Was sind wir nur für merkwürdige Wesen! Da wählen wir etwas zusammen, was nur schwerlich zusammengehört, sagen sogar vorher, dass wir uns das eigentlich gar nicht so recht vorstellen können. Und ein paar Tage später ist der fürchterliche Schrecken verflogen, „Jamaika“ vielleicht doch eine ganz nette Insel für Glückselige. Das Blöde an Wahlen ist, dass man vorher gar nicht wissen kann, was man nachher bekommt. Auch wenn (fast) alle nach der Wahl so tun, als hätten sie einen klaren „Wählerauftrag“.
Nun basteln sie also an Kompromissen für die erste Vier-Parteien-Koalition. Wobei das mit den Kompromissen ziemlich tückisch ist. Wir neigen hierzulande dazu, schon das Wort irgendwie unanständig zu finden. Da ist uns doch der alte Herr Luther mit seinem: „Hier steh ich, ich kann nicht anders“ irgendwie sympathischer. Liegt vielleicht daran, dass die nachfolgenden blutigen Glaubenskriege auch schon bald ein halbes Jahrtausend her sind.
Es gibt sie, die guten Kompromisse. Der „Formelkompromiss“ über die „Obergrenze“ zwischen CDU und CSU gehört nicht dazu. Alleine schon, weil er den Dauerstreit nicht wirklich beendet, allenfalls vertagt, somit keine dauerhaft verlässliche Klarheit schafft.
Gute Kompromisse haben etwas von Win-Win-Situationen an sich. Genau das wäre es, was wir dringend bräuchten. Zuviel gärendes Ungemach wird von den derzeit guten Wirtschaftszahlen überdeckt. Rente, Arbeitswelt, Armut, Integration, Bildung, alles bekannt. Ebenso wie Energiewende und Klimaschutz (Ziele verfehlt), europäischer Zusammenhalt (kühle Reaktion auf Macron), wirtschaftliche Innovationskraft und Fantasie (wird gerne auch auf die Entwicklung von Betrugssoftware verwandt) oder ein angemessenes Verhältnisse zum afrikanischen Kontinent (steckt erst in Kinderschuhen).
Vierer-Kompromisse lassen nur leider befürchten, dass alles im Klein-Klein bleibt, an Stellschrauben gedreht wird, die unser ohnehin kaum noch durchsichtiges Einzelfallregulierungsgeflecht noch mehr verkomplizieren. Einigungen eben auf den kleinsten gemeinsamsten Nennern (KGN), der sich finden lässt.
Es sind die Momente, in denen ich mir wünschte, am Ende würden meine Besorgnisse Lügen gestraft.