Die überraschende schwedische Miniserie „Clark" über das wilde Leben des berühmten Bankräubers Clark Olofsson, auf den das Stockholm-Syndrom zurückgeht, läuft bei Netflix.
Schön, dass es noch Serien wie „Clark" gibt, die abseits der großen Blockbuster für Abwechslung und Alternativen sorgen. Wie lange wird das noch so sein? Es deutet sich bereits an, dass Streamingdienste wie Netflix in Zukunft andere Wege gehen werden. Inzwischen wird bereits bei einigen Serien der Rotstift angesetzt. Entweder werden sie vorzeitig abgesetzt oder verkürzt. Die Preise für Streaming-angebote werden weiter steigen. Auch das Passwortsharing wird schon bald eine Randnotiz in der Geschichte des Streamings sein. Ob es dann noch Miniserien wie „Clark" geben wird, steht in den Sternen, richten sich derartige Shows doch eher an ein potenziell kleines Publikum, ähnlich den Filmen eines Programmkinos.
Regisseur für Musikvideos bekannt
Die Lebensgeschichte des schwedischen Bankräubers Clark Olofsson ist es allemal wert, verfilmt zu werden. Das dachte sich wohl auch der schwedische Musikvideo- und Filmregisseur Jonas Åkerlund, ehemals Drummer der schwedischen Black Metal-Band Bathory. Während Åkerlund im Film- und Seriengeschäft bisher eher unauffällig blieb, ist er ein Superstar, wenn es um Musikvideos geht. Roxette, Madonna, U2, Metallica, Rammstein, Lady Gaga: Åkerlund hatte nahezu alle vor der Linse.
Nun ist es also die Miniserie „Clark" geworden, die irgendwie auch alle Merkmale von Musikvideos in sich trägt. Collagenhaft, schnelle Schnitte, das Spiel mit Farben. All das passt perfekt zum rastlosen Leben des Clark Olofsson, der schon als Jugendlicher mit dem Gesetz in Konflikt kommt, immer wieder im Gefängnis landet und immer wieder ausbricht.
Bill Skarsgård (Stephen Kings „Es", 2017), Sohn des bekannten schwedischen Schauspielers Stellan Skarsgård und Bruder von Alexander Skarsgård („The Northman", „True Blood"), ist die perfekte Besetzung für den selbstverliebten Narzissten Clark Olofsson, der nicht nur ein Faible für Banküberfälle hat, sondern vor allen Dingen für Frauen. Er liebt alle Frauen, wie er selbst sagt. Aber nur wenn sie ihm gefügig sind. Das sieht man an den teils völlig absurden Bettszenen, die seinen enormen Egoismus offenbaren und persiflieren.
Wo sich andere Serien erst viel Zeit nehmen und sich das Charakterbild der Figuren erst nach und nach zeigt, entscheidet sich Jonas Åkerlund ganz bewusst für eine andere, schnellere Erzählweise. Die Entwicklung vom jugendlichen Verbrecher zum berühmten Kriminellen wird einerseits einigermaßen chronologisch dargestellt, andererseits durch Schwarzweiß-Einschübe aus seiner Kindheit unterbrochen. Da sieht man dann den alkoholsüchtigen, gewalttätigen Vater, der seine Frau und seinen Sohn terrorisiert. Und während der farbenfrohe Teil der Serie oftmals viele komödienhafte und absurde Elemente in sich trägt, wirkt die Kindheit wie ein Drama, ja geradezu traumatisch.
Irre, albern, absurd, dramatisch und wild
Mediale Berühmtheit erlangte der echte Clark Olofsson schließlich 1973 mit der Geiselnahme am Norrmalmstorg in Stockholm. Auch diese Episode wird natürlich in der Serie thematisiert. Zwar sitzt Clark zu dieser Zeit gerade wieder einmal hinter schwedischen Gardinen, aber der Geiselnehmer Jan Erik Olsson, der Clark aus seiner gemeinsamen Zeit im Gefängnis kennt, fordert die Polizei dazu auf, dass Olofsson zu ihm gebracht wird in die Kreditbank am Norrmalmstorg. Das ganze Drama, das von den Medien begleitet wird, dauert mehrere Tage, in denen sich scheinbar eine Sympathie der Geiseln für ihre Geiselnehmer aufgebaut hat. Eine sogenannte Täter-Opfer-Umkehr entsteht. Die Polizisten, die versuchten, die Geiselnahme zu beenden, wurden zu den Bösen, die Geiselnehmer zu den Guten. Fortan wurde diese seltsame psychologische Umkehrung als Stockholm-Syndrom bezeichnet. Bis heute wurde es wissenschaftlich nie bewiesen, hält sich jedoch hartnäckig im Sprachgebrauch.
Die Netflix Serie „Clark" ist eine waschechte Überraschung und für alle interessant, die übersättigt sind von immergleichen Erzählweisen. „Clark" ist erfrischend anders. Lustig, albern, absurd, dramatisch, irre, schnell, erschreckend und wild.