Wenn Männer Erektionsstörungen haben, hat das nicht nur Einfluss auf die mentale Gesundheit. Wenngleich das Problem bei Älteren stärker ausgeprägt ist als bei Jüngeren, steigt die Nachfrage nach einer passenden Behandlung für erektile Dysfunktion. Und die ist vielfältig.
Von einer erektilen Dysfunktion sprechen Mediziner, wenn eine Erektionsschwäche über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten anhält und damit den befriedigenden Geschlechtsverkehr in mehr als 70 Prozent der Fälle verhindert. Das Problem betrifft etwa 19 Prozent der Männer in einer Altersgruppe von 30 bis 80 Jahren. Die häufigste Ursache für Erektionsstörungen ist das Alter. Während 53 Prozent der 70- bis 80-jährigen Männer davon betroffen sind, liegt der Anteil bei den 30- bis 40-Jährigen bei lediglich 2,3 Prozent.
Zudem können auch andere Grunderkrankungen das als Impotenz (vom lateinischen impotentia, Unvermögen, Anm. d. Red.) bezeichnete Erkrankungsbild auslösen. Neben Diabetes mellitus wären hier hoher Blutdruck, koronare Herzerkrankungen und schlechte Cholesterinwerte als Faktoren zu nennen. Störungen des Hormonhaushalts wie eine Unterfunktion der Schilddrüse, Testosteronmangel oder erhöhte Prolektinwerte machen es dem Mann ebenfalls schwer, zuverlässig „zu funktionieren".
Doch nicht nur körperliche Probleme können zu einer erektilen Dysfunktion führen. Auch die Psyche spielt eine Rolle. Bei Angststörungen, Depressionen und anderen psychischen Erkrankungen, vor allem aber bei solchen, die medikamentös behandelt werden müssen, kann der Penis ebenfalls seinen Dienst verweigern. Als letzte Ursache führen Mediziner die äußeren Lebensumstände an. Stress, übermäßiger Konsum von Alkohol, Zigaretten oder sonstigen Drogen können ebenso Auslöser für das Problem sein. Grundlegend können sich hinter einer Funktionsstörung eine Vielzahl anderer ernst zu nehmender Erkrankungen verbergen. Deshalb raten Ärzte dringend dazu, sich bei einer Häufung des Problems genau untersuchen zu lassen, um der Ursache auf den Grund zu gehen.
Andere Krankheiten ursächlich
In der Regel beginnt die Anamnese mit einem Gespräch. Darin erfragt der Arzt die Lebensgewohnheiten wie Ernährung, Tabak-, Alkoholkonsum und Details zur Einnahme von Medikamenten. Bestimmte Substanzen, wie sie beispielsweise bei der Behandlung von Depressionen oder Bluthochdruck eingesetzt werden, können zu einer Minderung der Versorgung der arteriellen Gefäße führen. Dementsprechend schwierig kann es sein, eine Erektion zu bekommen.
Trägt das Gespräch allein nicht zur Lösung des Problems bei, kommen weitere Tests zum Tragen. Hier gibt es zum einen wissenschaftliche Selbsttests, die standardisierte unterschiedliche Symptome messen können wie Hormonmangelsyndrom (AMT/ATOMS-Fragebogen), den Body-Mass-Index, Prostatabeschwerden (IPSS-Test) oder Erektionsstörungen (IIEF-5). Zum anderen erfolgen klinische Untersuchungen, um zum Beispiel chronische Entzündungen oder sonstige Unregelmäßigkeiten an der Prostata auszuschließen. Via Blutuntersuchung werden bestimmte Hormonparameter wie FSH, LH, Testosteron, SHBG, TSH und Prolaktin bestimmt. Das kann wahlweise auch der Hausarzt überprüfen und gegebenenfalls behandeln. Liegt keine Hormonstörung vor, widmet sich der Urologe der Kontrolle des penilen Gefäßstatus und wendet dafür eine sonografische Untersuchung des Schwellkörpers an. Dazu nutzt er die sogenannte Schwellkörper-Injektionstestung, um venöse sowie arterielle Ursachen ausschließen zu können.
