Die Konkurrenz macht den Wasserballern aus Spandau in diesem Jahr mächtig zu schaffen. Der Serienmeister aus Berlin konnte zu Beginn der Saison erst einmal überzeugen.
Die Zeiten für Spandau 04 werden stressiger. Der siegreiche Ritt der Berliner Wasserballer gegen die nationale Konkurrenz glich vor einigen Jahren noch einem Triumphzug ohne Mühen. Das hat sich geändert. Die aktuelle Saison ist noch jung, doch Spandau 04 sieht bereits dem dritten Endspiel innerhalb von drei Wochen entgegen.
„Wir stehen bereits mit dem Rücken zur Wand", teilte Vorzeige-Spandauer und Kapitän Marko Stamm zu Beginn der letzten Woche der „Berliner Morgenpost" mit. Gemeint war Endspiel Nummer zwei. Das Endspiel um Europa, um das Final 8 der besten acht europäischen Mannschaften in der Wasserball-Champions-League. Ein Ziel, das die Spandauer in den letzten Jahren trotz nationaler Dominanz zu oft nicht erreicht haben. In diesem Jahr wäre es besonders peinlich, da die Spandauer nicht mehr allein auf internationaler Flur spielen. Lieblingskonkurrent und Vizemeister Waspo aus Hannover spielt mit einer Wildcard ebenfalls in der Champions League. Bislang erfolgreich. Im Gegensatz zu den Berlinern, die ihr erstes Auswärtsspiel bei Jadran Herceg Novi in Montenegro deutlich mit 5:11 verloren. Es war zwar nur das erste Spiel, doch eine weitere Niederlage dürfte das vorzeitige internationale Aus bedeuten. Waspo hat hingegen zu Hause gegen Brescia gewonnen und sonnt sich nun auf einem Spitzenplatz der CL-Gruppe A.
Soviel vorweg: Endspiel zwei wurde von den Berlinern gemeistert. Gegner war der spanische Vizemeister von CN Sabadell, am Ende hieß es 11:8 für das Heimteam. Bester Werfer für die Spandauer war Mateo Cut mit drei Treffern. Mit ebenfalls drei Zählern liegen die Berliner Wasserballer jetzt auf Rang fünf und wahren vorerst ihre Chancen für die internationale Finalrunde. Es war das erste wirklich gute Spiel der Spandauer in dieser Saison.
„Stehen mit dem Rücken zur Wand"
Nur was war los mit den bislang ultra-erfolgreichen Spandauer Wasserballern? Ist es der Verlust von Mehdi Marzouki und Tobias Preuß, der just zu Waspo nach Hannover wechselte? Ihre Abgänge hat Spandau trotz einiger vielversprechender Zugänge bisher nicht verkraftet. Außerdem sind Mateo Cuk nach seiner Schulteroperation und Maurice Jüngling, der sich am Knie verletzte, längst nicht wieder bei hundert Prozent ihres Leistungsvermögens. Auffällig sind die Abstimmungsprobleme im Defensivverhalten. Die jungen Zugänge müssen sich an Spiele gegen Top-Gegner wohl erst gewöhnen. „Unsere Verpflichtungen sind auf die Zukunft gerichtet", sagt Spandaus Kapitän Stamm vieldeutig ebenfalls gegenüber der „Morgenpost".
