Punk ist keine ausgefallene Modeerscheinung, Punk ist ein Statement. Schon in den 70ern kam die Punk-Bewegung in Schwung, stellten sich junge Menschen bewusst gegen gesellschaftliche Normen und schafften sich durch ihre Optik die Abgrenzung, die sie sich wünschten. Der Punk in der Mode geht heute gesittetere Wege.
Punk is back, Punk is not dead“, könnte wohl am treffendsten die modische Aussage hinter der aktuellen Wintermode heißen. Was einst in der Mitte der 70er-Jahre als eine Form von Protest der Jugend begann, hatte sich bereits in den 80er-Jahren als feste Ausdrucksform etabliert, und das nicht nur auf den Straßen, auch in der Kunst- und Modeszene. Punk ist inzwischen nicht nur Ausdrucksform, eine Rebellion gegen das „System“. Punk ist ein Trend, dem auch echte Fashion-Victims gerne folgen.
Ganz bewusst aussehen, wie „von der Straße“
Vor allem dann, wenn es so schicke Teile auf den Laufstegen zu bestaunen gibt. Was ehemals als Selfmade-Mode begann, darf nämlich längst in die Hand namhafter Schneider und wird dadurch zur Haute Couture der besonderen Art. Wie das aussehen kann zeigt Gucci. Das Label verwandelt einen karierte Tartan-Mantel durch ausgefallene Aufnäher auf dem Rücken kurzerhand in ein echtes Punk-Stück. Dazu passen die Plateau-Sandaletten von Miu Miu im gleichen Tartan-Stil natürlich perfekt. Und wie Punk Karomuster sein können, zeigen auch andere Labels wie zum Beispiel Luisa Cerano (Karo-Baumwollhosen) oder Coccinella (Karo-Handtasche aus Velourleder). Dabei ist allerdings nicht das Muster als solches entscheidend, es kommt auf die Trageweise an. Die darf keinesfalls brav und gewöhnlich sein, hier ist Individualität gefragt. Bodenlange aufgeknöpfte Karo-Röcke, brave Hose zu Netzhemd und XXL-Nietenketten, Oversize-Karomantel und Löcher-Jeans. Das sind klassische Punk-Kombinationen. Es muss eben nicht alles vom Laufsteg kommen und harmonisch zueinander passen, es geht vielmehr darum, bewusst Stilbrüche zu inszenieren und dabei irgendwie auszusehen, wie „von der Straße“. Ein Ort, der übrigens damals wie heute als Wiege der Punk-Bewegung gilt und viel Inspiration bietet für die modernen Modepunks, denn die Straßen-Szene hat einiges zu bieten, was auch in den 70er-Jahren schon ganz typisch war und bis heute noch überall zu sehen ist: Zerrissene, zerschlissene und bemalte Kleidung gehört da ebenso dazu, wie Lederjacken, bunte Haarkämme auf dem Kopf sowie Springerstiefel. Die waren jahrelang verpönt, wurden sie doch der Neonazi-Szene zugeordnet. Doch inzwischen gibt es schicke Stiefel und Boots (über Dr. Martens), die durchaus tragbar und schick sind.
An Farben ist alles erlaubt, von schlichtem Schwarz bis hin zu Armeegrün und Pink. Das derbe Leder bildet dabei einen guten Kontrast zu Netzstrümpfen und Hemden, die auch nicht unbedingt in tadellosem Zustand sein müssen.
Im Streetstyle ist der Look nicht unbedingt eine Frage des Geldes, was oft nicht vorhanden ist unter den echten Punks, weshalb alte Teile eben individuell von Hand „verschönert“ werden. Der Punk-Look stellt sich ganz bewusst gegen den Konsum. Ein edles Teil von Armani würde den echten Punks da nicht in die Tüte gekommen. Schade eigentlich, denn damit entgeht ihnen eine wunderschöne karierte Schultertasche aus echtem Kalbsleder in Schwarz und Weiß. Auch wenn die keine der begehrten Nieten oder Aufnäher besitzt, ist sie trotzdem ein begehrtes Stück bei heutigen Fashionistas. Nieten finden sich aber natürlich auch in den aktuellen Kollektionen. Wie wäre es zum Beispiel mit einem aufwendigen Nietenkleid aus dem Hause Burberry, wie es vor Kurzem bei It-Girl Cara Delevingne zu sehen war? Die Nieten waren zum Glück so abgerundet, dass keine Gefahr bestand, sich daran ernsthaft zu verletzen. Die Kosten für so ein Designerstück sind natürlich nicht ohne und durchkreuzen damit den Grundgedanken der Punk-Bewegung. Deshalb ist hier Selbermachen eine sehr praktische und günstige Alternative. Nieten, Aufnäher und Kleiderfarben gibt es auch im Handel, zum Beispiel über Simplicol. Damit lassen sich eher langweilige Kleidungsstücke super „aufpimpen“. Wer seine Jeans oder sein Shirt aber nicht unbedingt dauerhaft verändern möchte, der kann sich auch mit einfachen Accessoires behelfen. Nietengürtel zum Beispiel gibt es inzwischen in fast jedem großen Klamottenladen oder auch online zu bestellen. Damit sieht die brave Jeans dann schon gleich etwas wilder aus. Auch XXL-Oberteile lassen sich durch einen Gürtel über der Taille raffen. Darunter eine Leggings und Lederstiefel kombiniert, schon stimmt der Punk-Look. Wichtig beim Styling ist im Grunde nur, dass alles etwas verlottert und planlos wirkt. Zu sehr aufeinander abgestimmte Kleidungsstücke, die aussehen wie neu gekauft, spiegeln nicht den gewünschten Look wieder. Hier darf man(n) sich was trauen.
Wilder Look mit extra vielen Accessoires
Und ja, auch Männer dürfen dieser Tage gerne Punks sein, und wenn auch nur für einen Tag! Da wird niemand schief angeschaut. Ebenso die männlichen Nachwuchspunks gilt: Viele Nieten, Leder, Netzstoff und zerrissene Jeans machen den Look perfekt. Asos und Cipo & Baxx haben die Jeans auch schon fertig im Sortiment zu durchaus fairen Preisen. Darüber ein zerrissenes Batik-Shirt oder eines mit Totenköpfen, Lederjacke darüber und schon ist Mann richtig lässig gestylt. Wer es ganz verrückt mag, der formt sich seine Haare zum Kamm auf dem Kopf und hilft mit etwas Farbspray nach. Das gibt es für wenige Euro in der Drogerie. Der Vorteil ist, das Spray lässt sich einfach wieder auswaschen, so muss niemand dauerhaft Punk bleiben.
Noch wilder wirkt der Look mit besonders vielen Accessoires. Neben Gürteln und sonstigen Teilen mit Nieten, sind hier Zylinder oder andere außergewöhnliche Kopfbedeckungen, Stulpenhandschuhe, Bauchtaschen und Sonnenbrillen eine passende Wahl. Wem das irgendwann zu viel wird, der kann selbstverständlich auch nur einzelne Stücke des Outfits tragen und hat so lange etwas von seinen Neuanschaffungen. Dadurch entsteht ein kreativer aber tragbarer Look, der sich selbst nicht so ernst nimmt.