Spitzenpolitiker verdienen viel Geld, der Bundeskanzler mehr als 300.000 Euro im Jahr. Vielen Wählern ist dies schwer vermittelbar. Wie man aber ein angemessenes Gehalt für Politiker festlegen sollte, darüber wird diskutiert – spätestens bei der nächsten Diätenerhöhung der Abgeordneten.
Regierungschef gesucht. Ein Job mit Verantwortung und Macht, beständig angefochten von Dutzenden, manchmal Tausenden Gegnern. Als Belohnung winken, gelegentlich oder im Idealfall, Anerkennung von Partei, Staat, Wählern – und Geld. Durch ihre zentrale Stellung und Bedeutung im Staat müssen sich vor allem Spitzenpolitiker jedoch immer wieder die Frage gefallen lassen, ob ihre Gehälter gerechtfertigt sind. Die deutsche Wirtschaft hat ihre hohen Managergehälter immer mit dem Argument verteidigt, dadurch im Kampf um die fähigsten Köpfe weltweit mitmischen zu können.
In der Politik gilt das natürlich durch ihre Offenheit für alle nicht – schon gar nicht im kommunalen Bereich, wo die meisten politischen Ämter, Gemeinderäte, Ortsvorsteher, sowieso zunächst Ehrenämter sind. Gezahlt werden Sitzungsgelder, Fahrtgeld, Aufwandsentschädigungen, je nach Landesgesetz. Engagement soll auch hier belohnt werden, sagen die Gesetze, wenn auch geringfügig. Hauptamtliche Bürgermeister verdienen bereits ein eigenes Gehalt, abhängig von der Größe der Gemeinde oder Stadt, die sie regieren. Festgelegt wird dies in Besoldungstabellen des Landes und des Bundes. Der Düsseldorfer OB Thomas Geisel hat sein Gehalt vor zwei Jahren offengelegt: er verdiente mit Ehegattenanteil, Kindergeld und Aufwandsentschädigung etwa 13.000 Euro pro Monat.
Ehrenämter in den Kommunen
Landespolitiker verdienen in der Regel wenig mehr als Bürgermeister einer Großstadt, ihre Bezüge sind aber höchst unterschiedlich und ebenfalls vom jeweiligen Landesrecht abhängig: Annegret Kramp-Karrenbauer, Ministerpräsidentin im Saarland, erhält ein Grundgehalt von 10.000 Euro pro Monat – laut Gesetz das 1,1-fache der saarländischen Besoldungsgruppe B11, hinzu kommen Aufwandsentschädigung und Ortszuschlag. Der Berliner Oberbürgermeister Michael Müller erhält 14.000, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer als Spitzenverdiener 16.000 Euro Grundgehalt pro Monat.
Auf Bundesebene bemessen sich die Gelder ebenfalls an Besoldungsgesetzen, die der Bund aufgestellt hat. Minister verdienen das 1,3-fache der höchsten Besoldungsstufe B11 für Bundesbeamte, die Bundeskanzlerin das 1,6-fache.
Im internationalen Vergleich, den der Internet-Kreditgeber Vexcash aufgestellt hat, gehört der vietnamesische Staatschef zu den Geringverdienern – umgerechnet knapp 6.400 Euro verdient Nguyen Yuan Phuc pro Jahr. An der Spitze liegt der Regierungschef von Singapur, Lee Hsieng Loo, der jährlich umgerechnet 1,4 Millionen Euro nach Hause bringt. Allerdings gehört Singapur auch zu den reichsten Staaten der Welt.
Dazwischen liegt der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte mit 152.000 Euro. Immerhin verdient er damit mehr als der russische Präsident. Nach offiziellen Angaben des Kreml verdient Wladimir Putin jährlich etwa 8,8 Millionen Rubel, das sind umgerechnet knapp 126.000 Euro. Er besitzt eine 77-Quadratmeter-Wohnung, eine Garage, zwei Autos der Marke GAZ, einen Lada Niva und einen Anhänger.
