CDU-Präsidiumsmitglied und Finanz-Staatssekretär Jens Spahn spricht im Interview über Wahlkampfthemen, den Unterschied zwischen Stadt und Land sowie die kommende Legislaturperiode.
Herr Spahn, wie läuft Ihr Wahlkampf?
Sehr gut! In den letzten Wochen war ich viel in Deutschland unterwegs und konnte mit vielen Menschen sprechen. Die Stimmung ist grundsätzlich gut, aber es wird auch klar gesagt, wo wir noch besser werden können: bei dem Ausbau von Straßen und Breitband, bei der inneren Sicherheit und beim Wohnungsbau.
Sind das aus Ihrer Sicht auch die wichtigsten Themen dieses Wahlkampfs?
Mein Eindruck ist, viele Menschen fragen sich: Wie sicher fühle ich mich noch zuhause in meinem eigenen Land? Während die Zahl der Einbrüche zwar zurückgegangen ist, ist es die Alltagskriminalität rund um Drogen, Gewalt und sexuelle Übergriffe, die den Bürgern Sorgen bereitet. Aber auch die kulturelle Sicherheit ist ein Thema. Werte wie Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, das sind Werte, die unsere Gesellschaft ausmachen. Diese Werte sehen viele Menschen momentan gefährdet. Die kann man auch nicht per Gesetz verordnen. Man kann sie aber durch richtige Integration vermitteln.
Unterscheiden sich die Themen in Ihrer münsterländischen Heimat von denen in Berlin?
Das Münsterland und Berlin unterscheiden sich natürlich, zum Beispiel spürt man den Mangel an Fach- und Nachwuchskräften in den ländlichen Regionen deutlicher als in der Stadt. Viele junge Menschen zieht es in die großen Universitätsstädte, wie etwa Berlin, Hamburg, München oder Köln. Die wenigsten entscheiden sich noch für eine Ausbildung in heimatnahen Betrieben. Das ist schade und für viele kleine und mittelständische Unternehmen ein echtes Problem. Bald verdient ein Handwerker so viel wie ein Arzt oder Anwalt. Einfach, weil es von ihnen nur noch so wenige gibt. Auf der anderen Seite wollen die Menschen eine gute Arbeit, sicher nach Hause kommen und sich auf den Staat verlassen können. Da gibt es keine großen Unterschiede zwischen Stadt und Land.
Sie sind Finanzstaatssekretär. Ist die „schwarze Null“ es wert, auf dringend nötige Investitionen in die Infrastruktur zu verzichten, dazu in Zeiten niedriger Zinsen?
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Das Absurde ist ja, dass es bereits genügend Pläne für neue Projekte im Infrastrukturbereich gibt. Am Geld liegt es nicht, dass davon bisher noch nichts umgesetzt wurde. Das Planungsrecht ist das Problem. Wir haben Geld für Straßen, Schienen und Breitband, bekommen es aber momentan einfach nicht verbaut. Wir wollen deshalb zukünftig die Dauer von Planungsverfahren verkürzen, durch Entbürokratisierung und durch ein neues Planungsbeschleunigungsgesetz.
Wie beurteilen Sie Angela Merkels Flüchtlingspolitik zwei Jahre nach dem berühmten Satz „Wir schaffen das“?
Alt-Bundespräsident Joachim Gauck hat es auf den Punkt gebracht: „Unser Herz ist weit. Aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt.“ Man möchte vielen helfen, aber man kann nicht allen helfen. Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen, haben natürlich Anspruch auf unsere Hilfe. Mit den Flüchtlingen sind aber auch viele andere in unser Land gekommen, die keinen Anspruch auf unsere Hilfe haben. Diese Migranten müssen wieder in ihre Heimatländer zurück. Die Integration all derer, die bleiben, wird die große Herausforderung der nächsten Jahre. Sie müssen unsere Sprache lernen, Arbeit finden, Steuern zahlen. Kurzum: sich in unsere Gesellschaft einfinden. Wir wollen keine Parallelgesellschaften, sondern eine Gemeinschaft!
Ist die diesjährige Bundestagswahl nach Ihrem Gefühl bereits gelaufen?
Gelaufen ist die Bundestagswahl erst am 24. September um 18 Uhr. Bis dahin werden wir um jede Stimme kämpfen.
Was sind Ihre Ziele für die kommende Legislaturperiode?
In den kommenden vier Jahren werden die Weichen dafür gestellt, dass es Deutschland auch in zehn Jahren noch gut geht. Nachdem wir jetzt vier Jahre hintereinander keine neuen Schulden gemacht haben, wollen wir jetzt die entlasten, die jeden Morgen aufstehen und mit ihrer Arbeit dafür sorgen, dass wir so gut dastehen. Darüber hinaus wollen wir insbesondere Familien und Kinder stärken, etwa mit einem Baukindergeld. Und wir müssen unsere Polizei so ausstatten, dass sie in einer Zeit, in der sich das Verbrechen digital organisiert, auch weiterhin eine gute Arbeit machen kann.