruttoanfangsrenditen für Immobilien in den größten deutschen Städten gesunken – auf zwei bis drei Prozent. Diese Rendite umfasst nur das Verhältnis zwischen Miete, Kaufpreis und Marktwert der Immobilie – ohne die Instandhaltung. Mieten steigen derzeit mäßig, üblicherweise aber parallel mit der Inflation. Die Geldanlage in Beton ist also zwar sicher, aber unflexibel und im Augenblick wenig renditestark – es sei denn, man bewohnt die Immobilie selbst. Kredite dafür werden über zehn oder mehr Jahre festgeschrieben, sind also inflationssicher, im Gegensatz zu Mieten.
Als weitere mögliche Anlageform gelten Gold und andere Edelmetalle, insbesondere bei hoher Inflation. Dies suggerieren zumindest Werbeanzeigen quer durch das Internet. Das stimmt jedoch nur dann, wenn der Preis für Gold oder Silber im gleichen Maße steigen würde wie die Inflation. Vergleicht man den Goldpreis von 2010 mit dem von 2021, stieg die Feinunze zwar im Preis. Wer jetzt jedoch einsteigt, muss mit steigenden Zinsen in den USA und steigendem Dollarkurs rechnen. Da Gold in Dollar gehandelt wird, erhalten Käufer also weniger für ihr Geld. Außerdem zahlt Gold keine Zinsen. Als beigemischte Anlage von maximal zehn Prozent Anteil am anzulegenden Vermögen aber empfehlen es Experten der Zeitschrift „Finanztest" dennoch in der aktuellen Lage. Wer innerhalb seiner Goldanlage weiter diversifizieren möchte, kann auch weitere Edelmetalle wie Palladium hinzunehmen.
Neu im Mix für Anleger sind seit einigen Jahren Kryptowährungen. Bitcoin, Ethereum und Co. gelten jedoch als hochspekulativ. Ihre Kursschwankungen sind teils gewaltig. In der vergangenen Woche vernichtete ein Kursrutsch von Kryptowährungen nach Angaben von Börsenmedien 200 Milliarden Dollar. Zwar liegt der Preis für ein Bitcoin (Stand 19. Mai) bei umgerechnet knapp 28.000 Euro, mit einem satten Tagesplus von 537 Euro oder 1,9 Prozent. Doch lag sein Jahreshoch 2022 bei 42.742 Euro am 27. März. Kriegsangst und steigende Zinsen in den USA hatten den Kursrutsch ausgelöst. Klar, dass Kryptowährungen als renditestark und flexibel, aber nicht als sicherer Hafen gegen die Inflation angesehen werden können.
Welche Strategie Verbraucher anwenden sollten, um sich vor der Inflation zu schützen, hängt von verschiedenen Fragen ab: Welches Ziel verfolge ich mit diesem Geld? Wie sicher soll es angelegt sein? Wieviel Flexibilität ist notwendig, um im Notfall noch mal rasch heranzukommen? Wieviel Rendite ist nötig, um die Inflation auszugleichen? Die Antworten auf diese Fragen sollten Hinweise auf die Anlageform geben. Dabei sollte man sich Zeit lassen. Anlagen, die in allen Kategorien gut abschneiden, sind in der Regel unseriös. Ohnehin warnen Verbraucherzentralen Bankkunden im Augenblick vor übereiligen Abschlüssen von Geldanlageprodukten. Private Rentenversicherungen oder Investmentfonds würden beworben, um beispielsweise Negativzinsen auf Guthaben zu vermeiden, teilt etwa die Verbraucherzentrale Niedersachsen mit.
Zeit lassen bei der Produktsuche
„Die Angebote lohnen sich meist nur für die Banken", sagt Verbraucherschützer Philipp Rehberg. Für Abschlüsse gebe es hohe Provisionen. Zudem sind die Angebote laut Verbraucherzentrale oft nicht bedarfsgerecht, zu unflexibel und mit höheren Risiken verbunden als die bisher sicheren Einlagen. Das könne für Menschen, die auf flexible Verfügbarkeit angewiesen seien, zum Problem werden.
Zum Sparen und Horten größerer Geldbeträge seien Girokonten auch der Verbraucherzentrale NRW zufolge nicht die richtige Wahl. Dort ist das Geld zwar jederzeit verfügbar, verliert wegen des nicht vorhandenen Zinses und der Inflation aber stetig an Wert. Ein bis zwei Monatsnettoeinkommen sollten im Idealfall höchstens verfügbar sein, um auch unvorhergesehene Rechnungen, zum Beispiel für Reparaturen, begleichen zu können.
Ansonsten lautet die Devise: möglichst breit informieren und das Risiko streuen. Mehrere Anlageformen für den Geldbetrag verringern das Risiko, das eine einzige aus unvorhergesehenen Gründen nicht das gewünschte Ergebnis bringt. Sicher ist nur eines: Die Inflation wird uns auch in den kommenden Monaten und laut der deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute sogar 2023 erhalten bleiben. Der Druck auf die deutschen Sparguthaben bleibt also weiter hoch.