In der EU gehört die deutsche Bundeskanzlerin zu den Spitzenverdienern. Alles in allem dürfte sie durch ihre langjährige politische Karriere, durch Diäten, Sonderzulagen und das Kanzlerinnengehalt mittlerweile Millionärin sein. Gehaltstechnisch liegt Angela Merkel auf einem Niveau mit US-Präsident Donald Trump. Sie verdient etwa 310.000 Euro pro Jahr, Trump 342.000 – er will jedoch seinen Gehaltsscheck spenden. Die restlichen EU-Staatschefs geben sich im Gegensatz dazu regelrecht bescheiden. Auf Emmanuel Macrons Gehaltszettel stehen 182.000 Euro, auf Theresa Mays 164.000. Polens Regierungschefin Beata Szydlo ist eine der Geringverdienerinnen in den EU-Staaten, mit umgerechnet 67.000 Euro pro Jahr. Die Statistik stammt von der Wageindicator Foundation, einer niederländischen Organisation, die sich für faire Bezahlung und gerechte Arbeitsbedingungen einsetzt. Sie sammelt offizielle Angaben der Staaten. Inwieweit diese öffentlichen Angaben den Tatsachen entsprechen, ist nicht belegt. In Zweifel gezogen werden beispielsweise immer wieder die Angaben des Kreml zum Gehalt Präsident Putins.
In Zweifel gezogen werden aber auch immer wieder die Diäten von Abgeordneten. Hier gibt es keinerlei langwierige Gehaltsverhandlungen wie in der Wirtschaft, stattdessen wird gemeinsam über eine Erhöhung abgestimmt. Ex-Finanzsenator Ulrich Nussbaum schrieb in einem Gastbeitrag der „Berliner Zeitung“ kurz nach der vergangenen Senatswahl im November 2016, dass über Politikergehälter offen diskutiert werden müsse – während sich die Berliner Abgeordneten als eine der ersten Amtshandlungen ihre Diäten erhöhten. Das Bild, das Dienstwagenaffären, unbesetzte Abgeordnetensessel bei Debatten und Zusatzposten abgeben, ist keines, das Nussbaum so hinnehmen will. Die öffentlichen Gehälter sollten denen der Wirtschaftsbosse in nichts nachstehen, so Nussbaum, um Politik auch finanziell attraktiv zu halten. Die Idee ist nachvollziehbar: Wie sollen Politiker mit mächtigen Wirtschaftsbossen auf Augenhöhe verhandeln, wenn diese locker mehr als das 20-fache der Politiker verdienen? Wenn sie, wie im Falle der Dieselaffäre, noch dazu einen Wirtschaftszweig repräsentieren, der laut Studien etwa 1,8 Millionen Arbeitsplätze mittelbar und unmittelbar in Deutschland umfasst? Außer Acht lässt Nussbaum jedoch Zusatzeinnahmen.
Faire Entlohnung bedarf der Diskussion
Die Webseite „abgeordnetenwatch.de“ listet regelmäßig die Nebeneinkünfte von Abgeordneten und Spitzenpolitikern auf. Spitzenreiter ist derzeit Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU, Wahlkreis Regensburg) mit 2,2 Millionen Euro, die er als Landwirt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater neben dem Bundestagsmandat brutto verdient – vor allem Einkünfte aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb, so Lerchenfeld gegenüber „Focus“, denen auch entsprechende Betriebsausgaben gegenüberstünden.
Klar ist: Politiker sollten für ihr Engagement belohnt werden. Was fair ist, wie viel sie nebenbei verdienen, bedarf regelmäßiger Diskurse. Wer sich allerdings per se eine materielle Bereicherung durch ein politisches Mandat erhofft, läuft dem vorherrschenden Demokratieverständnis zuwider. Und das fußt auf den philosophischen Überlegungen griechischer Vordenker. Aristoteles etwa, der das Primat der Politik, die Verantwortung für das Ganze, an den Anfang stellt. Sie soll für das „gute Leben“, die Rahmenbedingungen der Freiheit, sorgen – die Wirtschaft alles für das Überleben Notwendige bereitstellen. Sollen Politiker also angemessen entlohnt werden, wäre zuerst der Wert „guten Lebens“ zu ermitteln.