Unnötiger teurer Schnickschnack, so eine Regierung mit lauter Ministern! Wofür braucht es irgendwelche Chefs, wenn die sowieso nur wie Stopfgänse mit Wissen von ihren Fachleuten gefüttert werden? Findet Nachbar Kalle – nach 42 Jahren als Schornsteinfeger hat er den vollen Überblick.
Regierung? Nö, brauchen wa nicht, läuft doch!“ Sagt zumindest Nachbar Kalle, gefragt, ob er nicht auch dringend eine neue Regierung haben will. Kalle überlegt kurz und schiebt nach: „Find ick sogar besser so, wie es ist. Die kosten doch alle bloß ne Menge Kohle!“ Wobei, die ganz normalen Abgeordneten im Bundestag haben sich ja auch so erst mal selbst die Diäten erhöht, schimpft Kalle, ganz ohne richtige Regierung. Sie sich selber, das müsste unsereins mal eben machen können! Und dann auch noch „Diäten“, poltert er. Mager werden die bestimmt nicht davon.
Nachfrage bei Kalle: Was, bitte, läuft denn? „Na, wann biste das letzte Mal um Brot angestanden oder um Gemüse?“ sagt der. „Siehste, alles da im Supermarkt. Busse fahren auch. Post kommt, Arzt hat offen, die Kurzen geh’n in die Schule… Was willste mehr?“ So betrachtet: Doch, läuft tatsächlich. So das ganz normale Leben, da spürt man nichts von Regierung oder nicht Regierung. „Und überhaupt, was machen die denn den lieben langen Tag? Also, wenn ick mir angucke, dass da jemand erst Chefin für Familien ist. Und schupps, dann auf einmal für Verteidigung. Oder der andere, erst Wirtschaftsminister und dann eins-zwei-fix Außenminister – glaubt doch kein Mensch, dass die das alles können!“ Wer also macht die Arbeit, messerscharf geschlussfolgert? Na, die schlauen Köpfe eine Etage drunter. „Wahrscheinlich ist das wie bei ner Stopfgans“, vermutet der Nachbar. „Egal, wer auf dem Chefsessel sitzt: Die kriegen die Häppchen schön reingefüttert von ihren ganzen Fachleuten.“
Für was soll also einer noch oben dran stehen, wenn die drunter eh schlauer sind? Ja, gut, man kann nicht mehr einfach Minister X oder Ministerin Y anrufen. „Aber die erwischt man doch eh nie als kleiner Pöpps, wenn man mal ne Frage oder Idee hätte! Und immer dieselben Gesichter im Fernsehen – och nee, so schön sind die auch wieder nicht.“ Überhaupt wäre es doch viel besser, wenn man sich gleich an den jeweils zuständigen Fachmenschen wenden könnte. Eine lange Liste mit Telefonnummern, dann verteilt sich das auch viel eleganter. Wenn der Macron von den Franzosen dann was zu Europa wissen möchte, hat er gleich ’nen Europa-Menschen an der Strippe. Und auch ohne Chefs können sich die Fachleute ja wohl direkt absprechen, wenn’s um Kohle für irgendwas geht oder es mal ein neues Gesetz braucht.
Und wenn sich das ganze Personal von den verschiedenen Parteien in die Wolle kriegt, wer denn nun Recht hat? Kalle ist irritiert. „Na, aber das war doch bisher auch schon so“, sagt er. „Wer nun von welcher Partei war, haste oft genug eh nicht gemerkt. Von daher: Haare ausraufen kannste dir mit oder ohne Regierung. Dann doch mal ein Testlauf ohne, mal gucken, wie es klappt.“
Bleibt noch ein Problem: Wenn Staatsbesuch kommt, wer soll denn dann vom Flugzeug abholen und mit ihm den roten Teppich langlaufen? „Stimmt“, meint Kalle und kratzt sich am Kopf. Und kriegt kurz drauf einen ganz verträumten Blick: „Och, weißte… Wenn’s da einen braucht zum Händeschütteln: Das krieg ick hin. König Kalle, das wär´s doch!“