Viele Menschen haben den Namen noch nie gehört: Altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD. Doch diese Netzhauterkrankung betrifft mehr, als man denkt. Und sie gehört zu den wenigen Augenkrankheiten, gegen die kein Kraut gewachsen ist. Bisher.
Die Geschichte der Augenheilkunde ist eine Erfolgsgeschichte. Der medizinische Fortschritt wird hier förmlich greifbar. Eine trübe Linse? In Minutenschnelle ausgetauscht. Hornhauterkrankung minimal-invasiv behandelt. Sehfehler weggelasert. Doch ausgerechnet gegen die AMD scheint kein Kraut gewachsen. Dabei geht die Hälfte aller schweren Sehbehinderungen in Deutschland auf die AMD zurück. 4,5 Millionen Deutsche sind aktuell von AMD betroffen, befinden sich zumindest im Anfangsstadium. Mit steigendem Alter werden es immer mehr. Bei den über 80-Jährigen sind es schon 40 Prozent. Und ausgerechnet die häufigste Form, die sogenannte trockene AMD, gilt bisher als unheilbar, lässt sich noch nicht einmal abmildern oder verlangsamen. Hier die wichtigsten Fakten zur AMD.
Die Makula
Im hinteren Bereich unseres Augapfels liegt auf der Innenseite die Netzhaut. Die Sehzellen der Netzhaut wandeln Licht in elektrische Nervenimpulse um. Die gelangen durch den Sehnerv ins Gehirn, und dort entsteht unser Seheindruck. Ungefähr in der Mitte der Netzhaut gibt es einen Bereich, wo die Sehzellen besonders dicht angeordnet sind: die Makula. Hier liegt auch die Mitte unseres Gesichtsfelds, der Bereich des schärfsten Sehens. Bei der Augenuntersuchung erkennt man die Makula an ihrer gelben Färbung. Dieser Farbe verdankt sie auch ihren Namen. Er kommt vom lateinischen Macula Lutea, gelber Fleck. Die gelben Farbstoffe schützen die empfindlichste Stelle der Netzhaut vor schädlicher Lichtbelastung.
Was bedeutet AMD?
Bei einem Patienten mit Makuladegeneration verfällt die Stelle der Netzhaut, die fürs scharfe Sehen zuständig ist. Es gibt mehrere Arten der Erkrankung. Die weitaus häufigste ist die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD.
Wen trifft es?
Grundsätzlich gilt: Je älter Sie sind, desto höher ist Ihr Erkrankungsrisiko. Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, ob und wann Sie eine AMD bekommen oder wie stark ausgeprägt sie sein wird. Statistisch gesehen gibt es in der Altersgruppe zwischen 40 und 50 Jahren fünf Prozent AMD-Betroffene. Dieser Anteil steigt kontinuierlich an. In der Altersgruppe zwischen 80 und 90 Jahren liegt er schon bei 40 Prozent. Das bedeutet: Mit steigender Lebenserwartung unserer Gesellschaft gibt es auch immer mehr AMD-Patienten.
Was sind die Krankheitsursachen?
Bei der AMD liegt eine Stoffwechselstörung zugrunde. Diese kann wiederum mehrere Ursachen haben. Neben dem Alter spielen verschiedene Risikofaktoren eine Rolle. Am schädlichsten ist das Rauchen. Raucher erkranken wesentlich häufiger und früher als Nichtraucher an AMD. Auch andere ungesunde Angewohnheiten wie falsche Ernährung begünstigen die Erkrankung. Weitere Risikofaktoren: erhöhte Blutfettwerte, Bluthochdruck, Diabetes und Arteriosklerose. Auch Vererbung sowie die Belastung der Netzhaut durch den energiereichen UV-Anteil des Lichts spielen eine Rolle.
Wie wirkt sich eine AMD aus?
