Sind die Menschen katastrophenmüde? Oder wie ließe sich sonst erklären, dass bei den kleineren und größeren Festen, die jetzt endlich wieder überall stattfinden, über so ziemlich alles geredet wird, nur kaum über das, was die Schlagzeilen beherrscht? Inflation, Krieg, explodierende Energiepreise, selbst die Pandemie ist wieder da, alles in allem ein „Albtraum-Szenario", um Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck zu zitieren.
Da hat es schon etwas leicht Unwirkliches, vorm Vereinshaus bei schönstem Sonnenschein über so wichtige Dinge zu reden wie, wer jetzt mit wem zusammen ist, sich getrennt hat, ausgezogen ist, oder warum da ein Haus immer noch leer steht. Es sind dann Nebensätze, in denen das Bewusstsein darüber klar wird, dass um uns die Welt Auflösungserscheinungen zeigt.
Aber wie umgehen mit den immer eindringlicheren Warnungen vor einer Spaltung der Gesellschaft? Oder wenn der gute Rat erteilt wird, für die nächste Energieabrechnung ordentlich was auf die Seite zu legen? Ministerielle Stromspartipps erteilt werden, die Energieberater seit Jahren predigen, und eigentlich jedem klar ist, dass das eigene Sparpotenzial längst nicht ausgeschöpft ist? Irgendwie versagt dann sogar das beliebte Spiel „Suche den Schuldigen". Es klingt nach Ermattung und einer gehörigen Portion ganz realistischer Hilflosigkeit.
Katastrophenmüde? Vielleicht. Psychologen könnten das womöglich erklären. Richtig schwierig wird es aber, wenn die berechtigten Warnungen, in Tonfall und Wortwahl immer dramatischer, Angst befördern. Ehrliche Politik sei keine Panikmache, sagt der schon zitierte Habeck. Natürlich dürfen, ja müssen wir erwarten, dass nichts schöngeredet oder verheimlicht wird – um dann am Schluss in einem echten Albtraum zu landen.
Politische Kommunikation ist in Mehrfachkrisenzeiten eine mindestens ebenso große Herausforderung wie die faktischen Probleme selbst. Große Übung darin gibt es nicht, wie auch? Was jetzt entscheidend ist, sind Fakten und Ernsthaftigkeit. Ansonsten ist überlegte Zurückhaltung geboten, auch wenn die Zeit der Sommerinterviews verlockend ist – und uns Medien das nicht immer gefallen wird. Die Zeiten werden schwer genug, aufgewühlte Panik würde es nur schwerer machen.