So hätte die Diskussion um eine sinnvolle Nutzung endlich ein Ende
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
ich möchte mich als König Dirk Michael I. von Berlin bewerben. Ich bin 50 Jahre alt, Einwohner von Berlin seit 1988 und habe an der FU Berlin studiert, dies sollte als Qualifikation genügen.
Sicher erscheint Ihnen dieses Anliegen auf den ersten Blick etwas merkwürdig, doch ich habe es mir reiflich überlegt. Seit einiger Zeit verfolge ich die Diskussion über die Nutzung des Stadtschlosses, und mit verstaubten Museen oder Veranstaltungsräumen scheint mir dieser historisch wichtige Punkt doch kaum würdig genutzt zu werden. Es wäre doch zu schade, wenn der teure Bau ohne Leben bleibt und lediglich als Kulisse dient.
Als König von Berlin, später vielleicht König von Preußen oder König von Deutschland, könnte ich dem noblen Bau etwas von dem Glanz verleihen, den er verdient. Damit will ich eine Tradition wieder aufnehmen, die Friedrich III. von Brandenburg im Jahr 1701 begann, als er sich zum Staatsoberhaupt des Königreichs Preußen krönte. Eine konstitutionelle Monarchie will ich natürlich nicht wieder einführen, die bestehende Verfassung und Gesetze müssen um keinen Deut verändert werden. Auch ein Tabakskollegium, wie es Friedrich Wilhelm I. pflegte, lehne ich ab, denn ich bin Nichtraucher. Als König Dirk Michael I. von Berlin würde ich lediglich Repräsentationsaufgaben wahrnehmen.
Zum Finanziellen: Als Aufwandsentschädigung stelle ich mir den bescheidenen Betrag von 300.000 Talern pro Jahr vor. Dazu kämen Diensträume im Stadtschloss, doch hier würde mir bereits fünf Prozent der Fläche vollauf genügen. Ich habe ja keinen Hofstaat. Die Diensträume im Schloss sollten natürlich historisch einigermaßen getreu ausgestattet sein, hierzu müsste man in den Archiven nachforschen. Natürlich benötige ich eine Erstausstattung an maßgefertigten Kleidern, die nach dem Vorbild des letzten deutschen Kaisers geschneidert werden müssten.
Des Weiteren würde ich eine vierspännige Kutsche mit Pferden, nach historischem Vorbild gefertigt, benötigen. Mit ihr würde ich meine Repräsentationsaufgabe wahrnehmen, also jeden Sonntag die Strecke Unter Den Linden bis zum Brandenburger Tor und zurück zum Schloss fahren, um dem jubelnden Volk Fotomotive zu bieten. Das jüngste Vorhaben, Unter Den Linden autofrei zu machen, kann ich mit vollem Herzen unterstützen! Kutsche und Pferde sollten im palastnahen Marstall untergebracht sein, dies dürfte kein Problem darstellen. Der Kutscher muss dazu nicht einmal fest angestellt sein. Natürlich stünde ich auch für weitere Repräsentationsaufgaben zu besonderen Anlässen, etwa den Besuchen in- und ausländischen Adels, gerne zur Verfügung. Ich kann den Bundespräsidenten und den Bürgermeister entsprechend von einigen Aufgaben, etwa Empfängen weniger relevanter Personen, entlasten.
Dem modernen Medienzeitalter werde ich mich natürlich nicht verschließen und habe bereits die Domain www.derkoenigvon.berlin reservieren lassen. Ich führe damit eine Tradition Wilhelm II. fort, der ja ebenfalls begeistert vor der Filmkamera stand. Mit dem RBB wären Gespräche zu führen, inwieweit regelmäßige Sendungen aus dem Stadtschloss ausgestrahlt werden können.
Auch die Schlösser in Potsdam könnten durch meine Besuche aufgewertet werden, denn sie dümpeln ja nun auch schon seit Jahrzehnten ohne standesgemäßes Personal dahin. Durch meine Wenigkeit hätten die Schlossführer in Potsdam endlich mal wieder etwas Aktuelles zu erzählen!
Von Zeit zu Zeit würde ich königliche Diners veranstalten, dabei würden Speisen der Kaiserzeit serviert, begleitet von Weinen aus Brandenburg. Und selbstredend Liköre der Königlich-Preussischen Spirituosenmanufaktur, die Wilhelm I. gründete und die auch heute noch hervorragende Kräuterschnäpse herstellt.
Natürlich muss zu Anfang meiner Dienstzeit eine standesgemäße Inthronisation erfolgen. Da die Räumlichkeiten des Berliner Stadtschlosses nicht mehr den historischen Glanz vergangener Zeiten besitzen, sollte diese ausnahmsweise im Schloss Sanssouci erfolgen. Die Potsdamer Stadtoberen würden dem bestimmt zustimmen. Dazu würde natürlich auch der Bürgermeister von Potsdam eingeladen. Wohlan, ich erwarte mit Spannung Ihre geschätzte Antwort und verbleibe mit königlichen Grüßen
Dirk Michael I, König von Berlin