Getroffen hat die Spandauer der Wechsel von Tobias Preuß. Präsident Hagen Stamm und Teammanager Peter Röhle rätseln heute noch, warum sie den 56-fachen Nationalspieler nicht halten konnten. „Die Beweggründe für seinen Wechsel kennen bis heute weder ich noch unser Präsident", gestand Röhle dem „Berliner Tagesspiegel". Preuß selbst reklamiert für sich die Suche nach einem „neuen Ansporn". Doch ganz so naiv sollten Röhle und Stamm sich dauerhaft nicht geben. Denn die Chance für einen jungen deutschen Wasserballer in der verdienstarmen Bundesliga ein paar Euro mehr einzunehmen, ist nicht ohne weiteres vom Tisch zu wischen. Und momentan ist es die Waspo aus Hannover, die deutlich mehr in ihre Spieler investiert. In der Vergangenheit waren das zumeist ausländische „Zukäufe". Mit der Verpflichtung von Preuß hat sich das geändert. Bislang hagelte es Kritik aus Spandau Richtung Hannover. Die Waspo würde mit ihren ausländischen Starspielern die Leistungsfähigkeit der deutschen Nationalmannschaft unterminieren. Diese Kritik greift zum ersten Mal kürzer. Vielleicht hat Preuß den bislang stabilen Damm zwischen Berlin und Hannover angebohrt. Weitere deutsche Nationalspieler könnten dem Ruf von Trainer und Hauptsponsor Karsten Seehafer in die niedersächsische Landeshauptstadt folgen. Bislang galt das als undenkbar. Preuß hat es denkbar gemacht und den Wasserfreunden ein Signal gesendet: Ihr müsst euch in Zukunft ein bisschen weiter zur Decke strecken – auch finanziell.
Doch damit tun sich Sportvereine in Berlin traditionell schwer. Erstligasport der nationalen Spitzenklasse gibt es hier an jeder Ecke, über einhundert Vereine, die in der höchsten Spielklasse ihrer Sportart spielen, gibt es in der Bundeshauptstadt. Alle buhlen um die immer noch knappen Sponsoren in Berlin. Auch die Wasserfreunde aus Spandau. Ein Glücksfall wie der Unternehmer Karsten Seehafer ist für die Westberliner dabei nicht in Sicht. Denn Seehafer steckt nicht nur Geld in die Waspo, er ist selbst vom Fach. Seehafer wurde 1993 Deutscher Meister mit Waspo 98 Hannover – als Spieler. Das einzige Jahr in den Neunzigern, in dem die Wasserfreunde aus Spandau den Titel nicht gewannen. Karsten Seehafer hat also Erfahrung, wenn es darum geht, die Berliner zu ärgern. Nur dieses Mal soll es nicht bei einer einzigen Meisterschaft im Jahrzehnt bleiben. Seehafer und sein Präsident Bernd Seidensticker haben Großes vor und lassen es die Welt seit Jahren auch wissen. Schon in dieser Saison könnten sie ernst machen.
Der Kampf ist eröffnet
Deutlich wurde das bereits in Endspiel Nummer eins Ende Oktober in Schöneberg. Da entrissen die Hannoveraner den Berlinern den Super-Cup auf eigenem Terrain – eine starke Kampfansage Richtung Meisterschaft. Den Hannoveranern gibt das weiteren Auftrieb. Das Signal an Spandau 04 ist auch klar: Der Kampf um den Status des Dauermeisters ist eröffnet. Diesen Kampf müssen die Berliner realisieren und annehmen. Es wird ein Langstreckenlauf und kein Sprint, denn Waspo wird die Puste so schnell nicht ausgehen.
Bleibt Endspiel Nummer drei. Diesmal in der Bundesliga gegen den ASC Duisburg. Geht das Spiel verloren oder endet unentschieden, wäre die Tabellenführung für die nächsten Wochen erst einmal verloren – ein kleines Endspiel. Für die Moral und im Hinblick auf den verlustpunktfreien Konkurrenten aus Hannover wäre das nicht zu unterschätzen. Doch Duisburg ist nicht Hannover und spielt schon gar nicht auf Champions-League-Niveau. Als Top-Motivationsmittel für Spandau-Trainer Peter Kovacevic dürfte es trotzdem funktionieren: Auch Duisburg steht bislang ohne Punktverlust an der Tabellenspitze der Bundesliga und würde sich diebisch freuen, das kleine Endspiel für sich zu entscheiden.