Zoophile haben Sex mit Tieren. Dabei betonen sie, dass ihnen das Tierwohl am Herzen liegt und dass die Tiere mehr sind als bloße Sexobjekte, nämlich gleichberechtigte Partner. Dennoch bleibt diese Spielart für die meisten Menschen ein absolutes Tabu. Der Zeta-Verein in Berlin mit dem Vorsitzenden Matthias Gerstenkorn bemüht sich um eine Versachlichung der Debatte.
Herr Gerstenkorn, Sie sind zoophil, haben also Sex mit Tieren. Wann haben Sie gemerkt, dass Sie sich zu Tieren hingezogen fühlen?
Das war eigentlich schon mein ganzes Leben so, dass ich mich zu Tieren hingezogen gefühlt habe. Allerdings konnte ich diese Gefühle anfangs noch nicht richtig deuten. So richtig herauskristallisiert hat es sich dann, als ich 16 Jahre alt war. Ich hatte damals Reitstunden und so nach und nach hat die Stute offenbar gemerkt, dass ich sie sexuell attraktiv finde, und in einer Art und Weise darauf reagiert, wie ich sie nicht erwartet hätte. Das war mein erstes Mal mit einem Tier.
Sex mit Tieren ist für die meisten Menschen ein Tabu. Haben Sie sich danach schmutzig gefühlt?
Nein. Vielmehr war es ein Gefühl der Befreiung, weil ich endlich entdeckt hatte, was schon so lange in mir geschlummert hatte.
Wie muss man sich den Sex mit Tieren vorstellen: Wer penetriert dabei wen?
Beide Varianten sind denkbar: Der Mensch penetriert das Tier oder er lässt sich von ihm penetrieren. Ich selbst habe mich auch schon von einem Rüden decken lassen. Man muss allerdings aufpassen auf die Größe des jeweiligen Geschlechtsteils. Ich würde niemals meine Hündin penetrieren, weil sie dafür einfach viel zu klein ist. Doch es gibt wie beim Sex unter Menschen auch andere Spielweisen wie Masturbation oder Oralverkehr. Meine Hündin besitzt zum Beispiel auch diverse Sexspielzeuge.
Hunde, Pferde – kann man grundsätzlich mit allen Tieren Sex haben?
Mit den meisten. Hunde und Pferde sind unter Zoophilen sicher am stärksten vertreten, aber ich kenne auch Menschen, die stehen auf Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen oder Katzen. Ich weiß sogar von einigen, dass sie auf Großkatzen stehen – auf Tiger oder Löwen!
Ernsthaft?
Ja. Das wäre mir persönlich aber zu gefährlich. Da muss man das Verhalten dieser Raubtiere schon ganz genau kennen.
Haben Sie keine Angst vor Krankheiten, die beim Sex mit Tieren womöglich übertragen werden?
Eigentlich nicht. Die meisten sexuell übertragbaren Erkrankungen treten in der Mensch-Tier-Kombination nicht auf. Es sind eher schon Verletzungen durch die Krallen oder die Zähne der Tiere, die häufiger mal auftreten.
Weil sich die Tiere gegen den Geschlechtsverkehr wehren?
Nein. Der Rüde klammert sich an die Hüfte und hält sich mit der Daumenkralle fest. Das führt schon mal zu Kratzern am Bein, die ein paar Tage halten. Andere männliche Tiere neigen beim Akt zum Nackenbiss, der natürlich auch einen Menschen erwischen kann. Tiere können zwar nicht Nein sagen, aber sie haben andere Möglichkeiten, um deutlich zu machen, dass sie im Moment kein Interesse an Sex haben. Hunde drehen sich weg oder legen sich hin und zeigen damit deutlich, dass der Genitalbereich gerade nicht zugänglich ist. Wenn man das dann nicht akzeptiert, dann fangen sie auch mal an zu knurren. Pferde können auch austreten, was richtig gefährlich werden kann. Ich akzeptiere solche Reaktionen. Die Tiere haben selbstverständlich das gleiche Recht wie ein Mensch, keine Lust auf Sex zu haben. Für Zoophile gibt es Sex nur, wenn beide Seiten damit einverstanden sind.
Aber warum kursieren dann in den Medien immer wieder Fälle, in denen die Tiere zum Beischlaf gezwungen wurden?
Die gibt es, ohne Frage. Es gibt unter den Zoophilen drei verschiedene Gruppen. Diejenigen, die wie ich den Begriff Zoophilie sehr eng fassen und eine enge emotionale Bindung zum Tier voraussetzen, um Sexualität zwischen Mensch und Tier zu legitimieren. Diese Menschen versuchen, Tiere als möglichst gleichberechtigten Lebensgefährten zu behandeln und reduzieren sie also nicht auf bloße Sexobjekte. Dann gibt es die Beastys, die sich nicht in Tiere verlieben und sie nicht als gleichberechtigte Partner ansehen, sondern nur am Sex interessiert sind. Allerdings gibt es unter den Zoophilen auch welche, die eine solche Unterscheidung zwischen „guten“ und „schlechten“ Zoosexuellen grundsätzlich ablehnen, da sie sie für zu wertend halten. Sie argumentieren, dass man ja auch nicht zwischen „guten Homosexuellen“ – also jenen, die eine homosexuelle Beziehung haben – und „schlechten Homosexuellen“, die ihre Wochenenden in Darkrooms verbringen, unterscheidet, sondern all diese Menschen als gleichwertige Homosexuelle betrachtet.