Die Erkrankung bemerkt man zuerst an flauen Kontrasten, blassen Farben und einer erhöhten Blendempfindlichkeit. Bei einer AMD fällt insbesondere das Lesen immer schwerer. Es kann ein verschwommener oder verzerrter Seheindruck entstehen, und zwar genau da, wo man hinschaut. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zum völligen Ausfall des zentralen Gesichtsfeldes kommen. Immerhin: Die Orientierungsfähigkeit bleibt weitgehend erhalten. Doch die Folgen der Erkrankungen bleiben oft nicht auf reine Sehprobleme beschränkt. Durch das verschlechterte Sehen besteht erhöhte Sturzgefahr. Schwere Sehminderungen im höheren Alter haben auch oftmals negative psychosoziale Auswirkungen. Eine AMD kann zu einer starken Einschränkung der Selbständigkeit und zu Depressionen führen. AMD-Patienten brauchen daher häufig psychologischen Beistand und soziale Betreuung, was oft übersehen wird.
Was passiert mit der Netzhaut?
Die Netzhaut besteht aus mehreren Schichten. Die Sehzellen stecken im retinalen Pigmentepithel (RPE), einer farbstoffhaltigen Zellschicht, die die Sehzellen nährt und ständig regeneriert. Darunter liegt die Aderhaut mit den Blutgefäßen. Pigmentepithel und Aderhaut sind für die Sehzellen unverzichtbar. Sauerstoff und Nährstoffe müssen ständig zugeführt, Abbauprodukte abtransportiert werden.
Bei der AMD klappt diese Versorgung nicht mehr richtig. Die Sehzellen erkranken also nicht direkt, sondern sie werden indirekt geschädigt durch krankhafte Veränderungen der benachbarten Gewebestrukturen. Das RPE spielt hier eine Schlüsselrolle. Es erfüllt zahlreiche Funktionen in Zusammenarbeit mit den Sehzellen. Können die RPE-Zellen auch nur eine ihrer komplexen Aufgaben nicht mehr erfüllen, leiden die Sehzellen darunter (siehe auch Seite 14). Oft bilden sich Ablagerungen, sogenannte Drusen. Sie können ebenso wie Flüssigkeitsansammlungen zusätzlich zu einer Wölbung der Netzhaut führen und damit zu verzerrtem Sehen.
Dass die Stoffwechselkrankheit AMD ausgerechnet den Netzhautbereich mit der höchsten Sehschärfe trifft, ist kein Zufall: Hier in der Makula wird besonders viel energiereiches Licht in Nervenimpulse umgewandelt, hier ist die Stoffwechselaktivität der Netzhaut am höchsten. Deshalb ist diese Stelle gegenüber Stoffwechselstörungen besonders empfindlich.
Welche Formen der AMD gibt es?
Eine AMD verläuft bei jedem Patienten anders. Ausprägung, Krankheitsfortschritt und die Betroffenheit beider Augen sind von Patient zu Patient unterschiedlich. Grundsätzlich unterscheidet man zwei verschiedene AMD-Formen, die feuchte und die trockene.
Feuchte AMD
Wird die Makula geschädigt, sendet sie zuweilen chemische Botenstoffe aus, eine Art Hilferuf. Dann bildet der Körper dort zusätzliche Blutgefäße, um die schädlichen Stoffwechsel-Abfallprodukte besser abtransportieren zu können. Doch ausgerechnet im Bereich der Makula schadet diese Notfallmaßnahme mehr als sie nützt: Durch die Wände der neuen, unreifen Blutgefäße tritt Gewebsflüssigkeit aus (daher feuchte AMD). Sie lässt die Netzhaut anschwellen. Das führt zu großflächigen Vernarbungen mit weiterer Zerstörung der Makula. Eine feuchte AMD bewirkt meist eine schnelle und drastische Sehkraftminderung. Deshalb ist es sehr wichtig, dass die feuchte AMD so früh wie möglich erkannt und behandelt wird. Diese Form betrifft nur eine Minderheit der AMD-Patienten.
Trockene AMD
Die sogenannte trockene AMD ist die weitaus häufigste Form dieser Erkrankung. Sie betrifft über 80 Prozent aller AMD-Patienten. Trocken bedeutet, dass der Augenarzt kein Ausschwitzen von Gewebsflüssigkeit in die umgebende Netzhaut feststellen kann. Die trockene AMD verläuft meist langsam und schleichend. Ein Verlust der Sehkraft wird oft erst nach Jahren bemerkt. Leider kennt die Augenheilkunde noch keine Behandlungsmöglichkeit. Die trockene AMD erfordert in jedem Fall eine regelmäßige augenärztliche Kontrolle, denn manchmal kann im weiteren Verlauf eine feuchte AMD entstehen. Diese muss sofort behandelt werden.