Blumen, Volants, Merlot- und Bordeauxrot. Ab und an blitzt ein Leo-Muster, öfter aber Spitze durch. Warme Töne und dunkle Untergründe sind wieder Pflicht. So sehen die Plus-Size-Fashion-Trends für Herbst und Winter aus, die jetzt in den Online-Shops oder im Einzelhandel erhältlich sind.
Selten fielen Verkaufsstart und Herbstbeginn so direkt aufeinander. Kuschelkragen, warme Jacken und gemütliche Farben schienen nie nötiger. Warmtonige, große Blüten auf dunklen Untergründen zeigen optisch den passenden Übergang vom Sommer in die kühleren Jahreszeiten auf.
Das niederländische Label Yoek präsentiert unter anderem pink- und zartblau akzentuierte Blüten auf schwarzem Grund. Das mag der einen Frau als knieumspielendes, weich fallendes Kleid, der anderen als Bomberjacke gefallen. Die Grundmuster werden in unterschiedlichen Schnitten durchgespielt. Das ist gut für unterschiedliche Figurtypen und Geschmäcker. Das „Black Label“ setzt auf ladylike Looks mit einem oliv-goldenen Spitzenkleid über einem schwarzem, blickdichten Unterkleid. Große, graue Paisleys verbreiten sich auf einem schwarzen Kleid. Zarte Spitzenkanten verfeinern Tuniken und Wickelkleider. Die jüngere Linie „Miss Y“ greift dagegen Trends wie Camouflage-Optik auf Jeggings oder kurzen Jacken auf. Ebenfalls neu: Mantelartige, überlang bis über den Po reichende Jeansjacken. Seidige Blumen-Kimonos eignen sich bestens als leichte Indoor-Jacke und zum Aufpeppen schlichter Basics. Natürlich dürfen Volants nicht fehlen. Auf einer langen, bleuen Hemdbluse drapieren sie sich im Carmen-Look um die Schultern und heben diese durch zusätzliche Cut-Outs noch mehr hervor.
Gemütlichkeit ist auch bei stylischen Looks gewährleistet
Eine Reminiszenz an die 50er sind zweifellos Make-up- und Lipstick-Prints auf Tuniken und Kimonos. Es flattert bunt auf leichtem, semi-transparentem, dunklem Stoff. Eine weite Lipstick-Bluse läuft in einer eleganten Ausgabe extrem weit wie ein Überwurf und an den Seiten zipfelig aus. In einer zweiten Version mit Volants am Kragen und auf der Vorderseite wirkt die Tunikabluse jünger und mädchenhafter: Der Kimono im selben Muster ist das sicher vielseitigste Element. Zu pudrigen Tönen oder schlichtem schwarzen Darunter setzt er verspielt-weibliche Akzente. Die semi-transparente Grundoptik weist auch schon auf das Frühjahr 2018 hin, in dem Mesh- und Tüllstoffe, vorrangig mit Blumen bedruckt, als Ober-Bekleidung über unifarbenen Unter-Shirts oder Kleidern verstärkt in die Schränke Einzug halten werden.
Gemütlich sind auf jeden Fall die Kleider des dänischen Labels Adia, das seit zwei Jahren auf dem deutschen Plus-Size-Fashion-Markt mitspielt. Strickkleider und -jacken, aber auch weich fließende Kleider aus Viskose und Baumwolle lassen die dunklere Jahreszeit modisch bequem überstehen. Ein merlotrotes, weites, knielanges Kleid mit V-Ausschnitt ist so ein „Wohnkleid“ mit Wohlfühl-Faktor: Rund um den schwarz eingefassten Ausschnitt laufen federnartige, „gepixelte“ schwarze Elemente auf dem dunklen Rot aus. Der Stoff ist an den Schultern in breite Falten gelegt und sorgt dafür, dass die Ärmel bis beinah zum Ellenbogen weit, aber fließend fallen. Ein langärmeliges Shirt darunter, Strumpfhose und Stiefel dazu – fertig ist ein unkomplizierter Herbstlook. Durch die „technischen“ Prints und die angesagte Farbe wirkt er trotz Weite nie zu zeitlos. Eine zeitgenössische Interpretation der 60er-Jahre bietet ein schwarz-weißer Hahnentritt-Mantel in A-Linie. Durch die versetzten Vogel-Füße wirkt das Muster ohnehin schräg und bewegt. Dieser Effekt wird durch das Zusammensetzen der Muster in Patches verstärkt. Wer’s schlichter mag, wählt den Mantel einfach in Schwarz.