Was ist die dritte Gruppe?
Das sind die Zoosadisten – sexuell motivierte Tierquälerei. Diesen Menschen geht es einzig und allein um die Befriedigung ihres sexuellen Triebs, egal, ob das Tier dabei sogar stirbt. So etwas verurteilen wir vom Zeta-Verein – die Abkürzung steht für Zoophiles Engagement für Toleranz und Aufklärung – aufs Schärfste! In unseren Reihen dulden wir keine derartigen Taten, wie wir bereits mehrfach aktiv unter Beweis gestellt haben. Werden uns Hinweise zu aktuellen Fällen bekannt, betreiben wir intensive Recherche und starten auf unserem Blog einen Aufruf, um Hilfe bei der Aufklärung zu erhalten. Können wir gerichtsfeste Informationen zusammentragen, so leiten wir diese unverzüglich an die Polizei weiter und erstatten Anzeige.
Auch aus Selbstschutz, um nicht mit Menschen, die solche Praktiken ausüben, in einen Topf geworfen zu werden?
In erster Linie geht es uns um das Wohl der Tiere. Aber klar: Negative Presse fällt am Ende auf alle Zoophilen zurück. Die breite Öffentlichkeit unterscheidet da nicht so wie wir in verschiedene Kategorien.
Wie viele Zoophilisten gibt es in Deutschland?
Das kann selbst ich beim besten Willen nicht sagen. Die meisten Zoophilen zeigen sich nicht öffentlich, weil sie Angst haben, von der Gesellschaft geächtet zu werden. Und die, die sich in irgendwelchen Foren versammeln, versuchen den Kreis aus genau diesem Grund möglichst klein zu halten. Die Anti-Zoophilie-Vereine sind sehr aktiv und lautstark, was es für uns nicht einfach macht. Sie werfen uns vor, dass wir die Tiere angeblich zu artwidrigem Verhalten zwingen. Das ist einfach lächerlich!
Aber ist speziesübergreifender Geschlechtsverkehr nicht genau das?
Speziesübergreifender Geschlechtsverkehr ist nichts Ungewöhnliches. Sowohl bei domestizierten als auch bei wild lebenden Tieren ist Sex zwischen verschiedenen Spezies zu beobachten und hinreichend dokumentiert. Delfine zum Beispiel paaren sich mit allen möglichen Tieren – sie vögeln sich regelrecht durch den Ozean. Ihnen ist relativ egal, mit wem sie Sex haben, solange es Spaß macht. Bei der Zoophilie geht es um Sex mit erwachsenen Tieren. Diese verfügen sehr wohl über eine entwickelte Sexualität, die sie auch ausleben können und wollen. Adulte Tiere sind keine asexuellen Plüschpuppen. Oft geht die Initiative sogar vom Tier aus.
Würden Sie sagen, Sie führen eine Liebesbeziehung zu Ihrem Tier?
Ja, ich führe eine Beziehung mit meiner Hündin. Wir sind ein gut aufeinander eingespieltes Team. Meiner Meinung nach ist Zoophilie keine Paraphilie, also eine von der empirischen Norm abweichende sexuelle Fantasie, sondern eher eine sexuelle Orientierung – so wie Heterosexualität oder Homosexualität.
Juristisch gesehen war Zoophilie in Deutschland bis 1969 als „widernatürliches Verhalten“ strafbar. Seit 2013 ist es laut Tierschutzgesetz eine Ordnungswidrigkeit, „ein Tier für eigene sexuelle Handlungen zu nutzen oder für sexuelle Handlungen Dritter abzurichten oder zur Verfügung zu stellen und dadurch zu artwidrigem Verhalten zu zwingen“. Es drohen bis zu 25.000 Euro Ordnungsgeld.
Ja, doch zwei Jahre später hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, das im Tierschutzgesetz verankerte Verbot greife nur dann, wenn das Tier zu einem artwidrigen Verhalten gezwungen wird. Geschlechtsverkehr mit Tieren ist demnach nicht grundsätzlich verboten. Der Zeta-Verein hält das Gesetz von 2013 ohnehin für ein Sittengesetz, dessen einzige Motivation es ist, als „unanständig“ angesehene Handlungen zu unterbinden. Es ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, dass auf der anderen Seite solch bestialische Verhaltensweisen wie die Schweinekastration ohne Betäubung oder der Schenkelbrand bei Pferden in Deutschland immer noch nicht verboten sind, von anderen Missständen in der industriellen Tierhaltung ganz zu schweigen. Warum werden solche Dinge von der Gesellschaft größtenteils toleriert, aber eine Liebesbeziehung zu Tieren verurteilt?
Viele Menschen werden vermutlich gar nicht so weit denken. Für sie ist Zoophilie derart eklig, dass sie sich gar nicht näher mit solchen Fragen beschäftigen wollen.
Das ist richtig, und genau deshalb gibt es den Zeta-Verein. Unser Ziel ist es, umfassend über Zoophilie aufzuklären, damit eine echte und wissenschaftlich fundierte Debatte entstehen kann. Nicht alle Zoophilen finden das gut: Einige sind der Meinung, wir würden mit unserer Arbeit mehr Schaden anrichten als Nutzen bringen. Ich halte das für falsch. Wenn man stets nur im Geheimen operiert, wird es schwer, sich von den Zoosadisten abzugrenzen, mit denen wir doch eigentlich nichts zu tun haben wollen. Dann würde man uns kollektiv zu Verbrechern abstempeln.