Je nachdem, welchen Ursprung die erektile Dysfunktion hat, unterscheidet sich die Form der Behandlung. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass ein Großteil der Störungen durch die Gabe von Medikamenten inzwischen gut behandlungsfähig ist. Gänzlich heilbar ist Impotenz jedoch nicht in allen Fällen. Geht es um Medikamente, denken die meisten Männer zuerst an Viagra. Das ist allerdings nicht immer hilfreich, der Einnahme muss eine ärztliche Verordnung vorausgehen: „Der Sachverständigen-Ausschuss für Verschreibungspflicht empfiehlt einstimmig, den Antrag auf Entlassung aus der Verschreibungspflicht für Sildenafil 50 Milligramm zur oralen Anwendung abzulehnen." Die Entscheidung des Expertengremiums der Arzneimittelbehörde BfArM fiel Ende Januar einstimmig aus. Damit steht fest: Den Viagra-Wirkstoff Sildenafil wird es auch künftig in Deutschland nicht rezeptfrei in den Apotheken geben. Für die Entscheidung sieht die Behörde zwei Gründe als ausschlaggebend an: Man wisse eben nicht, wie das Mittel in Wechselwirkung mit anderen Medikamenten wirkt, die der Patient gegebenenfalls schon einnimmt. Risiken wie Herzinfarkte und Schlaganfälle seien daher nicht auszuschließen. Außerdem sei eine Erektionsschwäche oftmals Hinweis auf schwere Erkrankungen, und Männer würden durch die einfache Beschaffung von Viagra dazu verleitet, diese Warnsignale nicht ernst zu nehmen. Gleiches gilt auch für die Verwendung anderer potenzsteigernder Medikamente mit Wirkstoffen wie Tadalafil, Avanafil und Vardenafil.
Zeitnah einen Arzt aufsuchen
Dabei ist die orale Einnahme von solchen Mitteln nicht die einzige Behandlungsmethode bei einer erektilen Dysfunktion. Es gibt gefäßerweiternde Substanzen, die in die Harnröhre eingeführt (Muse) oder direkt in den Penis injiziert (Skat) werden. Alternativ können Ärzte auch Vakuumerektionshilfen verschreiben oder bei besonders schweren Fällen ein Implantat einsetzen.
Seit 2021 gibt es zudem noch einen ganz anderen Ansatz. Eine „Potenz-App auf Rezept" des Unternehmens Kranus Health. Das Programm bildet eine Art digitale Therapie, die auf der Pressemitteilung wie folgt beschrieben wird: „Das zwölfwöchige digitale Coaching-Programm besteht aus Beckenbodentraining, physiotherapeutischen Übungen, kardiovaskulärem Ausdauertraining und Übungen zur Achtsamkeit und Körpererfahrung sowie sexualtherapeutischen Inhalten." Dazu finden Betroffene wertvolle Informationen und die Angabe von Übungsfortschritten als Motivationshilfe. Die Kosten für die App können Betroffene sich von den Krankenkassen erstatten lassen, sofern sie diese vom Arzt verschrieben bekommen haben. Grundlage dafür war eine Aufnahme ins DiGA. Dieses Verzeichnis wurde vom Bundesministerium für Arzneimittel und Medizinprodukte (kurz BfArM) ins Leben gerufen und umfasst derzeit 26 Programme, die nachweislich einen Versorgungseffekt für den Patienten haben. Noch ist die Aufnahme vorläufig, ob daraus eine langfristige Angelegenheit wird, bleibt abzuwarten.
Akut ist eine andere Meldung brisanter: Es gibt Fälle, in denen eine Sars-CoV-2-Infektion Impotenz ausgelöst hat. Dazu wurde eine Studie vom Juli 2021 veröffentlicht, durchgeführt von der Deutschen Gesellschaft für Mann und Gesundheit (kurz DGMG) unter Leitung von Prof. Dr. Frank Sommer. Darin konnten Ärzte in Gewebeproben des Schwellkörpers vom Penis tatsächlich Coronaviren nachweisen. Diese könnten ihn dermaßen geschädigt haben, dass aufgrund eines daraus resultierenden Mangels an körpereigenem Eiweiß eine Versteifung des Glieds nicht mehr möglich war, nehmen die Forscher an. Veröffentlicht wurden diese Ergebnisse im „World Journal of Mens Health". Grundsätzlich schädigen Covid-Viren die Gefäßinnenwände zahlreicher Organe und führen Entzündungen herbei. Diese Tatsache ist wissenschaftlich belegt und unter anderem im „Nature Reviews Immunology" nachzulesen. Auch im Penis finden sich Gefäßwände, warum sollten diese nicht betroffen sein? Eine weitere Studie vom September letzten Jahres bestätigt, dass Erektionsstörungen eine Folge einer Corona-Erkrankung sein können und dort unter die Long- oder Post-Covid-Beschwerden fallen. Drei Prozent aller erkrankten Männer habe damit zu kämpfen.
Doch was auch immer eine erektile Dysfunktion auslöst: Es ist wichtig, zeitnah einen Arzt aufzusuchen. Nur so können schwere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Außerdem ist es für die mentale und körperliche Gesundheit von Männern wichtig, dass der Penis ohne Druck, Schmerzen oder Angst funktionieren kann.