Ebenfalls neu in diesem Herbst ist die Party-Kollektion, die Sängerin Tallana Gabriel bei Adia präsentiert. Es flattern auf dem einen Kleid goldene Kraniche über Schwarz. Rote, durchbrochene Linien laufen in weiten Schwüngen und abstrakter Schnittmuster-Optik über ein weites, ärmelloses Kleid. Ein klassisches Cocktailkleid mit rundem Ausschnitt trägt seine Besonderheit im glockigen, semi-transparenten Rock: eine schräge Streifen-Optik in Schwarz ist ein dezenter, aber nachdrücklicher Hingucker. „Die Nachfrage nach festlicher Kleidung war einfach da“, sagt Jessica Maiazza, Brand-Manager von Adia für Deutschland. Wer könnte besser als Tallana Gabriel für den großen Auftritt in Plus-Size-Fashion stehen? Die Sängerin trägt Kleidergröße 50 und gibt den Kundinnen einen realistischen Eindruck der Stücke jenseits der üblichen Plus-Size-Vorführgröße 42.
Es tut sich einiges in der Plus-Size-Mode
Auch bei Anna Scholz for Sheego wird’s zum Winter hin dunkel im Ton. Weiblich, die Kurven umschmeichelnd und figurnah bleiben die Kleider der in London lebenden deutschen Designerin aktuelle Klassiker in bewährter Qualität. Ob gewickelt mit Allover-Print oder in schlichtem, abendlichen Schwarz mit Spitzenärmeln – Knoten, Raffungen und Besätze sind vor allem auf den Jerseykleidern wahre Figurschmeichler. In dieser Saison ist auch bei Anna Scholz weiterhin Spitze überall zu finden. Ein mit Spitze unterlegtes Oberteil mit tiefem V-Ausschnitt vorn und hinten ist auf einen schwingenden, knielangen Rock aufgesetzt. Alles ist in Schwarz gehalten, sodass die feinen Details besser zur Geltung kommen. Eine andere Version des Spitzenkleides sind pflaumenfarbene und schwarze Zweiteiler. In der Kombination aus Bleistiftrock und Shirt bleiben Schulterpartie, lange Ärmel und eine Handbreit Stoff überm Saum in durchbrochener, floraler, großformatiger Spitze transparent. Top oder Rock können aber auch einzeln gekauft und mit anderem Ober- oder Unterteil schlichter variiert werden.
Ansonsten gilt: Blau ist das neue Schwarz bei Anna Scholz for Sheego. Ein schmales Stretchkleid mit Schößchen macht in Nachtblau eine rasante Figur. Rundhalsausschnitt und etwas längere Kurzärmel bleiben schlicht und lassen der gewellten Schößchen-Linie optisch den Vortritt. Die schlichtere Alternative, die sich gut mit einer Jacke im legeren, weiblichen Business-Look stylen lässt, ist ein nachtblaues Wickelkleid. Eine Raffung auf der Hüfte und ein Karreeausschnitt bescheren einen perfekten, figurnahen Sitz. Auch bei diesem knielangen Kleid ist die Variante in Schwarz möglich. Vollends winterlich wird es bei einem Jerseykleid mit ausgestelltem Rock und Dreiviertel-Ärmeln. Hochgeschlossen und mit Stehkragen sieht es sehr angezogen aus. Auf dem klaren Schnitt findet ein schwarz-blaues Ornament-Muster genügend Fläche zum Wirken. Kleine Eingrifftaschen machen es alltagstauglich, etwas lässiger und kantiger. Den ganz großen Auftritt fürs schöne Bein gibt’s dagegen in klassischem Schwarz. Anna Scholz entwarf ein gerade geschnittenes Charleston-Kleid mit tiefem Rundhalsausschnitt und langen, schmalen Ärmeln. Hingucker und Mitschwinger sind die zwei Reihen langer Fransen rund um den knielangen Saum – die nächste 20er-Jahre-Party kann sofort losgehen.
Die Rasanz ist nicht nur den perfekten Schnitten und formbetonten Entwürfen von Anna Scholz geschuldet. Auch Model Sarina Nowak weiß sie mit ihren Kurven hervorzurufen. Sie wurde als „GNTM“-Kandidatin 2009 bekannt. Inzwischen modelt sie im Plus-Size-Bereich und das erfolgreicher, glücklicher und prominenter als zuvor. Der Trend zu bekannten Models und Testimonials zeigt, dass auch in der Plus-Size-Fashion auf aufmerksamkeitsstarke Persönlichkeiten und Präsentation gesetzt wird. Immer mehr Unternehmen bewegen sich aktiv heraus aus der Graue-Maus-Ecke und präsentieren ihre Kollektionen professionell in der Öffentlichkeit. Es wird auch höchste Zeit. Ein großer Markt wartet, der immer noch vergleichsweise spärlich bedient wird: Mehr als 50 Prozent der Frauen in Deutschland tragen Kleidung in Größen jenseits der 42. Sie sind potenzielle Kundinnen, die ihr Geld für schöne Kleidung ausgeben wollen. In diesem Herbst und Winter gibt es wieder einmal mehr Gelegenheit dazu.