Ein Mann, eine Frau, eine Krise: In dem Überraschungserfolg „The Big Sick" muss sich ein junger in den USA lebender Pakistani entweder für die Tradition seiner Familie oder die Liebe entscheiden.
Kumail (Kumail Nanjiani) ist ein echter Amerikaner: Um sich finanziell über Wasser zu halten, fährt er für den umstrittenen Taxi-Konkurrenten „Uber" Menschen durch Chicago. Doch seine wahre Leidenschaft ist die Bühne: Abends tritt er als Stand-up-Comedian in den Clubs der Stadt auf. Dabei macht er sich über seine pakistanischen Wurzeln lustig. Kumail ist als Junge zusammen mit seinen Eltern (Anupam Kher und Zenobia Shroff) in die USA gekommen. Die haben allerdings ganz andere Pläne für sein Leben. Er soll ein guter Muslim sein, Jura studieren, eine Frau mit pakistanischen Wurzeln heiraten und eine Familie gründen. Kein Wunder, dass die regelmäßigen Besuche bei seiner Familie für Kumail längst zu einer unangenehmen Pflicht geworden sind. Besonders, wenn seine Eltern ihn zum Beten schicken, und dann im weiteren Verlauf des Besuchs wie zufällig eine ledige junge Frau vorbeikommt, eine Pakistanerin, versteht sich.
Das Drehbuch zu „The Big Sick" haben Emily V. Gordon und ihr Ehemann Kumail Nanjiani – der auch die männliche Hauptrolle spielt – geschrieben. Die Handlung basiert zum Teil lose auf Erlebnissen, die die beiden in der Zeit vor ihrer Hochzeit im Jahr 2007 gehabt haben. Unter der Regie von Michael Showalter ist daraus ein lustiger, aber auch sehr einfühlsamer Film entstanden, der entscheidend von der Leistung der Darsteller lebt, sich in ihre Charaktere hineinzuversetzen.
Der Film lässt sich Zeit, die Welt aufzubauen, in der Kumail lebt. Er macht das mit einer gewissen Dosis an Humor, widersteht aber der Versuchung, die Charaktere ins lächerlich Überzogene abdriften zu lassen. Vielmehr entsteht gefühlvoll das Bild von der Zerrissenheit eines jungen Mannes, der sich einerseits seiner Familie verpflichtet und verbunden fühlt, andererseits aber auch das Leben eines ganz normalen Amerikaners leben will.
Auf eine feste Beziehung folgt die Frage: was dann?
Eines Abends provoziert eine junge Frau, die in der Comedy-Show sitzt, Kumail ein wenig: Emily (Zoe Kazan). Im Anschluss spricht er sie an, und die beiden lernen sich näher kennen. Was ein One-Night-Stand zu werden schien, entwickelt sich zu einer Beziehung, und die Frage steht im Raum, was als Nächstes kommt. Doch über der Beziehung lasten die Erwartungen von Kumails Familie, für die die Beziehung – oder gar eine Ehe –
mit der weißen, nicht muslimischen Amerikanerin auf keinen Fall akzeptabel wäre. Und so hält Kumail Emily von seiner Familie fern und geht weiterhin zu den Treffen mit seinen Eltern – und unbekannten pakistanischen Frauen. Doch auf die Dauer kann er diese Art Doppelleben nicht nur mit sich alleine ausmachen. Als er Emily von den Schwierigkeiten berichtet, die seine Eltern mit einer Beziehung der beiden hätten, trennt sich Emily erst einmal von ihm.
Der Film beginnt wie eine typische romantische Komödie – und wäre als solche auch sicherlich innerhalb absehbarer Zeit wieder vergessen. Zu etwas Besonderem macht ihn aber eine Wende in der Handlung, die unversehens kommt. Es ist schwierig, darüber etwas zu erzählen, ohne dem Film seine Spannung zu nehmen. So viel nur: Kumail bekommt es mit einer extremen Krisensituation zu tun, trifft Emilys Eltern – ihre Mutter wunderbar gespielt von Holly Hunter – und muss einigen Mut finden, um seiner Familie seine Vorstellungen vom Leben zu vermitteln.„The Big Sick" war der Überraschungserfolg unter den amerikanischen Independent-Filmen dieses Jahres. Der Film, der seine Premiere bereits beim legendären Sundance Film Festival im Januar hatte und in den USA Mitte des Jahres regulär in die Kinos kam, spielte bei einem Produktionsbudget von rund fünf Millionen Dollar bislang weltweit mehr als 50 Millionen Dollar ein.